Seit Anfang Mai hat Freiburg einen Passwort-Club: die Flimmerkiste. Zutritt nur mit der richtigen Parole. Heute Abend spielt dort Die Wiese im Garten aus Weimar ein Live-Set. Ausnahmsweise wird das Passwort heute Abend nicht verlangt:
“Superunke”, “Fettwanzenblues”, “Luise und die Strandpiraten”: Die Werktitel des Weimarer Elektronikmusikers DWIG, kurz für Die Wiese im Garten, lesen sich wie Ausschnitte aus Astrid Lindgrens Kinderbücher oder den phantastischen Erzählungen eines E.T.A. Hoffmann entnommen.
Die Worte werden sprachmalerisch lebendig, kaum dass man sie ausgesprochen hat. Sie klingen mal wirr und düster, mal kitschig und poppig und verselbständigen sich zu flüchtigen Geschichten. Dauer: Ein Atemzug.
Sie beschreiben eine Roman-Wirklichkeit, eine Parallelwelt, einen Fluchtort aus – oder vor – der Realität. Sie erzählen von verborgenen, vergessenen und verwunschenen Seiten des Lebens, von Superunken eben oder einem pinken Elefanten. Ganz so sollte auch ein Club sein. Ein Ort, den es nur für die Dauer einer Nacht gibt; ein Ort, an dem alles bleibt, was dort passiert.
Dem pinken Elefanten hat der Weimarer Produzent, der sich am liebsten hinter seinem sperrigen Pseudonym versteckt, im Frühjahr 2013 ein Album gewidmet. “Forget The Pink Elephant” heißt dies. Erschienen ist es auf dem Weimarer Plattenlabel Giegling, 2009 von den Disc Jockeys Konstantin und Dustin gegründet, die ihrerseits auch aus der thüringischen Klassikstadt kommen.
DWIGs Musik, die er im Club bevorzugt als Live-Set spielt, bewegt sich im Grenzbereich von House und Techno. Auf seinen Veröffentlichungen findet sich schluffiger House. Geradlinige Drums, aufgeräumter Groove, höchstens ein, zwei Instrumentalspuren, auf das Wesentliche reduziert, Weimarer Bauhaus-Stil eben.
Dann wieder begegnen einem Elektronik-Spielereien, zerschnippelte Jazz-Samples, Klavierakkorde, die über Bassdrums stolpern, ein Knistern und ein Rauschen. Sounds, wie sie der Kanadier Marc Leclair (Akufen) vom Schlafzimmer auf die Kunstmessen- und Techno-Festivalbühnen gebracht hat.
Wenn DWIG heute Abend in der Flimmerkiste spielt, stehen ihm Don Kanalie und Martin van Morgen zur Seite. Bleibt nur noch die Frage nach dem Passwort. Auch wenn es heute Abend nicht verlangt wird: Anselmus, ein junger Student und Hauptfigur in E.T.A. Hoffmanns Erzählung “Der Goldene Topf”, kommt in Kontakt mit der fantastischen Welt, während er eines Abends am Elbufer in Dresden sitzt. Vielleicht reicht heute Abend aus, am Dreisamufer zu sitzen, und schon bekommt man’s zugesteckt. Von einer Superunke vielleicht, oder einem pinken Elefanten.
Weiterführende Informationen:
Terra Incognita w/ Die Wiese im Garten (Giegling, Weimar), Martin van Morgen, Don Kanalie, Freitag, 23. Mai 2014, 23 Uhr, Flimmerkiste.
Weiterführende Links:
Soundcloud: Dwig
Facebook: Dwig
Webseite: Giegling
[Dieser Beitrag erscheint auch im Freiburger Onlinemagazin fudder.de]