Setzen Produzenten ein Klavier – klassisch, Rhodes Piano,… – als Klanggeber für den Instrumentalpart eines Tracks ein, haben sie schnell meine Aufmerksamkeit geweckt. Das ist nicht nur auf die (elektronische) Tanzmusik bezogen. Auch bei Disco Songs, der vielgestaltigen klassischen Musik oder im Jazz kann ich mich der Magie und Anziehungskraft des Pianoforte nur schwer widersetzen. Klavierkonzerte von Brahms oder Schumann, Solowerke von Liszt oder Chopin, die Kompositionen eines Keith Jarrett oder Thelonious Monk – gross! Was an diesem Name-Dropping auffällt: ich bin in Sachen klassischer Musik / Jazz doch etwas konservativ und übertrage diese Haltung gerne auch auf House/Techno.
Wieder zurück zu dieser 12″. Von klassischer Musik oder Jazz ist das Piano-Instrumental, welches das nordirische DJ- und Produzenten-Duo South West Seven (das sind Ric McClelland & Sean Grieve)für seinen Track “Mel’s Pockets” verwendet, zwar weit entfernt. Dennoch gelingt es ihnen, mich damit zu verführen. Das immer wiederkehrende Akkordmotiv könnte den Auftakt für einen Gospel Song bilden. Es könnte sich dabei jedoch auch um ein gedankenverlorenes, gleichermassen jedoch leidenschaftliches In-die-Tasten-greifen im Rahmen einer nächtlichen Jamsession sein. Den Gospel-Charakter unterstützen die Vocal-Schnipsel einer Soul-Diva – über die Nähe der Stilelemente des Gospel zu Disco brauche ich euch ja nichts mehr zu erzählen. Für die Jam-Session sprechen kurze Einsprengsel eines Saxophons und die tiefe Stimme des warmen Funk-Basses.
Mels Pockets by SouthWestSeven
“Mel’s Pockets” – soeben erschienen auf einem kleinen Label namens Carry On – erscheint mit drei Neuabmischungen. Zwei davon haben Graeme Clark und Ali Herron unter ihrem Ooft-Kürzel produziert. Die beiden schneiden für ihren Remix die im Original noch zart im Hintergrund perlenden Blubber-Sounds heraus und verleihen ihnen eine stärkere Bedeutung in der Gesamtkomposition des Tracks. Dieser kommt im Übrigen in einem sehr klassischen House-Gewand daher. Tiefe Grummel-Bassline, warme, organische Synthflächen, und die Kickdrums führen Magengrubentritte aus. Für so Menschen wie mich mit einer wertkonservativen Vorstellung von House kann es kaum etwas besseres geben.
Southwestseven – Mel’s Pockets (OOFT! Remix) by aliOOFT
Für einen weiteren Remix zeichnet Pete Herbert verantwortlich. Er ist vor allem bekannt geworden durch sein Projekt “Reverso 68”, das er zusammen mit Phil Mison betreibt und im Rahmen dessen er jede Menge Remixe und EPs für Eskimo, DFA, International Feel, und, und, und veröffentlicht hat. In seinen Produktionen nimmt er gerne Bezug auf die Disco-Kultur der Achtziger Jahre mit Electro-/Cosmic Disco. So erklingen in seinem Remix für “Mel’s Pockets” auch jede Menge Sequenzer-Arpeggi, blubbernde Synth-Lines, mit einem Hauch von 303 versehen, Glockenklänge, und so weiter.
Nach “Chasing Dream” im vergangenen Jahr von einem mir bis dato noch unbekannten Produzenten namens Chasing Kurt eine weitere tolle EP auf dem noch jungen Frankfurter Label Carry On.
English (short) version: deep house, cosmic and electric disco, soul and funk are the basic ingredients that are blended together by Ric McClelland and Sean Grieve from Belfast / Northern Ireland on this 12″ that just hit the stores. On remixing duties you have Pete Herbert and Ooft that shake and stir up the original with their own personal twist.
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