Conny Plank: Der Mann, der die Musikwelt revolutioniert hat

Conny Plank hat den Klang der Siebziger und Achtziger geprägt. Sein Sohn hat ihn mit dem Film “The Potential of Noise” porträtiert. Im Interview spricht er über Vaterbilder und -funktionen.

Konrad “Conny” Plank hat die Popmusik der Siebziger und Achtziger geprägt. Ohne ihn gäbe es keinen Krautrock, kein EBM und vielleicht auch keinen Techno. Er hat Bands wie Neu!, D.A.F., Ultravox und Kraftwerk, aber auch die Scorpions produziert. Er arbeitete auch mit der italienischen Rockmusikerin Gianna Nannini, den Rappern von Whodini und dem britischen Synthpop-Duo Eurythmics zusammen.

In dem Film “The Potential of Noise” nähert sich sein Sohn Stephan Plank dem Produzenten und Vater an, der 1987 gestorben ist.

Herr Plank, wie fühlte es sich an, Ihrer und der Vergangenheit Ihres Vaters zu begegnen?
Stephan Plank: Für mich gab es bislang zwei Connys. Einmal den Papa, den ich sehr gut kannte und an den ich mich erinnere. Und dann ist da der Conny, der immer in seinem Studio war. Diesen Menschen kannte ich nicht. Er war für mich eine überhöhte Lichtgestalt. Jeder sprach ehrfurchtsvoll über ihn. Manche erzählten allerdings Geschichten, die ich nicht glauben konnte.

Was waren das für Geschichten?
Plank: U2-Sänger Bono hatte meinen Vater um eine Zusammenarbeit gebeten. Conny hatte jedoch abgelehnt. Ich konnte mir das nicht vorstellen. Ich zweifelte, ob sich das tatsächlich so zugetragen hatte oder nach dem Tod meines Vaters zur Legende wurde. Dann kam ich an Filmmaterial, auf dem mein Vater direkt in die Kamera sagt, dass er mit Bono nicht zusammenarbeiten könne. Er sprach von “diesem Herrn Bono” und dass er nicht wisse, was er mit ihm und seiner Musik machen solle. Dieser Fund war ein Glücksfall für mich und natürlich auch den Film.

Was hat Sie überhaupt veranlasst, einen Film über die Arbeit Ihres Vaters zu produzieren?
Plank: Nach dem Tod meiner Mutter musste ich das Tonstudio meines Vaters, das sie und ich bis dahin weiter unterhalten hatten, aufgeben. Ich musste entscheiden, was ich wegschmeißen, aufheben oder ins Museum geben will. Das Deutsche Rock- und Pop-Museum in Gronau hat mir viel Platz eingeräumt, wo ich die Materialien zwischenlagern konnte. Danach saß ich unglücklich in meiner Wohnung in Köln. Das war 2006. Ich googelte meinen Vater und fand die Filmszene auf YouTube, mit der jetzt der Film beginnt.

Was hat das mit Ihnen gemacht?
Plank: Fast 20 Jahre nach dem Tod meines Vaters seine Stimme zu hören, hat etwas in mir ausgelöst. Ich wollte genau diese Person, den Produzenten Conny Plank, kennen lernen.

Pop-Sängerin Annette Humpe wird im Film mit den Worten zitiert: “Er war kein Traumpapa”. Was hat dieser Satz bei Ihnen ausgelöst?
Plank:
 Mit 13 hätte mir das weh getan. Heute ist das ein weiteres Indiz dafür, wie mein Vater mit den Musikern gearbeitet hatte, die zu ihm ins Studio kamen. Alle Musiker, mit denen ich während der Arbeit an dem Film gesprochen habe, waren immer davon überzeugt, dass mein Vater nur für sie da war und es sonst nichts für ihn gab. Aber ich war mit meinem Vater im Urlaub, wir waren gemeinsam Paddeln und wir haben Quatsch in der Badewanne gemacht. Das zeigt auch der Film. Wir hatten ein sehr enges Verhältnis.

DAF-Schlagzeuger Robert Görl sagt dagegen im Film: “Bei Conny hat man sich wohlgefühlt.” Stimmen Sie zu?
Plank:
 Die Unterteilung in Papa und Conny Plank gab es ja nur in meinem Kopf. Ich musste dieses Spannungsfeld ausgleichen. Da er so früh verstorben ist, hörte ich nur, wie andächtig andere Menschen über ihn sprachen. So unterhält man sich als Heranwachsender nicht mit seinem Vater. Mit 13 führt man keine philosophischen Gespräche. Papa ist einfach da und man fragt ihn, ob er die Hausaufgaben korrigieren kann. Als Kind hat man auch keine Endlichkeit im Kopf. Die Eltern sind unendlich. Man kommt auf dem Planeten an, und alles, was die Eltern machen, ist normal. Man begreift Vieles erst später.

Wie lange hat es gedauert, bis aus zwei Vaterfiguren eine wurde?
Plank: Die Auseinandersetzung mit meinem Vater als Produzent hat tatsächlich die zwei Personen zu einer gemacht. Ich kann aber nicht sagen, wie lange das gedauert hat.

Wie sind Sie bei der Recherche vorgegangen?

Plank: Mein Vater hatte eine Schwäche für Videokameras. Er hat viele Studio-Sessions aufgenommen. Er hat auch viel fotografiert. Ich bin außerdem tief in das WDR-Archiv eingestiegen und habe nach Material über meinen Vater gesucht.

Was nehmen Sie aus der Arbeit an dem Film für sich selbst mit?

Plank: Ich dachte, ich würde etwas ganz anderes machen als mein Vater. Ich dachte, ich hätte mit Musik nichts am Hut. Das faszinierende war, zu sehen, wie er mit anderen Menschen zusammen gearbeitet und was er aus ihnen heraus geholt hat. Ich habe festgestellt, dass ich als Unternehmer und Musik-Manager ähnlich arbeite.


Konrad Plank (1940-1987), gründete 1974 in Wolperath bei Köln “Connys Studio”. Dort arbeitete er mit Bands wie Kraftwerk, Eurythmics, DAF und Ultravox. Er verhalf elektronisch erzeugter Popmusik mit zum Durchbruch. Stephan Plank, Jahrgang 1974, arbeitet als Medienberater und Filmregisseur.


[Dieser Beitrag erschien zuerst am 11. Dezember 2017 in der digitalen und gedruckten Ausgabe der Badischen Zeitung]

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