Endlich wieder einmal eine 12″ als Thema. Wurde auch höchste Zeit! Habe ich an dieser Stelle den Tod von Soulful House mindestens genauso oft beklagt wie gleichzeitig seine Auferstehung, Neu- oder Wiedergeburt gefeiert, kann und darf ich (rückblickend und vorerst) zu dem Schluss kommen: auf der Strecke geblieben sind in Sachen Soulful House vornehmlich bekannte Namen, mit denen man einen ganz bestimmten Sound verbindet. Haben diese Produzenten in den 90ern und zu Beginn des neuen Jahrtausends wahrhaft Grosses geleistet, Platten von bleibendem, zeitüberdauerndem Wert veröffentlicht, enttäuschen sie (mittlerweile) nur noch und gehen ihm Selbstzitat ihres Ruhmes, ihrer Werke unter.
Den Soul, den Charakter, findet man abseits der grossen, längst breitgetretener Pfade. Es sind Label wie beispielsweise Ferrispark Recordings, die den Nährboden bieten für Platten, deren Musik ein sehr eigenwilliges und eigenständiges, dafür umso eindrücklicheres Bild von “Soulful House” zeichnet. Und genau auf diesem, Ferrispark Recordings, erschien vor nicht allzu langer Zeit “The Letter EP” von Marvin Belton (und Scott Ferguson, als Produzent im Hintergrund).
“Bleed To Be Free” war 2002 seine Aufsehen erregende Debüt-12″. Damals erfuhren dieser Künstler und sein Werk jedoch nicht die Beachtung, die man ihm eigentlich zukommen lassen müsste (und muss), denn “Bleed To Be Free” ist eine einfache, melancholische, fast schon zu Tränen rührende House-Ballade.
Nicht weniger huldigt Marvin Belton diesem romantischen Moment in der House-Musik auch in seinem jüngsten Werk, der “The Letter EP“. “Any Day Now (Elektro Mix)” tritt ein reiches Assoziationserbe an, denn dieser Titel ruft unweigerlich Erinnerungen wach an Burt Bacharachs gleichnamigen Song “Any Day Now“.
Anyway. Marvin Belton besticht hier mit seinen minimalistischen Drumpattern, deren analoger Kickdrum-Sound deutlich erkennbar die Handschrift Scott Fergusons trägt. Die Kicks übernehmen unmittelbar eine Schrittmacherfunktion und gewinnen die Herrschaftsmacht über den Herzschlag (genauso exakt ist im übrigen auch die metronomische Periodizität bei Burt Bacharachs Song). Im starken Kontrast dazu die weichgezeichnete Stimme Marvin Beltons, die auf vertraute Weise nachdenklich, fast schwermütig und schwebend leicht zugleich sich über das Beatkonstrukt legt. Ist bereits “Any Day Now (Elektro Mix)” die 12″ wert, ist “The Light” mehr als nur eine blosse Zugabe. Ob frühe 90er-Jahre, hier und jetzt oder in einem Jahrzehnt, “The Light” ist einer dieser Songs, die mich innehalten, aufhorchen und die Frage aufwerfen lassen, wer diesen Track wann produziert hat. Kantiger Soul, schroffer Funk, und eine tief empfundene Herzlichkeit ausstrahlend. Keep-It-Deep likes this!
English (short) version: Keep-It-Deep likes Scott Ferguson, Ferrispark Recordings and Marvin Belton. This is not only a senseless phrase as I always was and still am an admirer of Scott Fergusons precisely timed, raw hearbeat like analogue beats accompanied either by weet-as-candy floss vocals or smooth-as-silk synth pads. On “The Letter EP” you’ll find Marvin Belton on singing duties with his softly-dramatic, honey-warm voice. Soulful house is dead? Long live soulful house!
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