An einem Sommertag wie diesem ist mein Verlangen nach Leichtigkeit besonders stark, ob in der Literatur, in der Küche oder in der Musik.
Düstere Gesellschaftsskizzen, Houellebecq’sche Dystopien, nordische, melancholietrunkene Kriminalromane werden bei Seite gelegt und gegen Urlaubsklassiker à la “Felix Krull” von Thomas Mann, “The talented Mr. Ripley” von Patricia Highsmith oder die Commisario Guido Brunetti-Dekaoktalogie von Donna Leon eingetauscht. Schwerverdauliche, kohlehydrat- und fettreiche Speisen werden verbannt aus der Küche zu Gunsten farbharmonischer, aromareicher Gerichte, sehr viel Obst und Gemüse, um sich mit Power-Wirkstoffen und dem Duft des Südens für den bevorstehenden Herbst und Winter zu rüsten. Und in der Musik? Da werden die Kuscheljazz-Compilations der sanften Einstaubung übergeben, wohingegen die guten alten Brazil-Chill-House-, brandaktuelle Ibiza-Summer-House-Geschichten wieder aufgetischt werden genauso wie diese klebrig süssen Soul Songs, die so viel Soul enthalten wie Disco bei den Bee Gees vorkommt. Ach ja, der Sommer. Diese Jahreszeit ist gekennzeichnet – und gebrandmarkt – von vielgespielten (Sommer-)Hymnen, den Rave-Anthems, die anschliessend, kaum dass die Tage wieder kürzer als die Nächte sind, in den Clubs in einer Endlosschleife zelebriert werden. Der Sommer ist die Zeit der musikalischen Leichtverdaulichkeit und Eingängigkeit.
Auch auf Mild Pitch, dem Essener (Deep) House / (Dub) Techno-Label der dortigen Gralshüter des guten Geschmacks, DPlay, Manuel Tur und Langenberg, ist der Sommer eingekehrt und mit Mark “Blakkat” Bell als Schöpfer beziehungsweise künstlerischer Urheber der siebten 12″ ist es sogar ein sonnenreicher, kalifornischer. Heiss, feurig und farbintensiv ist dieser, und genau so verhält es sich mit den drei Tracks, welche Blakkat sowie Langenberg als Remixer auf der EP “In This World” bereithalten. Blakkat führt mit der “Blakkat Devotional”-Version das Label aus der Kellerfinsternis, dem dunkelheitstrunkenen Basement, heraus in das Sonnenhell des Tages. Mit diesem Song zeigt Mild Pitch Haut, ist sexy, aber dennoch tieffühlend genug, um nicht nur lediglich oberflächlich aufreizend zu wirken. Einen Kompromiss für den Schnellkonsum gibt es bei Mild Pitch auch dann nicht, wenn Vocals mit im Spiel sind – dafür sorgen schon dissonant klingende Synthesizer-Pads, die der Engländer wohl mit “eerie” umschreiben würde. Der “Bkat Dtla Dub” ist – mit einem Wort – schräg. Er entführt in eine facettenreiche Klangwelt mit vielen Überraschungseffekten. Ich will mich ja nicht zu weit aus dem Fenster hinauslehnen, aber…hier war jemand am Werk, der alle Finessen beherrscht, die man als Analogmaschinen- und Produktionsprogramm-Virtuose so draufhaben muss. Manuel Tur? Who knows. Bleibt noch der Remix von Langenberg. Er bringt “In This World” in ein ruhigeres Fahrwasser. Er setzt das Original in Szene mit u.a. üppigen Synthies und einem monoton metallischen Schlagklang, welcher in Kontrast steht zur angenehm rauchig-weichen Stimme Blakkats. Great Stuff!
English (short) version: you might have noticed that Manuel Tur, co-founder of Essen / Germany based house and techno imprint Mild Pitch already joint forces with – now – Los Angeles based Mark “Blakkat” Bell for some house cuts earlier in his career (“Golden Complexion”). This team up wasn’t a one day relationship, as Blakkat is turning back on Mild Pitch with two tracks (and a Remix by Langenberg), delivering two heavyweight soul-drizzled tunes full of warm, emotional sounds and vocals. Langenberg on remixing duties is serving with a more dynamic, rough and rugged track.
Mehr im Web:
Mark “Blakkat” Bell @ MySpace
Langenberg @ MySpace
Langenberg – mono_cult Podcast 009
Mild Pitch @ MySpace