Ethereal Sound – welch schöner Name für ein Label. Es liegt auf der Hand, damit eine sphärisch entrückte Musik zu verbinden. Ätherische, himmlische aber auch flüchtige, nicht fassbare Töne. Filigrane Beatstrukturen. Und überhaupt. Die Endlichkeit des Klangaugenblicks, die Vergänglichkeit des einzelnen Tones gleichermassen wie die Gesamterfahrung. Bringt man dazu noch House, an erster Stelle “Deep” mit ins Spiel, so ist’s geschehen um den Nerd und all jene, die sich nach dieser einen idealen Platte sehnen, welche sie beinhaltet: den reinen Geist, die unverfälschte Seele der House Musik. Umso grösser daher der Anspruch, die Erwartungshaltung der blutlechzenden Community im Hinblick auf einzelne Releases, umso höher auch die Qualitätsanforderungen auf Seiten eines Betreibers, wenn Tracks unter dem Brandnamen “Ethereal Sound” auf den Markt geschmissen werden. Denn im Zuge des Deepness-Sellouts wurde und wird auch dieser Tage noch viel Schindluder mit Inhaltsstoffangaben betrieben. So manch ein kurzer Synthie-Seufzer erhielt da bereits das Prädikat “ethereal”.
Mit viel Herzblut, Leidenschaft und Fleiss bemüht um die – ungeschriebenen – Deepness-Bestimmungen von 12″ zu 12″ zu übertreffen, ist der russische, in Moskau lebende DJ und Produzent Anton Zap. Und Ethereal Sound ist sein eigenes Label. Somit darf man unbesorgt sein: Programm und Zielsetzung des Labels zugleich ist eine elektronische Clubmusik, die von Tiefgang auf der einen und von schwebender Leichtigkeit auf der anderen Seite lebt. Als Produzent wie auch als Labelbetreiber kombiniert Anton Zap eine präzise formulierte, gut tanzbare Sounds mit zum Nachdenken anregender Klangästhetik. Knallharte Beats treffen auf melodiöse Soundscapes und Ergebnisse experimenteller Klangerforschung. Ethereal Sound ist jedoch vielmehr als eine Plattform zur Eigenpositionierung. Anton Zaps Anspruch ist es, Kultur- und Förderarbeit für eine Vielzahl russischer Produzenten zu leisten. Seinem Label wohnt also eine Homebase-/Hub-Funktion inne.
Über die letzten Wochen hinweg erschienen auf Ethereal Sound zwei Platten, in die reinzuhören es sich meiner Meinung nach lohnt. Es ist zum einen die Fortsetzung der Social Background Series, für die Uncle Deep verantwortlich zeichnet. Er, im Alltagsleben auf den Namen Maksim Martyanov hörend, stammt aus Kaluga, einer etwas mehr als 300.000 Einwohner zählenden Stadt südwestlich der russischen Hauptstadt Moskau. In einem Anflug optimistischer Versponnenheit darf man sie durchaus als “Motor City” bezeichnen, denn in dieser Stadt haben sich seit Mitte der Nuller-Jahre KFZ-Konzerne wie die Volkswagen AG, Volvo, Renault sowie die PSA-Gruppe (Peugeot und Citroen) niedergelassen und Produktionsstandorte gegründet. Zugegebenermassen ein etwas gewagter Vergleich, doch zeichnet seine Tracks zumindest was die schlagkräftigen Drum-Sequenzen betrifft, eine Schroffheit und Direktheit aus, wie man sie auch aus vielen Übersee-Produktionen her kennt. Mein Favorit? “Deep Underground“.
Uncle Deep – Deep Underground by Ethereal Sound
Zum anderen empfiehlt es sich, wenigstens einmal in “Sojush” hineinzuhören, der meines Wissens ersten 12″ des Produzenten PJOTR. Titeltrack, “Sojush”, sowie aus “Pine” charakterisieren beinahe frühlingshaft-verspielte Motive, und auch “Track One” entwickelt aus einem scheinbar unrhythmisch stolpernden Housebeat und vertrackten Effektkombinationen eine gefühlvolle Flötenmelodie, die durch den Track mäandert wie ein kleines Bächlein die sibirische Taiga nach der Schneeschmelze durchfliesst. Killer!
PJOTR – Track one by Ethereal Sound
English (short) version: Anton Zap does a great job, be it as a dj, be it as a producer or, now, as label head. His imprint “Ethereal Sound” is thought as a platform and a hub not only for his own material but also for befriended Russian artists. He recently introduced Uncle Deep and PJOTR who both delivered a stunning interpretation of what one may call deep house. Highly recommended!
Mehr im Web:
Uncle Deep @ MySpace
Chevengur Melody (Netlabel founded by Uncle Deep)
Uncle Deep – Mix @ Chevengur Melody
PJOTR @ Soundcloud
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Anton Zap @ MySpace