Das britische Label Third Ear, gegründet um die Jahrtausendwende von Guy McCreery, einem promovierten Anthropologen, hat sich in den Anfangsjahren seines Bestehens vor allem einen Namen mit der Veröffentlichung von Musik aus den Händen Detroiter Produzenten gemacht. Norm Talley, Delano Smith, Mike “Agent X” Clark, die alle sind im Labelkatalog vertreten. Stichwort: Beatdown. Zudem hatten darauf Platz: Der Techno einer Kelli Hand und eines Fabrice Ligny, der hier sein Soul Designer-Album “Evolutionism” aufgelegt hat. Aber auch der junge Londoner Produzent Wbeeza fand mit Third Ear seinen Heimathafen. Sechs EPs und ein Album – das spricht für ihn als konstanten Elektronikmusiker genauso wie für McCreery, der Künstler an der Hand nimmt, sie führt und sich entfalten lässt.
Dabei soll es nicht bleiben. Mit Lincoln Prevost alias El Prevost, Luis Fidalgo Sequiera alias B. Riddim und nun Julian Neumann öffnet sich Third Ear der faszinierenden Welt synkopierter Rhythmen. Spielt man deren Tracks an, erscheint auf der einen Seite die Musik von Artful Dodger, MJ Cole oder Wookie, auf der anderen Seite der Sound eines Kode 9, Scuba oder den Digital Mystikz als Referenzpunkt, doch genauso schimmert am Horizont der Techno von UK-Produzenten wie Shifted, Szare oder Sigha durch. Das allerdings ohne unmittelbar kontextuellen Bezug. Denn gerade die vier Stücke von Julian Neumann sind frisch wie die Luft nach einem Sommergewitter.
Neumann, der von Berlin aus zusammen mit George Fitzgerald und Nikhil Shah das Label Man Make Music betreibt, erfreut nämlich mit einer EP, die das Thema Bassmusik dramaturgisch spannend gestaltet. Bereits bei “Involved” lässt einen die Rhythmus-Klangraum-Struktur aus Ehrfurcht vor der Bassstärke staunen. Der Track beginnt düster, nimmt sofort Geschwindigkeit auf, die Kickdrums bewegen sich fliessend-jackend, werden jedoch lange Zeit nicht von der Leine gelassen – bis sie nach dem Breakdown losstürmen und im Zusammenspiel mit Streicherklängen für grosszügige Euphorieschauer sorgen. Euphorie lautet auch das Stichwort für “Being F“, mit dessen kräftigen, körperbetonten Garage-Charakter Julian Neumann von Anfang an punktet. Von einer leicht schleppenden, synkopischen Rhythmik verabschiedet sich der Berliner Produzent mit “Will Be“. Dieser Track stürmt mit voller Muskelkraft nach vorne, bewegt sich aber trotzdem immer noch im aeroben Bereich. Lockeres Auslaufen ist dagegen im Titeltrack “The Realist” angesagt – für mich als Entschleunigungsfetischist einer der Standout-Momente auf dieser EP. Oder anders formuliert: Neumann begeistert mit hartem Kickdrum-Loop, treibenden, aber entspannten Synth Stabs, einem Breakdown, in dem der Track sein Orgasmuspotenzial ganz langsam aufbaut. Das ist unzensierte Erotik!
ENGLISH SHORT VERSION
Julian Neumann delivers a bass-heavy hybrid for all you jackers, steppers and house lovers. If you want to give your crowd multiple orgasms, tease and stimulate the dancers with this EP!
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