Timnah Sommerfeldt: Auflegen als Heimspiel

Timnah Sommerfeldt ist Resident-DJ im Basler Club Hinterhof. Was bedeutet ihr das? Wie bereitet sie sich auf ein Set vor?

Was bedeutet es für dich, Resident-DJ eines Clubs zu sein?
Timnah: Der Hinterhof setzt zwar erst seit dem Umbau (im Sommer 2016, d. Red.) auf das Resident-Prinzip, aber ich habe auch schon in den Jahren davor regelmäßig dort aufgelegt. Für mich ist der Hinterhof wie eine Familie, und wenn ich dort auflege, bin ich mit allem sehr vertraut. Ich fühle mich dort zuhause.

Das Auflegen dort ist für dich also wie ein Heimspiel?
Timnah: In gewisser Weise ist das schon so. Ich lege auch ab und zu im Elysia und anderen Basler Locations auf. Aber im Hinterhof stellt sich bei mir ein Gefühl ein, als ob ich bei mir zuhause auflege. Klar, der Raum ist ein ganz anderer und ich spiele vor Publikum und nicht für mich alleine, aber das Gefühl von Vertrautheit ist sehr stark.

Wie bereitest du dich auf eine Clubnacht vor?
Timnah: Das kommt auf den Künstler an, für den ich den Abend eröffne oder nach dem ich spiele. Ich hänge mich da schon sehr rein, beschäftige mich mit seiner Musik und höre mir Sets von ihm an. Allerdings möchte ich mir musikalisch selbst treu bleiben und mein Ding machen.

Wenn ich meine Plattentasche packe, nehme ich auch immer Musik mit, um meine Sets stilistisch etwas aufzubrechen. Ich mag es nicht, den ganzen Abend denselben Rhythmus und dasselbe Tempo zu spielen. Wenn alles auf derselben Frequenz läuft, wird das schnell langweilig. Das kann mal eine gewisse Zeit sein, ein Set braucht aber auch einen Unterbruch.

Du legst seit über 10 Jahren auf. Kannst du dich an einen Abend erinnern, in dem du gar nicht in dein Set gefunden hast?
Timnah: Bisher habe ich es eigentlich immer geschafft, in mein Set reinzukommen. Aber es kam auch schon einmal vor, dass ich aufgelegt habe, ohne die Stimmung im Club zu fühlen und den Vibe zu spüren. Das ist ja immer von unterschiedlichen Faktoren abhängig. Es kann sein, dass es an dem Discjockey lag, der vor mir gespielt hat, dass die Leute speziell drauf waren, oder es lag an mir, weil ich selber nicht in der entsprechenden Stimmung war.

Was ist denn deine liebste Zeit zum Auflegen?
Timnah: Derzeit spiele ich am liebsten nach dem Hauptact und beende die Clubnacht. Ich spiele in letzter Zeit ja eher etwas technoider und finde es schön, die Leute auf dem Höhepunkt einer Nacht abzuholen und ins Softe mitzunehmen. Da entsteht eine Stimmung, die ich sehr spannend finde.

Kannst du diese näher beschreiben?
Timnah: Ich kann das nicht konkret in Worte fassen. Ich finde es einfach schön, mit den Leuten an einen Punkt zu kommen, an dem man dann musikalisch wieder emotionaler und offener werden kann und die Nacht langsam ausfaden lassen kann. Ich bin halt kein Discjockey, der die ganze Zeit brettert und dann einfach aufhört.

Du hast an der Seite der House-Legende Kerri Chandler und mit Pearson Sound und Ben UFO, den Posterboys der UK-Bassmusikszene, aufgelegt. Welche Discjockeys beeindrucken dich überhaupt noch?
Timnah: Muss ich wirklich Namen nennen?

Nein.
Timnah: Ich habe mich nie auf andere Discjockeys fixiert. Ich habe mir von niemandem etwas abgeschaut und habe stets mein eigenes Ding gemacht. In letzter Zeit habe ich jedoch gemerkt, dass ich anderen Discjockeys beim Auflegen nicht nur gerne zuhöre, sondern ihnen auch gerne zuschaue. Ich achte da vor allem darauf, wie er mixt, der technische Aspekt wird immer interessanter für mich.

Bei welchen Discjockeys gehst du auf die Tanzfläche und tanzt selbst?
Timnah: Wenn die Musik gut ist, tanze ich. Von den ganzen Berühmtheiten, die in Basel und im Hinterhof gespielt haben einmal abgesehen, finde ich, dass wir in Basel auch mit unseren eigenen Discjockeys sehr verwöhnt sind. Wir haben in den Clubs zwar oft krasse Bookings, doch wenn danach ein Denis (Garcon, d. Red.) oder Dominic (Agonis, d. Red.) auflegen, denke ich oft, dass die echt krass abräumen. Bei denen stimmt alles, der Musikgeschmack, die Auswahl, und technisch sind sie unschlagbar. Ich denke, da spielt es auch eine Rolle, dass wir uns alle kennen, dass wir uns musikalisch austauschen, zusammen feiern. Da entsteht … [überlegt]

…ein Gemeinschaftsgefühl?
Timnah: Ja. Definitiv.

Was trägt deiner Ansicht nach dazu bei, dass Basel eine so starke Szene hat?
Timnah: Basel ist zwar eine kleine Stadt, aber im Vergleich zu anderen Städten hat sie eine sehr kreative Szene. Das Potenzial ist spürbar, nicht nur in der Musikszene. Natürlich gibt es auch Flauten, also Zeiten, in denen nicht ganz so viel passiert. Ich habe aber den Eindruck, dass wir uns immer wieder fangen, und daraus entsteht dann immer wieder etwas Neues.

[Dieser Beitrag erschien am 17. März 2017 auch im Freiburger Onlinemagazin fudder.de]

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