Compilations 2012 – Teil 1

Levon Vincent – Fabric #63

Es war Ende Januar diesen Jahres, dass eine Facebook-Nachricht sich – unter House- und Techno-Enthusiasten – wie das sprichwörtliche Lauffeuer verbreitete. Levon Vincent, der seit einiger Zeit von Berlin aus operierende New Yorker DJ und Produzent, werde sich an die Aufnahme der neuen Fabric Mix-Compilation machen. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich hatte zwei, drei andere Namen auf dem Radar, mit dabei unter anderem Margaret Dygas, aber das tut ja nun nichts mehr zur Sache.

Umso grösser war jedoch meine Vorfreude auf die Zusammenstellung von Levon Vincent, da aus seinen Händen musikalische Kunstwerke hervorgegangen sind, die derzeit den wohl höchsten Wiedererkennungswert besitzen. Musik für ein hartes Muskel-Workout, das allerdings nicht in einem Fitness-Glaspalast zwischen Ashtanga-Yoga und Zumba stattfindet. Vielmehr sind körperliche Anstrengung, Atemlosigkeit und Schweiss erwünscht. Sein Mix für den Londoner Club Fabric baut auf gerade seinen Kleinoden – Polar Bear, Double Jointed Sex Freak, Rainstorm – auf, beinhaltet Tracks von seinen Underground Quality- und Deconstruct-Homies Joey Anderson, DJ Jus-Ed, DJ Qu und Black Jazz Consortium und führt gleichzeitig die Musik von JM De Frias erstmals einem grösseren Publikum vor. Den Ausklang einer an Höhepunkten reicher Mix-Compilation macht das atmosphärische “Far Away” von Fred P a.k.a. Black Jazz Consortium. Wer kann da noch die Tränen zurückhalten?

TRACKLIST:

01 Joey Anderson – Earth Calls (05:20)
02 DJ Jus-Ed – Blaze (Do Dah Dab Mix) (05:29)
03 JM De Frias – Intrinsic Motivation (04:43)
04 Levon Vincent – Stereo Systems (03:59)
05 Levon Vincent – Polar Bear (02:57)
06 DJ QU – Times Like This (05:19)
07 Levon Vincent – Fear (08:20)
08 Levon Vincent – Double-Jointed Sex Freak II (05:46)
09 Joey Anderson – Hydrine (04:17)
10 Anthony Parasole – Tyson (03:31)
11 Levon Vincent – The End (05:47)
12 Black Jazz Consortium – Blacklight (04:02)
13 Levon Vincent – Early Reflections (04:28)
14 Levon Vincent – Rainstorm II (06:40)
15 Black Jazz Consortium – Far Away (03:42)


Fritz Kalkbrenner – Suol Mates

In Freiburg gibt es einige Szene- und Untergrundspezialisten. Für diese ist ein Künstler nur dann ein guter Künstler, wenn ihn ausserhalb eines engen, abgeschotteten Insiderkreises kaum einer kennt, wenn er mit seiner Kunst kaum (oder gar kein) Geld verdient und er obendrein noch die nur schwammig definierbaren (weil noch nie explizit Position dazu bezogen)  Weltretter-Eigenschaften in seiner Person vereint. Diese Spezialisten reagieren auf Künstler, deren Bekanntheitsgrad auf Grund ihrer Leistungen und dem damit einhergehenden Hype in die Höhe geschnellt ist, mit Augenrollen, verächtlichen Handbewegungen und abschätzigen Bemerkungen. Hielte man diesen die erste Mix-Compilation aus dem Hause SUOL unter die Nase, würden sie schnaubend und seufzend weglegen. Spielte man ihnen den Mix jedoch vor und wüssten sie nicht, wer der Urheber ist, würden sie die Einspielung mit einem einfachen ‘haben will’ kommentieren. Da bin ich mir ganz sicher.

Nun zum Mix selbst: Auch wenn Fritz Kalkbrenner weder mit seinem Album noch mit seinen EPs auf keep-it-deep Gesprächsthema war, zolle ich ihm für die Zusammenstellung seiner Suol Mates-Compilation Respekt und Anerkennung. Er beginnt seinen Mix mit dem Stück “Soul Print” von Soulphiction, das Auftakt und gleichzeitig Leitmotiv bildet für das, was noch kommt: Das kräftige, dynamische “Funk In The Hole” des Soul-Jazzers Roy Ayers, vom Soul infizierter Hip Hop der Grossmeister J Dilla und Pete Rock sowie das grossartige “When She Smiles She Lights The Sky” von Plantlife (das Freiburgs Root Down-Gängern vor allem im 4Hero-Remix bekannt sein müsste) und House von Lawrence, Tom Trago oder MCDE. Stücke seiner Label- oder vielmehr Suol Mates runden den Mix ab. Einstiegsdroge für jene, die noch nicht süchtig sind nach den schwerelos schwebenden House Tunes wie “Precious Hall” von Lawrence oder nach “Robadella”, dem poetisch-skurilen Track eines Robag Wruhme. Fritz Kalkbrenner führt sie behutsam an diese heran.

TRACKLIST:

01 Soulphiction – Soul Print
02 Black Milk – U’s A Freak B*tch
03 Roy Ayers – Funk In A Hole
04 Plantlife – When She Smiles She Lights The Sky
05 Pete Rock – Back On Da Block Feat. CL Smooth (Pete’s Block Party Dub)
06 J. Dilla – Won’t Do (Instrumental)
07 Johnson Products – Johnson Jumping
08 RJD2 – Clean Living
09 Oddisee – When Everything Changed (Instrumental)
10 Fritz Kalkbrenner – Ruby Lee
11 Lawrence – Precious Hall
12 Memoryman aka Uovo – Sleepless Disco Night (Terje Bakke’s Afterhour Remix)
13 Owusu & Hannibal – Lonnie’s Secret
14 NUfrequency Feat. Ben Onono – Fallen Hero (Motor City Drum Ensemble Remix)
15 Fantastic Man – From Start To Finish
16 Boo Williams – Fruits Of The Spirit
17 Fritz Kalkbrenner – Right In The Dark (Henrik Schwarz Remix Chopstick & Johnjon Edit)
18 Missing Linkx – Got A Minute
19 Tom Trago – Lost In The Streets Of NYC
20 Robag Wruhme – Robellada

Pinch – Fabriclive #61

Auf dem Gelände einer Freiburger Brauerei stehen einige Gebäude einschliesslich der Keller leer. Von den Wänden platzt Farbe ab. Deutliche Risse ziehen sich durch den Putz. Es riecht bitter-feucht, nach Maischegärung und Schwamm. Dort, in einem dieser Kellerräume, müsste man nicht viel mehr aufbauen als eine Musikanlage, sie etwas einmessen – des Klanges wegen – und dann einen DJ wie beispielsweise den Briten Rob Ellis alias Pinch, seines Zeichens Gründer und Betreiber des Labels Tectonic sowie Produzent des Albums “Underwater Dancehall“, das auf Grund der Radikalität im Umgang mit Dub, Elektro-Basslines, eckig-schroffen Beats und Vocals monolithisch herausragt aus der – inzwischen – Vielzahl an Dubstep-Alben.

Dieser, Pinch, hat zu Beginn diesen Jahres einen Mix für die Fabriclive-Reihe aufgenommen. Für diesen spielte er sich durch Tracks von EQD, Boddika und Joy O, Distal und Illum Sphere. Er jagt deren glühend heisse Beats und lodernde Bässe durch den Mixer, löscht sie mit düster wabernden Synth Nebeln und Acid – einer zusammen mit Photek produzierten eigenen Geheimwaffe – ab. Mehr braucht man nicht für einen Warehouse-Rave, an den man sich noch Jahre danach erinnern kann!

TRACKLIST:

01 Distal – Venom (Part 2) [Tectonic]
02 F – Slow Down [7even]
03 EQD – Equalized #005B [Equalized]
04 Henry & Louis feat. Prince Green – Love Like (Pinch Remix) [2 Kings]
05 Pinch & Shackleton – Rooms Within A Room [Honest Jon’s]
06 Deleted Scenes – Natural Law [Deleted Scenes]
07 Pinch & Quest – In Dreams [Tectonic]
08 Boddika & Joy Orbison – Swims [Swamp81]
09 DJ G – Uncertain [Tectonic]
10 Roly Porter – Hessra [Subtext]
11 Photek & Pinch – Acid Reign (Pinch’s Dubplate Version) [Photek Productions]
12 Pinch & Loefah – Broken [Tectonic]
13 Emika – Double Edge (Pinch Remix) [Ninja Tune]
14 Roska – 480 BC [Tectonic]
15 Addison Groove – This Is It VIP [Tectonic]
16 Goth Trad – Mach [Tectonic]
17 Distance – Blue Meanie [Chestplate]
18 Jakes – Get Serious [H.E.N.C.H.]
19 Jakes – A Case Of The Bleeps [H.E.N.C.H.]
20 OM Unit – Pressure [Tectonic]
21 Illum Sphere – Promise A Secret [Tectonic]
22 Distal – Venom (Part 1) [Tectonic]

Photek – DJ Kicks

Wir hatten’s gerade von Rupert Parkes a.k.a. Photek, einem britischen DJ und Produzenten, der zu den Grundpfeilern des Mitt-/Spätneunziger Drum and Bass gehört und der zudem mit “Mine To Give” – veröffentlicht auf dem 2000er-Album “Solaris” –  eine meiner liebsten und meistgehörten House-Hymnen erschaffen hat. Eine interessante Zeit war das, die späten Neunziger und frühen Nuller Jahre; da fand manche Drum and Bass- oder umgekehrt – manche House-Platte in die Sets von freigeistig denkenden DJs beider Genre Eingang.

Frei von Genregrenzen hat sich auch Parkes an die Einspielung einer Compilation für die wertvolle DJ Kicks-Reihe des Labels K7! gemacht. Mit “Azymuth”, einem eigenen Stück, schickt er den Hörer gleich zu Beginn des Mixes in düster-verhangene Trip Hop-/Electronica-Welten, deren dichte, kosmische Nebel erst mit “I Need Love” von Hot Toddy / Ron Basejam im Morgan Geist Remix aufgerissen werden. Von da an geht’s flott zu steppenderen Tracks – “Here Come The Dark Lights” von DJG -, um dann mit House- und Techno-Reduktionen von Daze Maxim oder Baby Ford sowie verspielten Dubstep-Tracks aus dem Hause Synkro und Sepalcure zu arbeiten. Ganz bestimmt nicht jedermanns Sache, da der Mix für genrestreng erzogene Hörer ein wenig bruchstückhaft segmentiert wirkt. Doch gerade das sorgt für einen Heimgenuss, der lange anhalten wird.

TRACKLIST:

01 Photek – Azymuth*
02 Kromestar – In 2 Minds
03 Hot Toddy feat. Ron Basejam – I Need Love (Morgan Geist’s Love Dub)
04 DLX – Modern Man
05 DJG – Here Come The Dark Lights
06 Dustmite & Kuru – Bare
07 Photek & Pinch – M25FM
08 Photek – No Agenda*
09 Baby Ford + Eon – Dead Eye (Original Version)
10 Marco Effe – Sexgas (Arnaud Le Texier Remix)
11 DJG – Say Something
12 Guy J & Miriam Vaga – No Under But You
13 Daze Maxim – Tomorrow Universe
14 Sepalcure — Taking You Back
15 Photek — Levitation*
16 Photek & Kuru – Fountainhead (DJ-Kicks)*
17 Synkro – Look At Yourself
18 Photek — 101 (Boddika’s Drum Machine Remix)
19 Parxe & Grincheux – The Art Of Nothing pt. 1

Dekmantel Anniversary Series

Kein Mix, dafür ein Who’s Who aktueller Produzenten und ein breites Spektrum an Genre, mit dem das niederländische Agenturs-, Veranstalter- und Label-Konsortium Dekmantel sein fünftes Jubiläum feiert. Kosmisch entrückter Kraut-house von Juju & Jordash, mit Streichern, Piano und Vocals überladener klassischer House von Makam, Rohkostlieferanten namens Morphosis, Redshape, Skudge, Hundred20 oder Hunee, sowie Musik von Awanto3 oder Fudge Fingas für den Meditationsraum. Zudem noch Material von Lone und San Proper. Must have!

ENGLISH (SHORT) VERSION:

There are so many good compilations that hit the stores in the first five months of 2012. But which one one must have listened to? Knowing that it is still a matter of taste, those five compilations mentioned above give a good overview of what was, and still is moving sophisticated house, techno and bass music loving heads and bodies out there.

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