Auch wenn die Züricher Drumpoet Community derzeit leuchtturmgleich aus der Schweizer Szene der elektronischen (Club-)Musik herausragt, bedeutet dies nicht, dass in anderen Städten der kleinen Alpenrepublik (gar) nichts geht. So beschreibt beispielsweise Gabriel Roth in der aktuellen Ausgabe der de:bug (http://de-bug.de/mag/6660.html) sehr schön die nicht zu vernachlässigende Anzahl DJs, Produzenten und Label im französischsprachigen Teil dieses Landes. Dort tummeln sich neben Agnès und seinem Imprint Sthlmaudio Recordings, das auch hier schon sehr oft Berücksichtigung fand, DJs und Produzenten wie Ripperton, Crowdpleaser, Dachshund, Quenum oder Chaton, die sich in den letzten Jahren eine eigene Nische erarbeiten konnten, in der sie ihr eigenes Konzept von elektronischer (Club-)Musik entwerfen, behaupten und deutliche Ausrufezeichen setzen konnten.
Einer jedoch blieb in diesem Artikel unerwähnt, und zwar St. Plomb, der ursprünglich aus Lausanne stammende DJ und Produzent. Weshalb dies so ist, ist mir ein Rätsel. Vielleicht, weil es in den vergangenen Jahren etwas ruhiger um ihn war; vielleicht, weil er so oft lediglich als Co-Produzent von oben bereits erwähntem Crowdpleaser aufgeführt wurde? Ihn, St. Plomb, der in den frühen 90er-Jahren zunächst die Clubs mit Funk und Hip Hop bespielte, musikalisch festzuhalten und zu verorten, fällt schwer. Minimal sind seine Produktionen nicht, sie mit dem Beiwort “deep” zu versehen, würde unter den Heads wohl zu gegenseitig sich zerfleischenden Diskussionen führen. Also lassen wir’s doch! Denn eines steht fest: in seinen EPs und Remixen stecken eine unglaubliche Energie, Lebens- und Spielfreude. Seine Kreationen sind experimentierfreudig und beinhalten eine Menge kurioser Gedanken. Und den Funk vergisst er dabei nie. Wie könnte er auch, als ehemaliger Funk- und Hip Hop-DJ.
So war ich positiv überrascht und erfreut, zu vernehmen, dass er in diesem Herbst aus seiner kreativen Schaffenspause heraustritt, um – zunächst auf Brut! Records – an die Hochzeiten der Jahre vor 2006 anzuknüpfen. “Escape Run” heisst die auf 250 Kopien limitierte, einseitig bespielte 12″. Und wenn er hiermit ein Fluchtlauf antritt, dann höchstens einen aus der Langeweile der Vorhersehbarkeit mancher zeitgenössischer Produktionen.
Auf “Escape run” beschreitet er einen spielerisch schrägen Weg, auch wenn er diesen Track auf einem traditionellen House-Fundament aufbaut. Feingliedrige, jazzig anmutende Schlagzeugspielereien, insbesondere mit den Hi-Hats, gehen einher mit warmen Orgel-Sektionen, Chords, pumpenden Kickdrums und Bassnoten, die herzschlagtief aus der Erde zu kommen scheinen. Für “Saturnic Night Acces“, ebenfalls auf der A-Seite (da “one sided“), könnte auch ein gut gelaunter Theo Parrish Pate gestanden haben. Die in Erscheinung tretenden Schreie erinnern mich an einen älteren afroamerikanischen Herrn, den ich während meines letzten USA-Aufenthalts tagein, tagaus an einer Strassenecke stehen und “roasted kernels” verkaufen sah – beim ersten Hören wirr, setzen sie einen tiefschwarzen und seelenvollen Kontrapunkt zu dem im übrigen unnachgiebig voranstampfenden klassischen Housebeat mit zartleiser Conga-Perkussion im Hintergrund.
Mehr im Web:
http://www.myspace.com/stplomb
http://www.myspace.com/crowdpleaserstplomb
http://www.st-plomb.com/
http://www.myspace.com/brutrecords
http://twitter.com/brutrecords
http://soundcloud.com/brut-records