MidnightOpera – Keep It Deep Guest Mix

Ein kurzer Blick auf die Tracklist genügt, und der Kenner weiss: hinter diesem Mix steht ein Liebhaber ausgewählter elektronischer Musik. Sein primäres Anliegen ist, so scheint es, nicht ausschliesslich der Club-Bezug. Ihm geht es vielmehr um das Mitnehmen des Hörers auf eine musikalische Reise durch vielgestaltige Klangwelten. So trifft jazz-beeinflusste Avantgarde-Elektronika der Gruppe Tuxedomoon (“The Waltz”) auf die TB-303-Spielereien von Juju & Jordash (“Jazzy Trance”), gleitet man durch den zart flirrender Detroit-Techno eines Jeff Mills (“5 Questions For Any Star”), schwebt auf den Synthesizerflächen eines Anton Zap (“Bye”), treibt auf dessen deepem Groove, um schliesslich mit den stilübergreifenden Soundstrukturen der Sofa Surfers aus Dub, Soul und Jazz (“If It Were Not For You”) zu enden. Und hierbei bewahrheitet sich wieder: Jazz is the teacher!

1. Hallo Julian, stell Dich doch bitte einmal selbst kurz vor.

Hallo, ich heiße Julian und komme aus der kleinen Stadt Dieburg, die in der Nähe von Darmstadt liegt. Mein sehr guter Freund Gregory und ich produzieren seit einigen Jahren Musik, die wir unter dem Namen „immer.Chic“ veröffentlichen. Als Dj (jjulian) lege ich in unregelmäßigen Abständen in Clubs und Bars in der Gegend auf. MidnightOpera ist das Pseudonym, das ich verwende, wenn ich versuche atmosphärisch sehr dichte Mixe und Musikstücke zu kreieren, die dann ihre größte Wirkkraft in der frühen Nacht entfalten.

2. Was war Deine musikalische Initialzündung?

Schwer zu sagen, aber ich denke, dass meine Eltern und meine beiden älteren Geschwister einen nicht unwesentlich Anteil daran haben. Die Erinnerungen an meine frühe Kindheit sind untrennbar mit Musik verbunden. Sei es die klassische Musik meiner Eltern, die abends und am Wochenende durchs Haus dröhnte, das Klavier im Keller, was einen enormen Reiz auf mich ausübte oder die ungezählten Stunden, die ich als kleiner Junge im Zimmer meines großen Bruders mit Musikhören verbracht habe. Auf jeden Fall nahm Musik schon immer einen wichtigen Teil meines Lebens ein, so dass es mir im Nachhinein schwer fällt, einen entscheidenden Moment zu benennen.

3. Welches bzw. wer sind Deine größten musikalischen Einflüsse?

In den Zeiten ohne Internet war das Radio für mich eine ständige Inspirationsquelle. Entscheidende Bedeutung messe ich der Sendung des Hessischen Rundfunks „Der Ball ist Rund“ zu, die mich seit meiner Kindheit bis ins Erwachsenenalter musikalisch begleitet und geleitet hat. Leider wurde sie Ende 2008 eingestellt. „Der Ball ist Rund“ war eine Autorensendung, die von Klaus Walter gestaltet und moderiert wurde. Dabei agierte er frei von Airplay-Zwängen, manchmal thematisch stringent, manchmal chaotisch und brachte mir vieles näher, was für mich immer noch von immenser Bedeutung ist. In der stilistischen Vielfalt der Sendungen lernte ich unter vielen anderem Curd Duca, Rhyhthm & Sound oder Plastikman kennen.

Ab ca. 2004-2005 fand ich eine zusätzliche Inspirationsqueel in Thomas Meinecke und seiner Zündfunk-Nachtmix-Sendung auf Br2, die mir vor allem im Bereich der afro-amerikanischen Musik (insbesondere House und Hip Hop) einen gehörigen Schub gab.
Ein entscheidender Lerneffekt bei diesen Sendungen war für mich zu sehen, dass es möglich ist, Musikstücke thematisch zu verknüpfen, die oberflächlich gesehen nichts miteinander zutun hatten.
Filmmusik hat in den letzten Jahren einen enormen Einfluss auf mich genommen, was auf eine wachsende Leidenschaft für Film zurückzuführen ist. Als Vorbild sehe ich Angelo Badalamenti in Kombination mit David Lynch an. Von der Intensivität der Bilder, als auch der Musik bin ich genauso beeindruckt, wie auch von der perfekten Abstimmung dieser Elemente aufeinander.
Es gibt noch viele andere Aspekte, die mich musikalisch geprägt haben in meinem näheren Umfeld, aber das wäre vermutlich zu Umfangreich, diese alle hier aufzuzählen.

4. Wie würdest Du Deinen eigenen Stil beschreiben?

Ich versuche mich musikalisch in viele Richtungen zu bilden. Das ist der Angst geschuldet, dass man sich in eine Sackgasse begibt und am Punkt, an dem man nicht mehr weiterkommt, das Interesse an Musik teilweise oder ganz verliert. Ich denke, dass viele Musiknerds zu sehr in ihren favorisierten Mikrokosmos eintauchen, ohne zu merken, dass sie sich einen Radikalismus aneignen, bei dem ein offener Umgang mit anderen musikalischen Ansätzen kaum noch möglich ist.

Außerhalb des Clubkontextes konzentriere ich mich auf Stimmungen, die ich versuche in Mixen oder in Musikstücken umzusetzen. Dabei kann jeder Sound, jeder Film, jedes Buch oder jedes kleine Erlebnis eine Inspiration sein. Für mich gibt es nichts, von dem ich behaupten würde, dass eine musikalische Umsetzung nicht lohnt. No Sound is to taboo! Also mit einem Wort: variabel

5. Produzierst Du auch eigene Tracks? Wenn ja: womit?

Wir haben ein sehr minimalistisches, kleines Studio, was hauptsächlich aus 5 Synthesizern einem Mischpult, einem Mikrophon, 2 Plattenspielern und einem alten aber auf Musik optimierten Pc besteht. Gregory und ich produzieren seit 9 Jahren mit einer Version von Cubase VST. Leider sind wir nicht sehr Technik-affin und haben uns auch deshalb bisher immer ein bisschen vor einer Umstellung auf andere, neuere Programme gescheut. Cubase Vst beherrscht nur die grundsätzlichen Funktionen und ist aus heutiger Sicht geradezu lachhaft einfach aufgebaut und trotzdem recht umständlich zu bedienen. Allerdings sind diese Einschränkungen vielleicht auch wieder kreativitätsfördernd (das bilde ich mir zumindest gerne ein). Am liebsten arbeite ich soviel wie möglich ohne Computer, wobei ich die Möglichkeiten der Soundbearbeitung schon sehr schätzen gelernt habe und diese auch nicht mehr missen will.

6. Pläne für Deine musikalische Zukunft?

Immer weiter Musik entdecken, produzieren und mixen. Ich kann mir vieles vorstellen. Filme zu vertonen reizt mich sehr stark.

Als nächstes steht ein immer.Chic-release für das belgische Meakusma-Label an, was wir gerade fertig produzieren. Außerdem ist das Workshop-Label von Even-Tuell & Lowtec so etwas wie eine angestrebte Heimat.

Tracklist:

01 Tuxedomoon – The Waltz [Cramboy]
02 The Modern Deep Left Quartet – Babyfoot [Wagon Repair]
03 Juju & Jordash – Jazzy Trance [Dekmantel]
04 Kenny Larkin – Nightfall [Peacefrog Records]
05 Agoria – Kick The Peace [Different]
06 In Sync – Warm [Irdial Discs]
07 Nukubus – Skylark (Louis Guilliaume’s New Tommorow Mix) [Vonk]
08 Jeff Mills – 5 Questions For Any Star [Axis]
09 Kai Kroker – Tailwind [Red Ember Records]
10 Seidensticker – Ersetzung [Out To Lunch]
11 Matias Aguayo – Lineas [Soul Jazz Records]
12 Anton Zap – Bye [Underground Quality]
13 Claude Young – Distant Signal [Elypsia]
14 Darkkhaki and Sweet RB – Hydrophonic Govt. War [frequeNC]
15 Reagenz – Confidence [Workshop]
16 Sofa Surfers – If It Were Not For You [Klein Records]

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