Roland Appel hat den Clubsound der Neunziger- und Nullerjahre geprägt, auch an der Seite von Rainer Trüby. Mit diesem spielt er auf dem ZMF in Freiburg. Was bedeutet für ihn guter Sound?
Roland, du bist Resident-DJ im Münchner Club Blitz. Was ist das Besondere an diesem Club?
Roland Appel: Der exorbitant gute Sound.
Was bedeutet für dich guter Sound?
Appel: Dass ich mich beim Auflegen selbst gut höre und der Monitor genau das wieder gibt, was im Raum passiert. Dass ich beim Auflegen Druck habe, ohne dass das irgendwas mit Lautstärke zu tun hat. Dass der Sound warm ist, und dass ich als Gast an jedem Ort auf der Tanzfläche ein gutes Klangbild habe. Die Macher des Blitz Clubs gewährleisten das durch eine Sechs-Punkt-Beschallung.
Worauf achtest du, wenn du als Resident-DJ eine Clubnacht eröffnest?
Appel: Ich versuche, das Ganze langsam zum Kochen zu bringen und mit meiner Musik Stimmungen zu setzen.
Hast du schon einmal einen Hauptact an die Wand gespielt?
Appel: Als Discjockey geht es darum, dass man mit den anderen Acts insgesamt einen guten Abend hinbekommt. Wenn man einen anderen Discjockey an die Wand spielt, ist das für den ganzen Abend nicht gut. Das ist kein Verdienst. Genauso wenig ist es ein Verdienst, wenn man die ganze Zeit nur Hits abfeuert.
Wie baust du deine Sets auf?
Appel: Mir geht es vor allem um die Geschichte, die ich an einem Abend mit meiner Musik erzählen möchte. Ich spiele ungern nur eine Stunde. In dieser kurzen Zeit gelingt das nämlich nicht. Ich fange oft ohne Beats an, ganz langsam, und fahre schrittweise hoch. Das ist auch der Anspruch, den wir Blitz-Residents haben. Wir wollen eine Gesamtstimmung erzeugen. So gelingt es uns auch, dass die Gäste bei einer etwas schwierigeren Nummer die Hände in die Luft nehmen.
Bist du ein Kopfmensch oder legst du nach Bauchgefühl auf?
Appel: Nach Bauchgefühl. Ich kann mir zehnmal vornehmen, eine bestimmte Platte zu spielen. Aber wenn ich sie beim Auflegen nicht fühle, spiele ich sie nicht. Ein DJ-Set geht bei mir immer seinen eigenen Weg.
Und wie ist es im Studio?
Appel: Eigentlich genau so. Mir geht es immer darum, dass ein Stück als Ganzes gut klingt. Ich überlege nicht, welche Elemente es noch zusätzlich braucht, dass die Platte abgeht.
Was war die wichtigste Entscheidung, die du als Künstler treffen musstest?
Appel: Als Künstler muss man sich immer überlegen, was man machen möchte und wozu man antritt. Da ich eine ganz bestimmte Art von Musik produzieren und auflegen möchte, ist es nicht klug, diesen Pfad zu verlassen.
Du bist an vielen Projekten beteiligt, Fauna Flash, Voom:Voom, Trüby Trio, um einmal die Bekanntesten zu nennen. Auch als Einzelkünstler hast du einen beständigen Output. Woher kommen die Ideen?
Appel: Eigentlich aus allem. Vor allem aber inspirieren mich die Reisen. Ich höre mir aber auch gerne andere Discjockeys und Produzenten an. Ich ziehe auch viele Ideen aus Ausstellungen, Naturerlebnissen oder Dokus, die ich schaue. Ich habe da kein Rezept, das ich immer befolge. Ich habe schon immer Musik gemacht. Das kommt bei mir aus einer Notwendigkeit heraus. Das ist mein innerer Antrieb. Mir würde es schwer fallen, keine Musik zu hören, zu produzieren und aufzulegen.
Wann ist denn ein Stück für dich fertig?
Appel: Meine Maxime lautet “Weniger ist mehr”. Ich probiere die Stücke auch in verschiedenen Stadien aus. Viele enthalten am Anfang zu viele Elemente. Mit der Zeit merke ich, dass ich sie weglassen kann.
Kill your darlings.
Appel: Das halte ich für eine sehr gute Gangart. Man hält oft an Dingen fest, die es gar nicht braucht. Manchmal sind das auch Elemente, die mich an das Stück heranführen. Sie sind wichtig, um das Stück schreiben zu können, aber es braucht sie nicht mehr für das eigentliche Stück.
Das Sprungbrett in die Stücke. Was würdest du deinem jüngeren Ich empfehlen?
Appel: Es soll sich genau überlegen, was es will. Und, dass am Ende des Tages der Inhalt zählt. Nur so kann man langlebig erfolgreich sein. Eine Zeitlang kann es funktionieren mit Instagram hier und einer coolen Nummer da. Die Leute sind ja nicht doof. Langfristig geht es um Inhalte. Das merkt man an Künstlern, die eine lang anhaltende Karriere haben.
Du bist ja nicht ausschließlich auf Clubmusik fixiert. Du schreibst auch Filmmusik. Wie gehst du diese Projekte an?
Appel: Das muss man ein bisschen üben. Ich lese zunächst das Drehbuch. Wenn sich bei mir die Passagen, bei denen ich Musik sehe, mit denen des Regisseurs decken, ist das ein gutes Zeichen. Bei Filmmusik geht es darum, Atmosphäre zu erzeugen, Handlungen zu unterstreichen. Dann kommt’s von selber.
Worauf achtest du dabei?
Appel: Ich finde es wichtig, dass man sich überlegt, wie der Film insgesamt klingen soll. Ich bin kein Fan davon, wenn in einem Film fünf, sechs verschiedene Stilmittel vorkommen. Das ist die Kunst an der Filmmusik. Die Musik ist nur ein Element, und das sollte mit dem Film zusammen passen.
Fauna Flash, Voom:Voom und das Trüby Trio. Drei Formationen, die den Clubsound der späten Neunziger und frühen Nuller mit ihren Veröffentlichungen geprägt haben. Downtempo, Downbeat, Future Jazz, Drum and Bass, mit lateinamerikanischen, vornehmlich brasilianischen Einflüssen. Ein Fusion-Sound. So heißt auch der Titel des 2001 auf Compost Records erschienenen Fauna Flash-Albums. An allen Formationen mitbeteiligt war der Münchner Produzent und Discjockey Roland Appel, heute Resident-DJ im Club Blitz.
[Dieser Beitrag erschien am 2. August 2018 auch auf badische-zeitung.de]