In dieser Woche wird es zwei Guest Mix-Features auf Keep-It-Deep geben. Zum einen, weil dieser Blog nun mittlerweile seit zwei Jahren eine Internetadresse belegt, zum anderen, weil in der vergangenen Woche aus logistischen Gründen keiner veröffentlicht wurde. Nacherfüllung und Feier in einem Aufwasch. Schön!
Dem ersten Mix liegt eine kleine Anekdote zugrunde, die ich an dieser Stelle sehr gerne loswerden möchte. Es war ein Montag, genauer der 01. September 2008, als ich mich abends, nach vollbrachtem Tagwerk, ins Waldsee aufmachte. Für diese Ausgabe von Tageins hatte der Veranstalter, Agent Schwiech, zwei DJs vorgesehen, die mir bis zu diesem Zeitpunkt zwar namentlich bekannt waren, die ich jedoch bis dato noch nie live habe auflegen hören. Es waren der Berliner Hunee und der damalige Wahl-Berliner und heutige Wahl-Basler Marcel Vogel.
Vorgenommen hatte ich mir, nur ein, höchstens zwei Stunden zu bleiben, da die darauffolgenden Tag und Wochen eigentlich von mir die höchste Feier- und Musikabstinenz verlangten. Doch spielten die beiden Jungs an diesem Montagabend derart lustvoll und beseelt auf, dass ich alle guten Vorsätze über den Haufen warf und bis zur letzten Platte im Waldsee blieb. Glücklich kam ich nach Hause, und geschadet hat mir diese Nacht bis heute nicht.
Seit dieser Zeit schaute ich regelmässig auf deren beider MySpace-Account vorbei, ob sie nicht irgendwann einmal wieder in Freiburg oder nicht allzu weit entfernt von meiner Wahlheimat auflegten. Dem war leider nicht so, doch wenigstens trug Marcel Vogel in sehr regelmässigen Abständen mit seinen eingespielten und zum Download freigegebenen Mixen dazu bei, dass mein mp3-Player stets gut gefüllt war.
Vergangenen Juni fand in Basels Elisabethenkirche ein Event zur Eröffnung der Art Basel statt. Als Gast-DJs und Live Act mit dabei: Henrik Schwarz, Maurice Fulton und Hunee. Als ich die Elisabethenkirche betrat, stand ein DJ an den Plattentellern, der zu diesem Zeitpunkt eine Mischung aus Disco, Originalen und Edits, sowie sehr, sehr cheesy House auflegte. Letzteres ging mir auf Dauer ein wenig auf die Nerven, zumal auch noch ein Saxophonist die Songs live begleitete. So etwas ertrage ich allerhöchstens bei Kerri Chandler, und auch da nur in homöopathisch verdünnten Dosen. Wer dieser DJ war, wusste ich nicht, doch je länger der Saxophonspieler vor sich hindudelte, desto ungehaltener wurde ich. Dies brachte ich auch in der sich im Anschluss an den Blogeintrag zu dieser Clubnacht sich entwickelnden Diskussion ein wenig zum Ausdruck, um nicht zu schreiben: ich zog auch über das Warm up her. Ein wenig zu Unrecht, denn mir war zu dieser Zeit sehr wohl bewusst, dass der DJ auch und gerade für das überaus arty Publikum, der Kunstszene und Pseudo-Kunstszene zugehörig, gespielt hat. Und das mit Erfolg, denn die Gäste tanzten zu seiner Auswahl von House und Disco im Hauptschiff der Kirche, wohingegen sich die Tanzfläche im Viertelstundentakt beträchtlich leerte, je länger Maurice Fulton und Henrik Schwarz spielten. Hunee, the last man standing, durfte daher – leider – nur noch vor einer Handvoll Getreuer auflegen. Schade.
Ihr habt es sicher schon herauslesen können: den Auftakt spielte Marcel Vogel. Nach einiger Zeit meldete er sich in den Kommentaren sehr souverän zu Wort, war – Gott sei Dank – nicht erbost und zornig ob der Kritik, und daher freue ich mich umso mehr, dass er Willens war, sich Zeit zu nehmen und die Mühe zu machen für ein Feature in der Guest Mix-Reihe. Höchste Zeit also, den DJ selbst zu Wort kommen zu lassen. Here you go, Marcel:
1. Hallo Marcel, stell dich doch bitte einmal selbst vor.
Marcel Vogel, fast 31 Jahre alt. Liebe alles an soulfuler Musik. Von Disco bis House, Old School Hip Hop und Dilla Beats, Afro, Funk, Reggae, New Soul & Soul. Aber auch Ton Steine Scherben und ausgewählte rockigere Sachen höre ich mir an. Jose Feliciano ist auch ein Favourite. Ich komme ursprünglich aus der Nordrheinwestfälischen Stadt Paderborn, habe aber auch in Kassel, Frankfurt & Berlin gewohnt.
2. Was war Deine musikalische Initialzündung?
Ich hab mich schon immer mit Musik beschäftigt. Meine erste grosse Leidenschaft waren Anfang der 90er Jahre die ärzte. Dann Dancefloor mit einem knallharten Bruch zum Hip Hop und etwas Jungle. Ca 1996 kam ich durch Mixtapes von meinem Freund Björn Hinzpeter aka Booming B. zum Disco House und Platten kaufen auflegen. Compilation Tapes habe ich schon immer gemacht, um meine Favourite Tunes beianander zu haben. Und Yo Mtv Raps und Viva Freestyle habe ich auf Video aufgenommen, um die Musik hören zu können und neues Zeug zu finden. War halt schon immer ein Digger 🙂
Der erste Versuch, selbst Musik zu machen, fand schon auf dem C64 statt (grins)…
3. Welches bzw. wer waren und sind Deine grössten Einflüsse?
Mit Sicherheit das Stammheim in Kassel, weil ich dort House und Techno zum ersten mal richtig erfahren habe. DJ Chi, DJ Traxx & DJ Hell waren dort bestimmt am eindrücklichsten.
In Frankfurt war das Robert Johnson eine wichtige Schule für mich, genauso wie die wahnsinns Plattenladenkultur der Stadt. Am wichtigsten dort wohl das Pro Vinyl mit seiner Disco Abteilung. Das wichtigste musiklalische Erlebnisse waren Theo Parrish und Darshan Jesrani im Robert Johnson sehen zu dürfen, weil mir vorher nicht bewusst gewesen war, dass Disco und Funk auch im House Kontext für sich alleine stehen können und funktionieren.
Davor kannte ich im Club nur Terrence Parkers Routine mit Billie Jean und Ring my bell, aber als Höhepunkt eines House Sets..
4. Vor einiger Zeit bist Du von Berlin nach Basel gezogen – ein gerade für DJs ungewohnter Schritt, sind doch (fast) alle auf Berlin fokussiert. Was hat Dich zu dieser Entscheidung bewogen?
Love, Amour, die Liebe
5. In Berlin hast Du Dir einen Namen als DJ und vornehmlich als Veranstalter der LEGACY-Events einen Namen erarbeitet. Was war das (musikalische) Anliegen dieser Veranstaltungsreihe?
Oliver Bardun von der damals sehr erfolgreichen F.U.N. Partyreihe hat mir gesagt: Du musst selber Parties machen! Mit meiner damaligen Arbeitskollegin Beate Kroissenbrunner und ihren damaligen Freund Axel Roboom habe ich mich dann auf die Reise gemacht. Musikalisch war klar, dass alles mit Seele erlaubt ist, aber der Fokus schon auf Disco liegt. Das schöne daran war, dass Axel handwerklich und kreativ extrem begabt ist und wir deshalb auch immer extra viel Energie in die Deko gesteckt haben. Zum Beispiel haben wir unsere Clubs regelmässig tapeziert und mit Streetartkünstlern zusammen gearbeitet.
Das Anliegen war einfach die Leute und uns zu Flashen und immer wieder neues auszuprobieren. Das ist uns eine zeitlang gut gelungen. Am dankbarsten bin ich für die Parties mit Brian Borden aus Chicago und Daz-I-Que von Bugz in the Attic, weil ich da musikalisch am meisten belohnt wurde.
6. Wie beurteilst Du die Club- und Musikkultur/-szene der Stadt Basel? Welchen Stand haben (Deep) House, Disco, Soul und Funk?
Ich liebe den Technoclub Presswerk, weil es der einzige wirkliche Club der Stadt ist. Ich habe immensen Repekt für die Livingroom.fm Crew Donnerstags im Aqua, weil sie über Jahre hinweg wahnsinns Leute in die Stadt und an die Plattenteller holen. leider scheint das Aqua Publikum aber nicht so sehr an musik interessiert zu sein.
Das NT Areal / Erlkönig ist derzeit meine Homebase und es ist beeindruckend, wie willig das Publikum dort bereit ist, sich auf die Musik einzulassen. Und die Love Tempo Jungs Neevo, Akay & Pharao Black Magic verdienen grossen Respekt, soulful discoiden sound zu repräsentieren.
Generell ist mir Basel aber musikalisch zu eng. Jeder kämpft extrem für seinen Fleck und das ist auch selten besonders viel.
7. Wie bringst Du Dich und Deine Musik in dieser Szene ein? Hast Du wieder eine eigene Veranstaltungsreihe?
Wie erwähnt, vermittele ich dem NT dann und wann Acts, die mich auf meiner bisherigen Reise berührt haben und die ich hier gerne sehen möchte. Letztes Jahr war ich Mitveranstalter der Paradise at Church, die ja hier auch (zu recht) kontrovers besprochen wurde. Trotzdem bin ich stolz Henrik Schwarz, Maurice Fulton & Hunee an den Start gebracht zu haben.
8. Produzierst Du auch eigene Tracks?
Ich mache regelmässig Edits, die ich zum auflegen benutze und zum Teil auch weitergebe. Ich bin auch ständig dran, eigene Sachen zu machen, aber leider noch zu keinem befriedigenden Ergebnis gekommen.
9. Pläne für Deine musikalische Zukunft?
Tatsächlich steht schon wieder der nächste Umzug ins haus, diesmal nach Amsterdam, um dort an der SAE audio engeneering zu studieren und das ganze mal professionell anzugehen.
Ausserdem roll ich schon seit längerm den Gedanken in meinem Kopf hin und her, mal ein eigenes (EdiT) Label an den Start zu bringen. Einen Namen und ein paar geeignete Edits hätte ich schon, vielleicht bin ich noch auf der Suche nach einem Partner…. nudge nudge…
Hier geht’s nun endlich zum Mix:
Marcel Vogel – Keep It Deep Guest Mix by keep-it-deep
Und hier die Tracklist:
1. Peven Everett – Washing (soul heaven 2006)
2. Peven Everett – Simmer (studio confessions 2009)
3. Royalle Delite – (i¥ll be a) freak for you (Skyview 1984)
4. Ivy – Promises (Crownpoint 1980`s)
5. Billy Love – Melloghettomental (sound signature 2010)
6. Theo Parrish – Lights down low (sound signature 2000)
7. Luna & Bazis – You & Me (wah wah 45s 2007)
8. Pezzner – Chapter Two (white ca 2009)
9. Domu – Nu Vision (coopr8 music 2007)
10. Afefe Iku – A 30 minute boat ride to lamu town (yoruba 2007)
11. Guem – Poursuite (la chant du monde 1983)
12. Nina Simone – See-line Woman (verve 1964)
13. Kraak & Smaak – Funk Ass Rotator (jalapeno 2007)
14. Fast Eddie – Yo Yo Get Funky (dj international 1989)
15. C & C Music factory – Keep It Comin (columbia 1992)
16. Annie G. – if she knew (atlantic 1989)
17. Terry Burrus and Transe – love rockin (arista 1983)
18. Lakeside – fantastic voyage (solar 1980)
19. Raydio – Get Down (arista 1978)
20. The Reddings – Class (epic 1981)
English (short) version: This week we’ll have two guest mixes here on keep-it-deep as, first of all, the blog will celebrate its two year anniversary, and there was no guest mix last week. The first Mix was compiled and recorded by former Berlin and now Basel / Switzerland based crate diggin’, vinyl lovin’ dj and restless disco edit craftsman Marcel Vogel. I first met him at a monday night in Freiburg (legendary Tageins series), where he was gracing the decks alongside Hunee – a musically emotive and soulful night! After that, i had the chance to attend an extraordinary event, the Art Basel opening party at Elisabethenkirche in Basel with Maurice Fulton, Henrik Schwarz and, again, Hunee. When I arrived, there was a DJ playing disco, originals and edits, and a selection of kinda cheesy house tunes which I didn’t appreciate a lot. To make matters worse, the dj was accompanied by a saxophonist – this drove me up the walls, as layers of live saxophone (or percussion) is something, i definitely can’t stand when attending dj sets. I might accept it at a Kerri Chandler gig, but only as a small-dose saxophone infusion. Well, I wrote a short review about that night and left a not-so-fair comment about the first DJ, not knowing that it was – as you may have guessed – was the same DJ that was responsible for the outstanding Tageins Party in Freiburg: Marcel Vogel. Therefore, I’m glad and thankful, that Marcel Vogel isn’t angry about me and took all the time to compile and record this soul-drunken mix.
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