Unlängst führte ich während meines Tür- und Kassenjobs ein Gespräch mit einem jungen Kerl, der sich nach dem musikalischen Konzept des Abends erkundigte. “Etwas House, ein wenig Disco-Klassiker, vielleicht die eine oder andere Detroit Techno-Platte”, umriss ich das Programm in kurzen Worten. Seine Augen verengten sich. Die Stirn in Falten gelegt, gab er mir zu verstehen, dass an diesem Abend alles mögliche laufen werde, nur kein Detroit Techno. Es entstand eine kurze Diskussion über den Sound dieser Stadt, über deren erste, zweite, dritte und alle folgenden DJ- und Produzentengenerationen, Label, Platten, alles mögliche. Irgendwann führte uns unser Gespräch auf Aesthetic Audio und Sistrum Recordings. Bei diesen Label gingen unsere Ansichten auseinander. Er bezog die Position “eindeutig House”, wohingegen ich ein “kannichnichsogenausagen” durch die Zähne stiess und versuchte, ihm meine Unentschlossenheit zu erklären. Überzeugt schien er nicht zu sein, was ich ihm nicht verdenken kann, denn für mich schillern die Tracks auf Aesthetic Audio und Sistrum Recordings in allen Schattierungen, die (Deep) House und (Detroit) Techno nur bieten können. Meine Frage daher: hat irgendwann einmal irgendjemand dekretär bestimmt, dass man Kunstwerke bis in ihr kleinstes Detail erschliessen muss?
Who cares! Mit Katalognummer 13 begrüsst Sistrum Recordings, das Label von Patrice Scott, den irischen DJ und Produzenten Paul Smith alias Leonid ein weiteres Mal. Ob dieser (immer) noch als Geheimtipp bezeichnet werden kann, möchte ich hier nicht behaupten, denn bereits seiner erste EP, “Mora“, veröffentlicht auf Statik Entertainment, wurde eine grosse Aufmerksamkeit zuteil, genauso wie sein Erstlingswerk auf Sistrum Recordings, “Sadim“, sehr weite Kreise zog. Im Frühjahr diesen Jahres erschien seine Mix-CD “Deepentertained (The Mix) auf Statik Entertainment. Eine umfassende Werkschau, deren Sound-Arrangement mich an die samtig weichen Hügelzüge, sanften saftgrünen Wiesen auf der einen Seite sowie an die Schroffheit der Küsten- und Industrielandschaften in Städten wie Cork oder Dublin, der Heimat Paul Smiths, erinnert.
Die Tracks auf J3 sind, verglichen mit “Sadim”, “Potsandpans” und “Shortwave” weichgezeichnet, schwebend und atmosphärisch verhüllt von einer sich zögernd auflösenden (Klang-)Wolkendecke, in der man zu versinken scheint und durch die erst nach und nach erste Sonnenstrahlen zögernd durchbrechen. So jedenfalls mein erster Eindruck von “J3”, das mit sanft perlenden Melodietupfern und nebelweichen Hallflächen äusserst laidback und mit einem hohen Deepness-Faktor daherkommt. Die Perseiden sind ein jährlich mit allergrösster Regelmässigkeit wiederkehrender Meteorstrom. Sehr gerne werden sie auch als Laurentiustränen bezeichnet, weil sie oftmals gehäuft um den Namenstag des St. Laurentius aufkommen. Von Traurigkeit und Tränenrührigkeit ist auf “Perseid” jedoch nicht (sehr viel) zu verspüren, auch wenn ein Hauch von Melancholie sich wie ein meteorisches Lichtband durch den Track hindurch zieht. Rhythmusstruktur, Drum- und Basskomposition gemahnen an die Dub Techno-Blaupausen aus dem Hause Basic Channel / Maurizio, und da bedarf es wirklich nicht mehr viel Gehirnanstrengung, um den Nexus zwischen “Perseid” und dem Radiance-Zyklus herzustellen. Mit einer tiefbrummenden Bassline und akzentgebenden Snare Claps holt Leonid die seine EP auf “S & H” aus den Astralwelten zurück. Noch House? Schon Techno? Leonid’s Groove!
English (short) version: Irishman Paul Smith a.k.a. Leonid is back on Patrice Scotts imprint Sistrum Recordings. He’s taking things deep into a moody atmosphere by crossing boundaries of on the one side classic and on the other side visionary house and techno music. Don’t miss!
Mehr im Web:
Leonid @ MySpace
Leonid – Keep It Deep Guest Mix (on request)
Sistrum Recordings