Friedrich Trede ist gebürtiger Freiburger, Stephan Braun ein echtes Münchner Kindl. Zusammen sind sie Rhode & Brown und legen am Samstag im White Rabbit Club auf. Ein Gespräch über ihre liebste Zeit beim Auflegen, Spontaneität im Club und das Erbe Münchens als Disco-Hochburg.
Gar nicht so leicht, Friedrich zu erreichen. Der Anfangzwanziger, gebürtiger Freiburger, ist Student und macht gerade ein Praktikum bei einer Veranstaltungsagentur. Nach Feierabend geht’s für ihn meistens ins Studio und zum Auflegen. Und dann ist da noch der Fußball. Das Champions League-Achtelfinale FC Bayern München gegen Schachtar Donezk zieht er einem Interview vor. Schließlich klappt es doch.
Ihr seid beide Anfang 20. Heute sind alle Disc Jockeys. Warum ihr auch?
Friedrich: Stephan und ich haben vor rund sechs Jahren angefangen aufzulegen. Damals gingen wir auch zum ersten Mal in die Clubs. Uns hat die Technik fasziniert, wie Disc Jockeys mit Schallplatten und dem Mischpult umgehen. Die Platten, die uns im Club gefallen haben, haben wir in den darauffolgenden Wochen gekauft und zunächst nur zuhause gehört. Als Disc Jockeys haben wir uns allerdings erst viel später an die Öffentlichkeit getraut. Weder Stephan noch ich wollten 08/15-Sets spielen.
Wie sieht denn ein typisches Rhode & Brown-Set aus?
Das gibt es nicht. Wir legen ja viel Vinyl auf. Deshalb müssen wir uns immer überlegen, welche Stücke wir im Club spielen wollen und mit welchen Stücken wir die Gäste auf der Tanzfläche halten können. Je nachdem, in welchen Club wir gebucht werden und zu welcher Zeit wir auflegen, können unsere Sets mal experimenteller, mal discoider, mal technoider klingen. Trotzdem versuchen wir, mit unserer Plattenauswahl breit aufgestellt zu sein, um spontan auf Stimmungen im Club reagieren zu können.
Über wieviel Spontaneität verfügt ihr trotz beschränkter Plattenauswahl?
Ich denke, unser musikalischer Geschmack ist vielseitig und wir interessieren uns für die unterschiedlichsten Genre. Auch wenn man uns eher als House-Disc Jockeys wahrnimmt, haben Stephan und ich Steckenpferde und Nischen, in denen wir uns als Plattensammler ausleben. Zum Beispiel Disco und Ambient. Zudem gehen wir ganz bewusst an unsere Sets heran. Wir überlegen uns, ob die Nacht eher sanft oder eher wild wird und in welche Richtung wir die Party treiben wollen.
Was ist eure liebste Zeit zum Auflegen?
Wir mögen es beide, eine Clubnacht zu eröffnen und lange Sets zu spielen. So machen wir es ja auch auf unseren Partys im Club Kong. Das gibt einem die Möglilchkeit, eine Party auch musikalisch zu gestalten. In den ersten Stunden kann man sich ausprobieren und mit unterschiedlichen Genre und Stimmungen spielen.
Zur Peaktime ist der Disc Jockey ja eher ein Dienstleister, der den Laden voll machen muss. Doch auch das ist kein Problem für uns. Wir haben immer Stücke dabei, mit denen wir’s krachen lassen können. Eine Herausforderung für uns ist allerdings immer noch, in Zwei-Stunden-Slots reingepresst zu werden. Da hat man nur wenig Freiraum und muss abliefern – so jedenfalls ist die Erwartungshaltung vieler Clubgänger. Wir versuchen da allerdings, ebenfalls mit den Stimmungen zu spielen, hoch und runter auf der Dramaturgieskala.
Seit bald drei Jahren haben Friedrich und Stephan eine Residency im Münchner Club Kong. Dort spielen sie alleine oder zusammen mit Gastmusikern vom Format eines Max Graef.
Wie habt ihr eigentlich zueinander gefunden?
Wir haben uns vor etwa fünf Jahren kennen gelernt. Ich habe zwar mit Vinyl aufgelegt, wollte aber mein Setup um einen CD-Spieler erweitern. Ein gemeinsamer Freund hat uns dann vermittelt, da Stephan einen CDJ verkaufen wollte. Wir haben uns getroffen, um den Deal perfekt zu machen. Ich habe Stephan blind vertraut und habe erst zuhause gemerkt, dass er mir einen anderen Spieler als den ausgeschriebenen übergeben hatte. Ich rief ihn an, war ziemlich sauer, der Rest ist Geschichte.
Und zwar?
Wir haben schnell festgestellt, dass wir musikalisch auf einer Wellenlänge lagen. Wir haben uns zusammen getan und haben uns entschieden an einer Battle-Serie für Disc Jockeys, der Wipe Out, teilzunehmen. Die haben wir im Dezember 2010 auch für uns entscheiden können. Damals spielten wir allerdings einen etwas knarzigeren Techno- und Elektrosound und nannten uns Luquex & Brown.
2012 habt ihr eure erste EP veröffentlicht. Um welche Erfahrungen seid ihr heute als Produzenten reifer?
Wir haben uns musikalisch weiter entwickelt. Wir sind tief vorgedrungen in die Geschichte der House- und Disco-Musik. Uns fasziniert dabei vor allem die rohe und trotzdem gefühlvolle Stimmung, die viele der damaligen Produktionen haben. Die Schönheit des Rohen, Spontanen, möchten wir auch mit unserer Musik vermitteln.
Wir haben uns aber auch technisch weiter entwickelt. Wir sind beide routinierter geworden. Dadurch gehen wir viel entspannter an einen Track heran. Wir lassen’s im Studio einfach laufen. Zudem haben wir uns eine MPC gekauft. Wir wollen weg von der reinen Bildschirmarbeit und auch in Zukunft mehr mit Geräten arbeiten.
Wie geht ihr an die Produktion eines Stückes ran?
Wir legen los und probieren ganz viel aus. Wir arbeiten oft nach dem Prinzip “Trial & Error”. Doch gerade diese kleinen Fehler bringen uns weiter. Sie machen die Stücke interessanter. Brüche und Verschiebungen hauchen einem Track Leben ein. Wenn wir mit der MPC arbeiten, bilden Samples den Grundbaustein für Tracks. Mit diesen zu arbeiten, um sie herum etwas aufzubauen, hat Jam-Charakter.
Wie beeinflusst euch denn das musikalische Erbe Münchens als Disco-Hochburg?
Ich denke, dass alles, was heute passiert, nicht möglich ist ohne die Vergangenheit. Kein House ohne Disco. Allerdings ist München nicht auf dieses ‘Munich Disco’-Ding festgefahren. Anders, als das mit Berlin und Techno der Fall ist. In München passiert so viel, auch gleichzeitig. Da ist kein Sound so dominant. München ist sehr entspannt.
Und die Frühphase der House-Musik?
Viele Produzenten beziehen sich ja auf die Achtziger und Neunziger. Wir nehmen uns davon nicht aus. Damals müssen die Stücke eines Mark Kinchen, Kerri Chandler oder der Masters At Work im Club richtig krass geklungen haben. Das tun sie ja immer noch. Manchmal denke ich schade, wir haben uns in 20 Jahren House nicht wirklich weiter entwickelt. Dann aber entdecke ich wieder eine Platte, alt oder neu, die frisch klingt. Die mit Sounds und Effekten spielt. Und das fasziniert mich.
FREIBURG | Rhode & Brown, Niklas Wille, Jonas Klingberg | White Rabbit | Samstag, 14. März 2015 23 Uhr
Weiterführende Links:
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BR Radio Pulse: Guest Mix & Interview w/ Rhode & Brown#
[Dieser Beitrag erscheint auch im Freiburger Onlinemagazin fudder.de]