David Morales, Grammy-Gewinner im Jahr 1998, hat als Produzent der Popmusik die Tür zum Club geöffnet. Warum ihn das Auflegen jung hält, erzählt der New Yorker Discjockey im Interview.
Er hat mit Mariah Carey und Madonna zusammen gearbeitet und der Popmusik die Tür zum Club geöffnet. Am Freitag legt der 55-Jahre alte New Yorker, Grammy-Gewinner im Jahr 1998, im Basler Club Elysia auf. Bernhard Amelung hat mit ihm gesprochen – über die Anfänge der DJ-Kultur und Feiern als Jungbrunnen.
Herr Morales, was erwartet mich, wenn ich für eine Woche Ihr Leben lebe?
David Morales: Sie werden in einer Fantasiewelt leben.
Wie sieht diese aus?
Morales: Sie reisen durch die Welt und legen am Wochenende in einem Club auf. Zwischendurch entspannen Sie bei gutem Essen und im Fitnessstudio. Sie sind 55 Jahre alt und leben das Leben eines Jugendlichen.
Ist der Club für Sie ein Jungbrunnen?
Morales: Biologisch gesehen bin ich ein Opa. Im Club spielt mein Alter keine Rolle. In dieser Welt bin ich seit 40 Jahren zuhause. Überall habe ich meinen Laptop dabei. So bin ich ständig im Musikmodus. Kaum dass ein neuer Tag beginnt, befinde ich mich in meinem Studio und schreibe an neuer Musik.
Woran arbeiten Sie gerade?
Morales: Ich produziere ein neues Album, das auf meinem neuen Plattenlabel Diridim erscheinen wird. Das ist ein Slangwort aus dem Jamaikanischen. Es bedeutet Rhythmus. Darum geht es auf auf dem Album, der Tanzfläche und in meinem Leben.
Sind Sie ein Sklave des Rhythmus, wie Grace Jones so schön singt?
Morales: Grace Jones ist meine Gebieterin und ich bin ihr Sklave.
Wie gehen Sie mit Schreibblockaden um?
Morales: Das habe ich nicht. Ich habe mir die Freiheit erarbeitet, auch einmal zwei Tage nichts zu machen und Serien zu schauen. Ich bin süchtig nach Netflix.
Welche Serie haben Sie zuletzt geschaut?
Morales: The Get Down. Sie spielt im New York der Siebziger und erzählt die Geschichte des HipHop. Das ist meine Welt, in der ich aufgewachsen bin.
Sie waren Teenager zu dieser Zeit. Was hat Sie musikalisch geprägt?
Morales: Der Besuch eines Clubs am Times Square. Er hieß Starship Discovery I. Dort habe ich zum ersten Mal ein DJ-Pult mit drei Plattenspielern und einem Mischpult gesehen. Ich habe die ganze Nacht dem Discjockey beim Auflegen zugeschaut.
Was hat Sie daran fasziniert?
Morales: Auflegen hieß für mich bisher, dass ein Discjockey eine Platte nach der anderen spielt und mit seiner Musikauswahl eine Geschichte erzählt. Die Plattenspieler hatten keine Funktion, um Geschwindigkeiten zu regulieren. Die wenigsten Bars hatten ein Mischpult. Schon gar nicht im Stadtteil Brooklyn.
Das Angleichen von Rhythmen und Geschwindigkeiten kam erst später.
Morales: Das kam mit dem Non-Stop Disco Mix.
Was war das?
Morales: Eigentlich hieß das nur, dass ein Club zwei Plattenspieler, ein Mischpult und einen angestellten Discjockey hatte, der die ganze Nacht über aufgelegt und Platten ineinander gemixt hat.
Sie waren Gast in David Mancusos Loft und in der Paradise Garage. Was war das Besondere an diesen Clubs?
Morales: David Mancusos Loft habe ich 1981 zum ersten Mal besucht. Bei ihm habe ich Tanzmusik körperlich erfahren. Das Soundsystem von Richard Long sucht heute noch seinesgleichen.
Richard Long hat auch die Soundanlage für die Paradise Garage konzipiert.
Morales: Die Paradise Garage war ein Moloch im Vergleich zum Loft. Dort ging es ums Musikhören, in der Paradise Garage um den Exzess auf der Tanzfläche. Das Klangerlebnis dort war purer Sex.
Wie kamen Sie dort an Auftritte?
Morales: Eine Freundin von mir hat mich Michael Brody, dem Betreiber der Paradise Garage, empfohlen. Er wollte meine Musik hören und gab mir die Möglichkeit, dort aufzulegen. So kam ich an meinen ersten Auftritt außerhalb von Brooklyn.
Beide Clubs waren nur für Mitglieder. Wer hatte Sie empfohlen?
Morales: Freunde aus der Nachbarschaft. Wir waren alle miteinander verbunden. Wer sich in diesen Clubs schlecht benahm, wurde rausgeschmissen. Wer die Empfehlung ausgesprochen hatte, wurde ebenfalls rausgeschmissen.
Ein Führungsstil der harten Hand.
Morales: Ein respektvolles Zusammensein im Club gelingt ohne Regeln einfach nicht.
[Dieser Beitrag erschien am 12. April 2018 in der gedruckten und digitalen Ausgabe der Badischen Zeitung]