Die Hinterhof Bar auf dem Basler Dreispitz-Areal feiert am Wochenende fünfjähriges Bestehen. Mit Erol Alkan und Acid Pauli werden zwei DJ-Hochkaräter an den Plattenspielern stehen.
Anfang Februar stand fest, woran kein Clubgänger in Basel so richtig glauben wollte: Ende des Jahres, mit einem kleinen Aufschub spätestens im Frühjahr 2016, ist endgültig Schluss mit der Hinterhof Bar. Seit 2010 in Betrieb auf dem Dreispitz-Areal, erhalten die Geschäftsführer Philippe Hersberger und Lukas Riesen keine Verlängerung des Mietvertrags. Die Immobilie soll 2016 an einen anderen, derzeit nicht bekannten Nutzer übergehen. Eigentümerin ist die staatliche Immobilien Basel-Stadt.
Diese Nachricht kommt natürlich nicht so unerwartet. Die Hinterhof Bar war von Anfang an ein Projekt auf Zeit. Geschäftsbetrieb und Veranstaltungskalender mussten stets mit Blick auf eine mögliche Schließung zum Ende eines Jahres geplant werden.
Zudem hat jeder Musikclub seine Halbwertszeit. Die ist mal sehr kurz. Der Stuttgarter House-Club KimTimJim, untergebracht in einem ehemaligen China-Restaurant an der Hauptstätter Straße, hatte von Januar 2012 bis Februar 2013 nur rund 13 Monate geöffnet. Die Lebensdauer kann aber auch schon einmal 20 Jahre betragen, wie etwa bei dem von Heinz Gindullis geführten Club Cookies in Berlin.
An diesem Wochenende wird die Hinterhof Bar fünf Jahre alt. Für eine Schließung eigentlich ein gutes Alter, ganz nach dem Motto “Aufhören, wenn es am schönsten ist”.
Disc Jockeys vom Weltformat eines DJ Koze oder Lawrence legten regelmäßig dort auf. Aber auch musikalisch Abseitiges, Nischiges durfte auf beiden Tanzflächen stattfinden, etwa eine Roller-Disco mit Boogie-Musik der Siebzigerjahre. Beides, das Weltformat und die Nische, vereinen die Künstler, die das Jubiläumsprogramm am Freitag und Samstag anführen. Sie werden zu DJ-Sets von New York bis Tokyo gebucht. Trotzdem sind sie fest im Clubuntergrund ihrer Heimatstädte London und Berlin verwurzelt.
Der eine ist Erol Alkan, 1974 in London geboren.Disc Jockey seit den frühen Neunzigerjahren, bewegt er sich in seinen Sets zwischen Indiepop und Indierock auf der einen, Elektro und Techno auf der anderen Seite. Seine Leidenschaft für diese Stilrichtungen bringt er in seinen Produktionen, in eigenen Stücken und Remix-Aufträgen, zusammen. Letztere bekommt er von Bands wie Metronomy, Tame Impala und den Chemical Brothers. Auch Stücke der French House-Formationen Daft Punk und Justice hat er neu interpretiert. Im Indiepop und Indierock liegen auch die Wurzeln seiner Clubnacht Trash, die er 10 Jahre, von 1997 bis 2007, im Londoner Club The End ausgerichtet hat. Dort traten unter anderem auch die kanadische Electroclash- und Synthpop-Musikerin Peaches und Indie-Pianist Chilly Gonzales auf.
Über die Jahre hat er die Partyreihe in elektronischere Gefilde vorangetrieben. 2007 gründete er sein Plattenlabel Phantasy. Den letzten Schritt seiner musikalischen Entwicklung dokumentiert ein Mix, den er für die Compilationreihe “Fabriclive” des Londoner Clubs Fabric eingereicht hat. Darauf verbindet er den reduzierten Acid eines Claro Intelecto mit dem Chicago House-Zitat eines Todd Osborn und dem NuDisco des Norwegers Andre Bratten.
Stilistische Vielfalt, die auch in zahlreichen Pseudonymen zum Ausdruck kommt: Diese Beschreibung trifft auf den Gast vom Samstag zu. Es ist Acid Pauli, 1973 als Martin Gretschmann geboren und als Kind in Böbing in der Nähe von Oberammergau aufgewachsen. Als Jugendlicher spielte Gretschmann Bass in den Bands Brainjam und Toxic. Mit der Letztgenannten spielte er den Support der Weilheimer Indierock-Band The Notwist, seit 1997 eine seiner zahlreichen musikalische Heimat. Deren 2003 veröffentlichtes Album “Neon Golden” gilt bis heute noch als Meilenstein des deutschen Indierock.
Mit “Close To The Glass”, erschienen 2014, sind The Notwist mit Gretschmann elektronischer geworden. Die Stücke des Albums erscheinen in kristalliner Klarheit. Sie fließen wie ein Bergbach nach der Schneeschmelze, kühl, transparent, unaufhaltsam. Da dringt der Charakter seiner Elektronika-Aliasse Console und Acid Pauli hindurch.
Als Console veröffentlicht der 42-Jährige experimentelle elektronische Musik, produziert Hörspiele, vertont zum Beispiel Texte des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein. Als Acid Pauli steht Gretschmann heute für warme Melodien, verspielte Samples und entspannt laufende Basslines.
DJ-Sets der Basler Jamie Shar, Liebkind, Michael Berczellym, Miajica und Dario Rohrbach runden die Clubnächte ab.
BASEL | 5 Jahre Hinterhof mit Erol Alkan & Acid Pauli | Hinterhof Bar | Fr & Sa, 13. und 14. März, 23 Uhr.
Weiterführende Links:
Keep-it-Deep: Die Basler Clubs Hinterhof und Nordstern schließen Ende 2015
Dummy: Interview: Erol Alkan (2014)
The Quietus: Interview: Erol Alkan (2013)
Facebook: Erol Alkan
Arte Tracks: Acid Pauli: Jedem sein eigenes Techno
teshno: Interview: Acid Pauli
Webseite: Acid Pauli
Facebook: Acid Pauli