Endless Flight, das Tochterlabel des Mule-Imperiums, schickt einen seit geraumer Zeit mit seinen “I’m Starting To Feel Okay“-Compilations auf hypnotische Flüge durch kosmische Diskowelten und Sternenhaufen. Diese setzen sich zusammen aus sich verdichtenden Partikeln aus Kraut- und Prog-Rock, Mutanten-Funk und Synthie-Pop, über denen wie ein Lichtschleier House- und Electronica-Anleihen liegen.
Flug Nr. 4 startete in diesem August zu seiner Reise durch im weitesten Sinne discoide Soundlandschaften von Eddie C oder Runaway. Dabei wurden auch acide Gefilde von KiNK & Neville Watson gestreift sowie den House-Electronica-World Music-Hyaden eines Kuniyuki, Henrik Schwarz oder Culoe De Song ein Besuch abgestattet. Die Anspiel-Destinationen wählte Mule-Gründer Toshiya Kawasaki aus, wohingegen KZA für die technische Umsetzung verantwortlich war. Nur wenig Neues enthielt diese Compilation. Doch unter den wenigen Neuheiten befand sich “Le Troublant Acid“, das der bereits erwähnte KZA beigesteuert hatte. Schon zur Zeit der Veröffentlichung der Compilation entfachte dieser Track eine unheimlich energetische Wirkung, die der von Sonnenwinden durchaus gleichkam und die bis heute nicht nachgelassen hat. So war es durchaus absehbar, dass ein Vinyl-Release dieses Tracks nachfolgen musste.
Dieser Tage war es endlich soweit. KZA, der zur Zeit an einem neuen Album für sein Force Of Nature-Projekt arbeitet, schliesst das Veröffentlichungsjahr auf Endless Flight mit der 12″ “Le Troublant Acid” ab. Das Ausgangsmaterial für den Titeltrack lieferte dabei der französische Film- und Theaterschauspieler Jean-Pierre Castaldi. Dieser hat sich in den späten Siebziger und Achtziger Jahren sich auch als Musiker / Sänger versucht, allerdings nur für kurze Zeit und ohne allzu grossen Erfolg. Unter dem Pseudonym Paul Martin hat er es zwar zu der einen oder anderen Veröffentlichung geschafft, die über einem Insiderkreis hinaus wohl kaum jemandem bekannt sein dürften. “Le troublant témoignage de Paul Martin” ist einer der Songs, der in dieser Zeit geschrieben wurde (anhören). Und dieser stellt, wie bereits geschrieben, die Grundlage für den Titeltrack.
Hier münden sphärische Streicherklänge in einen herrlichen 303-Lauf ein. Dieser setzt das Thema des Originals in Musik um. Es ist die Erzählung eines einsamen, sehnsuchtsverlorenen Junggesellen, der seine Traumfrau in jeder Nacht zur selben Zeit am selben Ort trifft. Werden in der Erzählung die Grenzen zwischen Traum und Wirklichkeit verwischt, so lässt auch KZA die durchweg harsche Acid-Synthline mit dem fragilen und hauchenden Gesang verschmelzen, der ein Weinen und zugleich ein Lachen auszulösen im Stande ist. Sahniger, fluffiger Schwebesound. Zum verlieren und sich verlieben. Ein Traum.
“Mechanique” auf der B-Seite beinhaltet im Vergleich zum Titeltrack weitaus weniger melancholische Nachtgedanken. Krautig rockig erscheinen hierauf die Bassläufe, die Kopfnote erinnert an Synthie- und Elektro-Pop in den Achtziger Jahren. Stoisch groovende, harte Rhythmen, im Kontrast dazu weichgezeichnetes, melodisches Material, das die rhythmische Sinneinheit jedoch keineswegs verwässert. Die unwiderstehlich kraftvolle Herznote wird bestimmt durch flotte Uptempo-Beats, die einen sofort in den Track einsteigen lassen. Brillianter Jahresausklang!
English (short) version: KZA with the last release for Mule / Endless Flight in 2010 finishes off a year with an over average yield for the Japanese label imperium. “Le Troublant Acid” is a melodic track based on a French pop song. Ear catcher! On the flip, you’ll find a more floor-oriented tune with stoic rhythms that come along with soft spun sound / instrumental textures. Dope!
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KZA @ Beats In Space Radio Show # 538
KZA @ Beats In Space Radio Show # 477