Zum Auftakt der 12″-Besprechungen in dieser Woche sei mit der “Mists EP” ein – streng genommen – genrefremdes Fundstück vorgestellt. Der Musikkosmos ist jedoch viel bunter, als es der enggefasste Ausschnitt dieses Blogs widerspiegelt.
Die “Mists EP” wurde bereits im Januar diesen Jahres veröffentlicht. Erschienen ist sie auf Melting Pot Music. Gegründet wurde das in Köln ansässige Label von Oliver von Felbert, der neben seiner DJ-Tätigkeit u.a. auch Autor beim Juice-Magazin gewesen ist. Zum Künstlerstamm des Labels zählen beispielsweise Marc Hype & Jim Dunloop oder Suff Daddy, also überaus interessante Musiker mit tief im Hip Hop, Soul und Funk gründenden Wurzeln. Das Album “The Gin Diaries” kann ich allen empfehlen, die auf der Suche nach ausdrucksstarkem, soultrunkenem, mit Blues und Jazz durchtränktem Hip Hop sind.
In dieses Umfeld fügt sich auch das unter “The Karlmarx Project” firmierende Musiker- und Produzenten-Duo, bestehend aus Isaac Aesili (Karl) und Marc McNeill (Marx), ohne Reibung ein. Beide, gebürtige Neuseeländer, sind musikalisch schon sehr lange aktiv. Isaac soll dem Vernehmen nach ein begnadeter Trompetenspieler sein. Er war beziehungsweise ist Mitglied zahlreicher Soul- und Funk-Formationen, Teil der Recloose Live Band und hat 2009 mit “Eye See” ein Solo-Album an den Start gebracht. Marc gehört zum grossen Einzugsgebiet des Labels DFA. Dort hat er sich seine Sporen beispielsweise als Produzent des (damals) Kollektivs (und heute Einzelkämpfers) Shocking Pinks verdient.
So viel zum Hintergrund. Die EP “Mists” soll vornehmlich den Appetit anregen für die bevorstehende Album-Veröffentlichung. Eigentlich müsste es bald soweit sein. In den fünf Tracks zeigen Karl und Marx ihre musikalische Vielseitigkeit. Sie bewegen sich dabei zwischen Soul, instrumentalen Hip Hop-Arrangements und Broken Beats. Manch ein Rhythmus-Pattern gemahnt an (Slow Motion) House-Kompositionen, wie sie in den letzten drei, vier Jahren vor allem auf der britischen Insel entstanden sind. Vertwistete Synthie-Spielereien und fröhlich zwitschernde Atari-Computersounds erinnern an die Musik eines Funkineven, Hypno, Flying Lotus oder Dorian Concept, an West London genauso wie an Al Bleeks (von Instra:mental) Boddika-Projekt.
Gebrochene Elektronikbeats, mal nur leicht wie auf dem Titeltrack “Mists”, mal überdeutlich stotterig, vermischen sich mit drückenden Basslines und rollenden Subs. Sie treffen auf verzwirbelte Synthesizer, die sich im Spannungsfeld aus wildem Spieltrieb und kontrollierter Ekstase bewegen. Rauhe, düstere Klangfolgen wechseln sich ab mit ausgelassen überschwenglich fröhlichen Stimmungsmotiven. Manch eine Soundabfolge stimmt melancholisch, andere wiederum euphorisch. Insgesamt eine stimmungssatt-raffinierte 12″.
English (short) version: soul and funk infused tunes with twisted synth sounds and spacy jazzy atmospheres produced by New Zealand combo The Karlmarx Project.
Mehr im Web:
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Melting Pot Music @ Facebook
DJ Olski / Melting Pot Music @ Soundcloud
Melting Pot Music