Quelle: http://icelandicbutterflies.tumblr.com/ |
Montagmorgen, 8 Uhr. Der Rechner ist hochgefahren. Der Grüntee ist aufgesetzt und trinkbereit. Ich rufe E-Mails ab, private, geschäftliche und solche, bei denen sich Privates mit Geschäftlichem vermischt.
Eine dieser E-Mails stammt von einem Leser eines Onlinemagazins, für das ich regelmäßig arbeite. Der Leser war aufgebracht. Er beschwerte sich, dass ihn das Magazin falsch informiert habe. Er musste am Samstagabend vor einer Veranstaltungshalle eine knappe Stunde in der Kälte warten, nur um zu erfahren, dass er nicht mehr zugelassen werde.
Bei dieser Veranstaltung handelte es sich um die Aftershowparty, die zu einer Modenacht gehörte. Zuhause am Schreibtisch witterte ich schon eine kleine Story, “Ärger bei Modenacht: Gäste abgewiesen”, “Vom Türsteher abgewiesen”, und so weiter. Ich fragte beim Veranstalter nach. “Ausverkauft ist ausverkauft. Da kann man nichts machen”, sagte dieser.
Auf Facebook, wo sich oft und schnell Entrüstung über Missstände dieser Art entladen kann, war nichts zum Thema zu lesen. Wutwellen blieben den ganzen Sonntag über aus. Auch heute gab und gibt es keine Anzeichen eines Shitstorms. Vielleicht handelte es sich bei dem Beschwerdeführer auch um eine besonders zartbesaitete Person, ein Fanboy, der den Headliner der Aftershowparty unbedingt am Mischpult erleben wollte.
Bei diesem handelte es sich nämlich um keinen geringeren als Peyman Amin, Modelagent und Ex-Jurymitglied bei Heidi Klums Sendung “Germany’s Next Topmodel”. Er lege schon seit fünf Jahren in Clubs und bei privaten Veranstaltungen auf, sagte er in einem Interview. Und: “Ich spiele Deep House. Das ist gerade auf Ibiza ganz groß, ein tanzbarer und vielseitiger Sound“ (Quelle).
Jetzt hat es dieser Begriff also auch in die Glitzerscheinwelt jener Selbstdarsteller geschafft, wo die Rollen kaum klarer verteilt sind: Frauen haben langbeinig und mager zu sein, Männer muskulös und kräftig gebaut, beide stets gesund gebräunt und selbstverständlich heterosexuell. Sie geben gerne ein Bild von sich, von dem sie annehmen, dass es bei den Adressaten am besten ankommt und am meisten Feedback generiert.
Es geht ihnen vornehmlich um den einen weichgezeichneten, samtig gefilterten Instagram-Moment, der ihr Leben, mithin ihre Person ohne Ecken und Kanten, ohne Angriffsflächen zeigt. Genauso auch ihr Feierverhalten, das zu einer Scheinhandlung verkommt. Schliesslich wollen sie tags darauf alle frisch und erholt aussehen. Exzess? Ja, schon, aber. Das Selbstbildnis mit übergrosser Vodkaflasche ist wichtig, nicht das Vodkatrinken.
Disc Jockeys wie Peyman Amin und viele, die ihn jetzt feiern, haben keine Attitude. Sie haben vielmehr kleine Attitüden und Allüren, die sie mal mehr, mal weniger in den Fokus ihrer Smartphones rücken – vorausgesetzt, es kann die Szenen weich gefiltert wiedergeben. Entsprechend befinden sich dann auf deren Festplattenspeichern die Songs wohlbehüteter Mittelklasse-Kids, die von Sonnenuntergängen an Ostseestränden handeln. Oder eben “Deep House” von Produzenten wie Wankelmut, den Fisher Price-Expertenteams der elektronischen Musik. Schöne Scheisse, das!
Ganz anders dagegen die Musik in der heutigen Übersicht. Die Stücke haben Ecken, Kanten, Angriffsflächen. Bässe rumpeln und stottern, Beats stolpern und poltern, Synthesizer knistern, rauschen. Afrobeat trifft auf Disco trifft auf House und Techno.
I L. A. Morillo & DJ Fett Burger – Trushmix 48. L.A. Morillo und DJ Fett Burger gehören zum Sex Tags Mania Clan, der zwischen 2002 und 2004 angefangen hat, von der norwegischen Stadt Bergen, später auch von Berlin aus Schabernack mit der House-Welt zu treiben.
II Finn Johannsen – O.R.M. Podcast 004. Finn Johannsen kann’s einfach.
III Sankt Göran – Very special warm-up 4 Mr. Harvey. Glücklich kann sich schätzen, wer so ein Warm-up bekommt.
IV A Sagittariun – Crackast 54. Nichts für Blumenkinder.
V Radio Cómeme – “Discongo Bailongo” Mixtape by Hugo Capablanca. Afrodiscotechfunkhouse. Oder so.