Ernie – Black Noise

Wochenende. Samstag. Netzwerkpflege. Facebook-Zeit. Hätte ich – im Nachhinein betrachtet – für andere Dinge verwenden sollen. Denn mit einem feinen Neidglanz in den Augen lese ich die Statusmitteilungen einiger Freunde und Bekannte, die sich zur Zeit in Barcelona aufhalten. Dieser Tage findet dort – ihr werdet es wissen – das Sonar Festival statt. Dieses ist aufgrund des vielfältigen musikalischen Angebots definitiv ein Besuch wert. Das Programm sollte man, als Zuhausebleibender, gar nicht erst durchlesen. Ein Showcase mit Benji B, Pearson Sound / Ramadanman, und dergleichen sowie das Angebot der Red Bull Music Academy im SonarDôme – awesome! Doch auch die Label-Showcases im Wirkbereich der Veranstaltung üben eine unheimliche Anziehungskraft auf mich aus, nicht zuletzt die Pampa Records vs. Innervisions-Nacht. Und wieder einmal sage ich zu mir selbst: nächstes Jahr.

Wenn ich schon nicht dabei sein kann, dann möchte ich zumindest (House) Musik aus Spanien zu meiner tortilla de patatas con chorizo und dem Glas gut gekühlter cerveza geniessen. Doch Vorsicht: der Produzent, Ernie, stammt zwar aus Spanien. Der (Gründungs-)Sitz des Labels bliq liegt auf der britannischen Insel, und vertrieben wird das Vinyl über Diamonds and Pearls aus Berlin. Klassisches EU-Produkt also. Und Ernies Herz mag in Sachen Fussball zwar für Spanien schlagen, doch abseits des Rasenplatzes bestimmen die Tempo- und Rhythmusvorgaben der vielen, in Übersee stationierten Klangfabriken die Taktfrequenz. Nach geographischer Herkunft und liturgischer Ausrichtung also ganz schön bunt, das Endprodukt.

Nach einer dieser Fabrikhochburgen, Detroit, ist auch ein Track auf der Black Noise EP benannt, “Burning Detroit“. Ernie eröffnet ihn mit warmen Synth-Klängen. Sie vermitteln ein Stimmungsbild voller warmer, weicher Farben, wie man sie von den Fender Rhodes-Instrumenten her kennt. Geradlinig und klassisch im 4/4 erscheinen die Kickdrums, die Bassline unterstützt sie mit stoischer Gelassenheit. Allerdings tue ich mir in letzter Zeit etwas schwer mit Stimmfragmenten, die aus Radio-, Fernsehsendungen oder Filmen herausgeschnitten wurden, gesellschaftliche Missstände, Bandenkriege und Kriminalität in US-amerikanischen Städte thematisieren – und diese sind nicht Teil der Produzentenbiographie. Zu “Burning Detroit” liefert Produzenten-Buddy Ordell einen Remix ab, in dem er sich ganz auf den Groove konzentriert.

bliq03 by bliq

Meine beiden Favoriten auf dieser 12″ heissen “La Possee” und “Terra Nostra“. Denn hier tritt Ernie rauher, rotziger auf. Schon ist der Einlull-Faktor nicht ganz so hoch. Insbesondere auf “Terra Nostra” zeigt sich sehr schön, wie wichtig ein tief ausgehobenes (Bass-)Fundament für einen (House) Track ist. Die Schroffheit kontrastieren ätherisch leichtflüchtige Synthesizer-Flächen, die einen in weite Fernen entrücken. Good one!

English (short) version: classic house music from Minuendo Records heat Ernie, focused on a low-slung groove and subtle percussion with influences from “Tha D”.

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