Podcast: Leo Gretener

Wenn Leo Gretener in einem Club auflegt, redert er nicht gerne mit Leuten. Umso ausführlicher erzählt er im Interview, worauf er beim Auflegen achtet. Und der Mix, den der Resident-DJ des Zürcher Clubs Zukunft aufgenommen hat, spricht sowieso für ihn.

Was bedeutet es für dich, Resident-DJ sein?

Gretener: Ich mag es, in einem leeren Club aufzulegen und irgendwann kommen Leute, die die Tanzfläche betreten, und man kann dann steuern, wohin die Reise geht. Als Resident-DJ geben mir die Clubbetreiber das Vertrauen und die Freiheit, dass ich uneingeschränkt meine Musik spielen kann. Natürlich eröffne ich oft für Gast-DJs die Nacht. Aber ich bin völlig frei, wie ich die ersten Stunden gestalten kann. Es gibt ja so viele Möglichkeiten, das zu tun, und jeder sieht das irgendwie anders.

Jetzt bist du ja Resident in der Zukunft in Zürich. Was ist das für ein Ort?

Gretener: Die Zukunft ist ein Club, in dem ich mich sehr wohl fühle. Seit ich ausgehe, gehe ich dort aus. Als Clubgänger interessiert mich die Musik, die dort gespielt wird. Als Discjockey fühle ich mich dort wie in meinem Wohnzimmer. Ich kann mich dort beim Auflegen ausleben.

Wie beeinflusst dieser Rückhalt deine DJ-Sets?

Gretener: Ich habe gelernt und lerne immer noch, divers aufzulegen. Also verschiedene Genre zu spielen. Ich kann mich musikalisch stetig weiter entwickeln.

Wie fühlt es sich für dich an, wenn du die erste Platte spielst?

Gretener: Ich spiele gerne Ambient am Anfang. Musik, die den Raum ohne Kicks und Hi-Hats füllt. Der Raum wird mit einem Klang erfüllt. Von diesem ersten Klang taste ich mich langsam weiter. Der leere Club ist für mich auch wie ein Experimentierfeld. Da ich selbst nicht produziere, teste ich keine Versionen von Stücken. Ich mache das sowieso nicht. Aber loslegen und sehen, wo man hin kommt, finde ich spannend.

Worauf achtest du besonders, wenn du eine Clubnacht eröffnest?

Gretener: Wenn ich mit Auflegen beginne, bin ich wie in einem Film. Ich stehe am DJ-Pult und mache mein Ding. Ich rede dann auch nicht gerne mit Leuten. Ich spiele die Musik, die ich im jeweiligen Augenblick für passend halte und die mich persönlich interessiert. Das ist reine Intuition. Ich habe Platten dabei und die spiele ich auch. Da gibt es aber keine Regeln, nach denen ich vorgehe.

Gibt es eigentlich einen Zeitpunkt, an dem man das Tempo steigern muss?

Gretener: Diesen einen Zeitpunkt gibt es nicht. Das ist ein fortlaufender Prozess. Wenn man zwei oder mehr Stunden auflegt, entwickelt sich das aus sich selbst heraus. Platte für Platte. Dann kommt man in spannende Situationen und muss reagieren. Das ist toll, denn ein Set im Club kann man nicht vorbereiten wie eine Tracklist.

Was machst du, wenn sich der Abend sehr zäh entwickelt?

Gretener: Solche Momente gibt es tatsächlich. Als Discjockey verdrängt man aber auch sehr gerne, wenn man die Verbindung zu den Leuten auf der Tanzfläche verliert.

Wie sieht das aus?

Gretener: Ich fange mit Auflegen an und schaffe es nicht, über meine Musikauswahl mit den Leuten zu kommunizieren. Ich komme dann an einen Punkt, an dem ich im Set nicht weiter komme, auf einem Tempo oder in einer Stimmung hängen bleibe. Um da raus zu kommen, macht man komische Wechsel, kommt selbst draus, und dann ist es schon zu spät. Das ist mir aber tatsächlich schon länger nicht passiert.

Wie rettest du sich aus so einer Situation?

Gretener: Da helfen eigentlich nur Erfahrung und ein Break.

Wie packst du eigentlich deine Plattentasche?

Gretener: Ich lege gerne ausschließlich mit Vinyl auf. Ich mag es, auszuwählen und mich zu beschränken. Ich achte beim Packen auf Tempi, damit ich in einem Set agil bleiben und variieren kann.

Welche Platten hast du immer dabei?

Gretener: Es gibt Künstler, von denen ich eigentlich immer eine Platte dabei habe. Zum Beispiel Lauer. Der ist praktisch. Ich bin aber ganz schlecht mit Namen.

Schaut nach.

Platten von Morgan Geist habe ich immer dabei. Er und Lauer sind zwei Top-Produzenten. Ihre Stücke sind musikalisch vielseitig, man kann sie auch einmal langsamer oder schneller spielen. “Electric Baile” von Master Plan habe ich zum Beispiel auch dabei.

“Natural Energy” von The Cool Notes habe ich auch immer dabei, obschon das eigentlich eine langsame Nummer ist. Die spiele ich auch mal gerne zum Schluss. Der Lichtmann in der Zukunft ist sehr musikbegeistert und fragt mich zum Ende einer Clubnacht schon auch, wann ich diese Nummer spiele.

Was muss ein Stück haben, damit du es kaufst?

Gretener: Wenn ich neue Platten durchhöre, habe ich ein digitales Verhalten. So nenne ich das. Ich switche schnell durch. Gefällt mir, gefällt mir nicht. Ich erfasse die Musik aber auch sehr schnell und treffe für mich schnell eine Auswahl. Im Club ist das ja ähnlich. Ich höre kurz in eine Platte rein, zwei, drei Sequenzen, und merke, ob sie in mein Set passt oder nicht.

Wo bleibst du beim Hören sofort hängen?

Gretener: Manchmal sind das nur Bruchstücke von Beats oder Melodien. Manchmal rufen solche Sequenzen auch Erinnerungen vor oder lösen Assoziationen aus. Ich verknüpfe das Gehörte mit Bekanntem und denke mir, dass das musikalisch oder rhythmisch in ein Set oder zu diversen anderen Platten passen könne.

Was ist eigentlich Dubsearch?

Gretener: Das war eine Radiosendung, die mein Vater und mein Patenonkel auf Radio Lora, einem Alternativradio in Zürich, hatten. Die Sendung hat sich entwickelt zu einer Art digitalen Anlaufstelle für Mixtapes. Ich kann mich noch erinnern, dass ich als Kind die Sendungen, die auf Tape aufgenommen wurden, kopiert habe. Die Kopien wurden dann an Freunde verteilt. Daher kommt auch das 90-Minuten-Format.

Inzwischen sind auf der Seite mehrere hundert Mixe gespeichert. Vor ein paar Wochen hat mein Vater die Mixseite an meinen Bruder und mich abgegeben, da er keine Lust mehr hat, das zu koordinieren. Er möchte aber weiterhin Mixe darauf veröffentlichen. Jetzt klären wir gerade, wie wir das inhaltlich ausrichten werden. Da gibt es noch kleinere Streitpunkte.

Father & Son ist dann ja eigentlich selbsterklärend.

Gretener: Das sind mein Vater und ich, wenn wir gemeinsam auflegen. Ich habe ja das Auflegen an den Plattenspielern meines Vaters gelernt, und irgendwann haben wir einen Mix für Dubsearch aufgenommen. In diesem Mix haben sich dann unsere Geschmäcker und Stile getroffen. Wir haben dann ab und zu unter diesem Label zusamme aufgelegt.

Wie ist das denn so, mit deinem Vater aufzulegen?

Gretener: Jeder kennt den Stil des anderen. Ich bin aber viel mehr in diesem Beatmatching-Ding drin. Er hat früher viel Dub, Reggae, Drum and Bass aufgelegt und ist deshalb etwas mixfaul.


PODCAST

Facebook: Leo Gretener
Soundcloud: Leo Gretener
Webseite: Dubsearch

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