Auch im neuen Jahr wird die Guest Mix-Reihe fortgesetzt. Für den ersten konnte ich den Dortmunder DJ und Produzenten Mathias Schmitt gewinnen, der im vergangenen Jahr mit seiner ersten 12″ auf DJ Red D’s Label We Play House Recordings, Shelter EP, debütierte und dabei ein erstes Ausrufezeichen setzen konnte. Wer er ist, was ihn umtreibt und bewegt, erfahrt ihr mit den folgenden Zeilen. Ach ja, und noch ein Wort zum Mix: done in a rush, vinyl only, and no editing. We like it raw at keep-it-deep!
1.Hallo Mathias, stell dich doch bitte einmal selbst vor
Ich heiße mit bürgerlichen Namen Mathias Schmitt, bin 1978 geboren und wohne derzeit in Dortmund. Es gibt zwei Sachen, die in meinem Leben eine große Bedeutung haben: Musik und Fotografie, ich bin Fotograf. Musik war aber zuerst da…
2. Was war deine musikalische Initialzündung?
Musik war für mich schon immer elementar. Von der Kindheit mal abgesehen hatte ich, was Musik angeht, eine bunte Pubertät. Ich habe z.B. ein Jahr lang nur Bob Marley gehört. Und habe auch sonst alle musikalischen Strömungen mitsamt subkulturellen Eigenschaften „ausprobiert“, wie das so ist, wenn man auf der Suche nach dem eigenen Ich ist. Ich hab Punk probiert, Independent, HipHop, Grunge und so weiter. Man kann sagen, mit allem was dazu gehört, also Kleidungscodex etc.
Irgendwann bin ich auf ein Radioformat gestoßen, auf EinsLive. Die Sendung hieß Treibhaus, wo Steffen Irlinger und Ingo Sänger Deephouse präsentiert haben. Zeitgleich gab es auch Steve Mason auf BFBS, was ich natürlich auch gehört habe. Als ich das erste mal Deephouse, oder besser gesagt, EinsLive Treibhaus gehört habe, hörte ich Töne, die in mir etwas hervorgerufen haben, oder eine Art Sehnsucht geweckt haben. Dieser Sound gab mir Wärme. Das war so um 1997. Bis heute hat sich dieses Gefühl nicht verändert, es ist eine Art Liebe entstanden, ein innerer Trieb.
Klar höre ich auch Techno, Worldmusic, Jazz in allen Spielarten – ich bin was das Genre angeht nicht gescheut, über den Tellerrand zu schauen, das ist mir ganz wichtig. Wie blöd wäre das, wenn man sich selbst einschränkt, nur weil eine Musik nicht in die eigene Subkultur passt oder man sich nicht mit der subkulturellen Strömung identifizieren kann?! In der Pubertät ist das noch wichtig, heute nicht mehr.
Vor 4 Jahren z.B. habe ich auch Minimal-Platten gekauft und aufgelegt, ich mochte diesen Mathematiker Sound. Wäre ich damals mit Deephouse um die Ecke gekommen, hätte überhaupt nichts funktioniert. Dank der musikalischen Entwicklungen hat der „gemeine“ Musikkonsument eine Sensibilität für Flächen, Harmonien und Chords entwickelt, das gibt mir ne Menge. Ich sehe mich nicht als Dienstleister wenn ich hinterm DJ Pult stehe. Musik ist was sehr persönliches und intimes, da wäre es einfach nur bescheuert, die gleichen Platten zu spielen, die alle spielen, nur um für Gefälligkeit zu sorgen. So wie von mir erwartet wird, ein gutes Set hinzulegen, erwarte ich von den Leuten, das sie ihre Ohren aufmachen und sich nicht selber einschränken und sich Lieder wünschen, die sie eh jedes Wochenende hören…
Heute ist das so, dass ich Platten spiele, die 10 Jahre und älter sind, und die stehen aktuellen Produktionen in nichts nach, wie denn auch?! Es war nie mein Vorhaben oder erklärtes Ziel, DJ oder Produzent zu werden. Die Begeisterung für Musik hat mich dazu getrieben. In meinem Umfeld gab es immer DJs, das war für mich nichts Besonderes. Angefangen aufzulegen habe ich ca. 2002, bis heute habe ich keine eigenen 1210er, das mixen habe ich quasi im Club gelernt, oder bei Tape-Sessions zuhause bei Freunden. Bei mir steht n alter riehmengetriebener Grundig-Plattenspieler. Ich lege ausschließlich Vinyl auf, vielleicht 5 CDs am Abend. Eine Schallplatte ist mir unheimlich wichtig. Wenn ich irgendwo einen Gig habe, setze ich mich zwei Tage vorher hin und selektiere Sound, der dann noch mal aussortiert wird. Wenn ich die Selektion mache, höre ich mir jede verdammte Platte an, bevor sie in der Tasche landet, ganz gleich ob ich die schon 50-mal gespielt habe oder nicht. So weiß ich auf jeden Fall immer, was ich dabei habe und womit ich arbeiten muss… Das ist manchmal anstrengend, auch der Transport, aber das ist nun mal so. Wenn ich darauf keine Lust hätte, könnt ich mir ja auch Final Scratch kaufen. Aber das ist eh so eine Sache, das muss jeder mit sich selber ausmachen. Ob ich nun Platten, FS oder sonst was auflege, wichtig ist der Sound.
3. Welches bzw. wer sind deine größten musikalischen Einflüsse?
Siehe Antwort 2, aber da gehört ne Menge zu: Sade, Azymuth, NOFX, Spermbirds, L7, …, so viel. Bevor ich das alles abschreibe, schau einfach bei MySpace, das ist schon ernst gemeint…
4. Wie würdest du deinen eigenen stil beschreiben?
Das ist so ne Sache. Ich kann mich selber als DJ schlecht einschätzen. Ich weiß was ich mache und was ich kann. Tänzer oder Zuhörer beurteilen das meist noch ganz anders.
Ich würde sagen, es ist sehr pianolastig, Chords und Flächen sind ständig zu hören. Ich mag warmen Sound, und möchte mich selber nicht in Schubladen stecken, wobei das manchmal einfach wäre, aber es bringt letzten Ende doch nichts.
Zwei Dinge kann ich dazu sagen: Music is my faithfull Shelter und Slowness release forces.
5. Du hast vor kurzem deine erste 12″ auf WePlayHouse veröffentlicht. wie kam es dazu?
Das ist eine witzige Geschichte: ich arbeite mit jemanden zusammen, dem Jackob Session. Der ist schon was älter und wir haben angefangen, analog zu arbeiten. Paname und Breath sind analog entstanden. Ich bin da nicht die Leuchte auf dem Gebiet was Hardware angeht, ich weiss nur dass es Spaß macht und dick klingt. Dann fingen wir mit Logic an, Gare Du Nord war der Auslöser, und ist auch der jüngste Track auf der EP. Wir hatten da dieses Drumgerüst, was mir echt gut gefiel. Der Break hatte irgendeine DaftPunk Attitüde, wo der Bass mit dem Chord mitläuft. Jackob hatte die Idee, dieses Vocal da einzusetzen, und mir kräuselten sich die Nackenhaare: ich wollte nie n Vocalhouse-Track aufnehmen. Irgendwo hatte ich aber schon das Bewusstsein, dass das gut war. Ich schickte den Track nem Freund in Belgien und bat ihn, mich in meiner Ratlosigkeit zu unterstützen und mir Impulse zu geben, da ich mir extrem unsicher war, was ich da hörte. Als ich meine Mails später angeschaut habe, überrollte mich eine Lawine mit Euphorie und Huldigung: das ist extrem gut, ich schicke das einem Freund, der hat n Label. So kam eins zum anderen und WPH 005 war geboren.
6. Woran arbeitest du gerade?
Ich hab ne Remixanfrage von nem kleinen Digitallabel aus Süddeutschland bekommen, da mach ich was für. Ansonsten schließe ich gerade einige Baustellen, die vom letzten Jahr übrig geblieben sind, um die nächste EP auf WPH zu veröffentlichen…
7. Pläne für deine musikalische Zukunft?
Ich bin Fotograf und das soll auch so bleiben. Musik ist meine größte Leidenschaft und das soll auch so bleiben. Meiner Meinung nach ist das ein riesiges Privileg, sich am Wochenende hinters DJ-Pult zu stellen und Leute mit Sound zu unterhalten. Der einzige Plan besteht darin, mir selbst treu zu bleiben und auf meine innere Stimme zu hören. Einfach das machen, woran man glaubt, dann wird das auch authentisch. Und das ist mir das allerwichtigste: Echtheit!
Und jetzt geht’s endlich zum Mix:
Dynamodyse – Kept It Deep (Keep It Deep Guest Mix) by keep-it-deep
Und hier die Tracklist:
1. Maxence Cyrin: Sueno Latino / Pias 2006
2. Metro Area: Things Fall / Environ 2005
3. Crusho: Locomotive / unknown 2005
4. Dubious: Cue this / Prize 2004
5. Soul 223: Tales of the faded City / Soul Jazz Industrial 200?
6. Glenn Underground: Leavén To-day / Guidance 1998
7. R.O.B. : Muscle Music / House Traxx 199?
8. Azuni: Nightshifter / Drumpoems 2009
9. Brett Dancer: On the Road / Track Mode 199?
10. Spanish Fly: 1976 / Aquarius 199?
11. Russ Gabriel: Mister Din / WPH 2009
12. Cavalier: I know / Drumpoet 2008
13. Burning Room: Think / Sonntag Musik 2002
14. Robert Dietz: Forward Snipping ( Faber Mix ) / Running Back 2009
15. Palm Skin Prod.: Wrecked / Freerange 2009
16. Pal Joey: Gettin Hot / Loop D Loop 1996
17. Dynamodyse: Breath / WPH 2009
18. San Soda: Evaluation of the Evidence / WPH 2009
Mehr im Web:
Dynamodyse @ MySpace
Dynamodyse – Shelter EP @ keep-it-deep
We Play House Recordings
English (short) version: German DJ and newcomer producer Mathias Schmitt a.k.a. Dynamodyse was so kind to compile and record the first guest mix for this blog after taking a little blog break in the end of december. He has a rich musical past, was and still is a subcultural addict but without wearing blinkers. He got in touch with house music for the first time when listening to “Treibhaus”, a legendary radio show, broadcasted in the mid-nineties by WDR EinsLive. He fell in love with that sound at first listen, and his love lasts until today. He is a vinyl addict and therefore the mix was recorded in a rush with no editing.
Klasse Mix,
thank you mr. keep !
Link is dead 🙁
Any chance of a re-up? That tracklist is wow!