Nach sieben Jahren Party ist an diesem Wochenende endgültig Schluss: Der Hinterhof auf dem Dreispitz-Areal in Basel schließt endgültig. Warum das ein schwerer Verlust ist.
Ich hätte es wissen oder zumindest ahnen können. Der Hinterhof auf dem Basler Dreispitz-Areal war doch irgendwie immer nur ein Projekt, dessen Betreiber gegen die Zeit arbeiteten. Oder die Zeit arbeitete gegen die Betreiber. Ende 2010, Ende 2013 und zuletzt Anfang 2016. So ist es nun einmal bei einem befristeten Mietverhältnis. Der Vertrag läuft aus. Was bisher als sicher galt, gerät ins Wanken. Die geordnete Welt zerbricht. Geordnet. Kann man das bei einem Club, der eine Bastion gegen die Welt draußen sein soll, überhaupt schreiben?
Ich habe aufgeatmet, war erleichtert, als die Inhaber des Hinterhofs, Philippe Hersberger, Lukas Riesen und Lukas Rytz im März 2016 bekannt gaben, dass sie den Mietvertrag mit Immobilien Basel-Stadt, der Vermietergesellschaft, um weitere fünf Jahre verlängert hatten. Laufzeit bis 2021.
Fünf weitere Jahre sollte, konnte dieser Ort also weiter bestehen, der Bar, Club, Dachterrasse, Konzertlokal und Ausstellungsfläche war. Fünf Jahre Clubnächte mit den Besten von vielen Guten. Das gilt für die Gast-DJs wie Jeff Mills, Miss Kittin, Gerd Janson, The Black Madonna, Exzentriker wie Osunlade und Joe Claussell, und viele andere. Das gilt für die Resident-Djs. Timnah Sommerfeldt, Garcon, Agonis, Jamie Shar, um nur einige zu nennen.
Dann kam der 28. März 2017. Ein Dienstag. “Trotz oder gerade wegen all der großartigen Momente, sowie aufgrund privater Veränderungen ist die Zeit für uns nun reif, das Projekt Hinterhof Bar mit all seinen unterschiedlichen Facetten zu einem für uns stimmigen Abschluss kommen zu lassen. Wir, die Hinterhof-Familie, verabschieden uns nach sieben erfüllenden Jahren Hinterhof Bar.” Das schrieben die Inhaber des Hinterhofs an jenem Abend auf der Facebook-Seite ihres Clubs.
Ich war betroffen. Wie betäubt. “Nein. Kann nicht sein”, dachte ich. Ich verdrängte diese Nachricht. Wollte nicht wahrhaben, dass nun doch wieder alles vorbei sein sollte. Die wenigen, umso intensiveren Nachmittage auf der Dachterrasse. Zwei, drei Negroni trinken und der Sonne beim Untergehen zuschauen. Die wenigen, umso intensiveren Clubnächte. Zum House eines Joe Claussell, zum Techno eines Jeff Mills die Lebenswirklichkeit vergessen. Schön war das.
An diesem Wochenende öffnet der Hinterhof nun tatsächlich ein letztes Mal. Ein letztes Mal werden die Resident-DJs ihre Plattentaschen packen, in den Club am Beginn des Dreispitz-Areals fahren und für ihr Publikum auflegen.
Ich werde nicht nach Basel fahren können. Ich habe Termine, die ich nicht verschieben kann. Doch vielleicht ist das auch ganz gut so. Aus der Ferne kann ich besser loslassen – und den Hinterhof als das in Erinnerung behalten, was er vor allem auch für mich war: Ein Fluchtpunkt in meinem Leben, wohin ich mich in Gedanken, aber auch tatsächlich zurückziehen konnte, wenn ich die totgeordnete clubkulturelle Ödnis in Freiburg nicht mehr aushielt.
Manchmal genügte auch, im Sommer nachmittags ein Bier auf der Dachterrasse des Hinterhofs zu trinken und davon zu träumen, wie es wäre, wenn man dieses gute Gefühl in den Abend und die Nacht noch verlängern könnte. Für mich als Außenstehenden kommt dieses Ende nun doch zu abrupt. Die persönliche Perspektivenvielfalt wird kleiner. Wahrscheinlich wird es höchste Zeit, ein Gartengrundstück zu kaufen und Tomaten zu ziehen. Until then, good bye!
[Dieser Beitrag erschien am 18. Mai 2018 im Freiburger Onlinemagazin fudder.de]