Irgendwann, es ist schon etwas her, liess ich mich zur Nachtzeit von Blog zu Blog treiben. Über einen Link gelangte ich auf The Shituationist Institute. Und dort zu einem Rückblick auf eine Clubnacht in Berlin, im Suicide Circus, mit Tyree Cooper und Blake Baxter als Headliner. Ich überflog die kurze Rezension mehr, als dass ich sie las. Doch ein (Halb)Satz blieb bei mir hängen: “After an nice housy warm-up set by Jochen Otto…“. Gesetzt war ein Link zur Soundcloud dieses – mir zu diesem Zeitpunkt nicht bekannten – DJs mit dem Namen Jochen Otto. Auf seinem Account hatte er einen Mix veröffentlicht, den ich mir sogleich per Download sicherte.
Seit dieser Zeit reist dieser Mix auf meinem mp3-Player mit mir mit, und ich wünschte aufrichtig, dieses “nice housy warm-up set” erlebt zu haben. Umso mehr freue ich mich, ihn, Jochen Otto, als Gastmixer dieser Woche präsentieren zu können.
1. Hallo Jochen, stell Dich doch bitte einmal selbst vor.
Hallo ich heiße Jochen,ich bin 36 und komme aus Biebergemünd in Hessen nahe Frankfurt, lebe seit ca 10 Jahren in Berlin.
2. Was war Deine musikalische Initialzündung?
– die überschaubare Plattensammlung meiner Eltern (ca 20 Werke, darunter ABBA, Boney M, irgendein Sixties Sampler, aber auch Ernst Mosch und seine Egerländer Musikanten).
– meine Eltern zwangen mich, Trompete zu lernen, obwohl ich lieber Schlagzeug gespielt hätte. Dummerweise hatte ich auch noch Talent zum Trompetespielen, habs aber dann doch nach Jahren aufgegeben.
– der erste eigene Kasettenrekorder zur Konfirmation, wichtig für frühe Mixtapes.
– hr3 Clubnight mit Mista Sven Väth
3. Welches bzw. wer sind Deine grössten musikalischen Einflüsse?
– unzählige durchgefeierte Freitagnächte im Omen Club unter der Leitung des oben genannten Technohelden,die energiegeladene Atmosphäre des Clubs.
– selbstorganisierte Parties aufm&Land. InBad Orb. Unsere Localdjs Hagen sowie Marek und Yannick von Needs.
– später in Berlin dann die Freude, viele ebenso musikverrückte Leute kennenzulernen, die Futurapossee, die Plattenläden der Stadt, die Estimuloshow, ein wunderbar deepes Netradio, Theo Parrish, Interferrenc, beides grosse Musiklehrmeister für mich, hab ihre Sets regelmässig aufgesaugt. Die Mischung und die Art und Weise, scheinbar nicht miteneinander funktionierende Tracks trotzdem tanzbar zu vermischen und dabei noch wichtige Musikgeschichte zu vermitteln, hat mir bei beiden sehr viel Spass bereitet und tut es noch.
4. Wie würdest Du Deinen eigenen Stil (einem gehörlosen Menschen) beschreiben?
Schwierige Frage das mit dem Gehörlosen. Sad and happy house music? Klingt auch doof. Feel music? Nee auch nicht. Naja allgemein finde ich es gut, wenn ein Mixtape eine Geschichte erzählt bzw einen emotionalen Spannungsbogen enthält. Insofern mach ich auch lieber Mixtapes als vor Publikum zu spielen, weil es mehr Möglichkeiten bietet, etwas Gehaltvolles zusammen zu mischen. Das gelingt aber auch nicht immer.
5. Wo kann man Dir beim Auflegen über die Schultern blicken?
Ich hatte jahrelang hier in Berlin eine monatliche Deephouse Radiosendung mit meinem Kollegen Christophe Degars, die Keep/On Radioshow. Diese liegt allerdings momentan auf Eis. Wir organisieren aber regelmässig noch Parties zusammen, in Verbindung mit den Jungs von Futura. Ansonsten bin ich Resident-Dj bei Killekill, einer sehr abwechslungsreichen und nehmen wir mal den ausgelutschten Begriff undergroundigen Partyreihe.
6. Arbeitest Du auch an eigenen Tracks?
Leidiges Thema, aus welchen Gründen auch immer, Faulheit und Zeitmangel seien nur zwei davon, leider nicht. Gute Ansätze sind und waren eh und je vorhanden, wurden aber nie bis zum Ende durchgezogen. Aber wer weiss, was noch passiert.
7. Pläne für Deine musikalische Zukunft?
Das ist auch eine schwierige Frage. Momentan liebäugele ich sehr mit dem Gedanken, Berlin der Liebe wegen zu verlassen und mich in ruhigere Gefilde zurückzuziehen. Ich hab hier innnerhalb der zehn Jahre einiges gesehen, an einigem teilgenommen und mittlerweile ist mir die grosse Elektrosause hier bisschen viel geworden. Ich denke, es ist immer noch die tollste Stadt in Europa, Dj und Produzentendichte immens hoch, aber meine Gewichtung ist eben eine andere mittlerweile. Viellecht lässt sichs woanders dann auch wieder entspannter Musik geniessen und evtl auch machen?!
Man ist in Berlin ja dermassen verwöhnt von tollen Bookings und endlosen Feiermöglichkeiten, dass der Reiz des Einzigartigen etwas verlorengeht. Das kann aber auch daran liegen, dass ich halt nunmal keine zwanzig mehr bin. Mal sehn wie es weitergeht… Musik wird in jedem Fall immer eine wichtige Rolle spielen.
Et voilà, le podcast:
Jochen Otto – Keep It Deep Guest Mix by keep-it-deep
English (short) version: sometimes it is definitely worth to take your time and browse the web as, then, you will discover music lovers, record collectors and djs like Berlin based Jochen Otto. When I was linked to his soundcloud account and tuned into his “354 mixtape”, I fell in love with his selection and arrangement and wanted to present him at the blog. Hope you enjoy his guest mix as much as I do.
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