Gibt es etwas Schöneres, als an seinen Lieblingsort zurückzukehren? An den Ort, dessen Farben, Gerüche und Geräusche man so sehr ins Herz geschlossen hat, dass man sie nicht nur aus tausenden anderen Sinneseindrücken herausfiltern kann, sondern dass sie immer wieder auf sich eindringen spüren möchte? Ein Lieblingsort ist ein erinnerungsstarker, emotional aufgeladener Ort, ein Sehnsuchtsort. Vielleicht überhöht man ihn ein bisschen in seinem Erinnerungsbewusstsein. Womöglich löst er sogar wehmutsvolle Gedanken aus, da man ihn so intensiv erlebt hat, da er aus der Distanz heraus auch zur Projektionsfläche positiver wie negativer Erinnerungen wird. In Freiburg habe ich einige solcher Lieblingsorte. Für die Musik ist es sicher das Waldsee. tageins, Jazz ohne Stres, Beats & Öxle, Root Down, vor Jahren noch die Garage Traxx-Abende und das eine oder andere Konzert.
Auch in der Musik kann es solche Lieblingsorte geben. Topoi. Einer davon? Klagende oder heitere Klavierakkorde beziehungsweise Klaviermelodien, “chord based piano melody” oder so; ein wiederkehrendes rhythmisch-melodisches Motiv, das sich durch das ganze Werk, hier den ganzen Track hindurchzieht.
Möglicherweise denken und fühlen Genius of Time aus Schweden nicht unähnlich. Denn auf “Same Old Place“, ihrem ersten Release, knüpfen sie an die Tradition des “Piano House” an und setzen auf die Dramaturgie der Klavierakkorde. “Same Old Place”, irgendwann 2010 auf dem kleinen Imprint Aniara Records veröffentlicht, lenkte die Aufmerksamkeit vieler wieder nach Schweden, ohne dabei an Swedish House Mafia & Co. denken zu müssen.
Auch auf der zweiten 12″ verfolgen Genius of Time weiterhin den Weg der Klassik. Erscheinen wird der Dreitracker in wenigen Tagen auf einem Ableger des Rotterdamer Clone-Imperiums, und zwar auf Clone Royal Oak. Diese Veröffentlichungsreihe hat schon einige interessante Produzenten an sich binden können, so zum Beispiel Reggie Dokes, Gerd und Alex Agore oder Space Dimension Controller. Genius of Time erfreuen auf ihrer EP weniger mit futuristischem Funk, vielmehr jedoch mit klassischem House, der Leichtigkeit und Tiefe zugleich vermittelt.
“Drifting Back” zeichnet sich aus durch ein klangfarbenfrohes Arrangement aus zärtlich gestreichelten Percussions, tiefen Bassgrooves und Vibraphon-Melodieläufen. Sie verdichten diese Elemente zu einem melodischen Topos, der auch einen Glenn Underground in ehrfurchtsvolles Staunen versetzen könnte, denn eine Vielzahl seiner Tracks weist eine entsprechende Gestaltähnlichkeit auf. “Houston We Have A Problem” präsentiert sich im Vergleich dazu beatgeladen. Die breiten, satten Synthie-Einwürfe umhüllen die repetitiven rhythmischen Einheiten mit Wohlgefühl und Geborgenheit – beides Grundvoraussetzungen für Lieblingsorte. Mit “Juxtapose” erweisen sich Genius Of Time zudem nicht nur als Bewahrer einer klassischen House-Schönheit, sondern zeigen sich als Experimentatoren, als geniale Grenzgänger zwischen geraden und gebrochenen Rhythmen. Sie führen den Hörer ein in eine Welt warmer Melodiefragmente, die sie in feinstrukturierte Klanggewebe einbetten und die über den synkopierten Rhythmen zu schweben scheinen. Schön!
Royal07 – Genius of Time – Drifting Back / Houston We Have A Problem by clone.nl
English (short) version: a fresh EP by Swedish house / electronic music duo Genius of Time. After their brilliant debut on Aniara Records, they deliver happy synths, deep kicks, bright vibraphone melodies, soft percussions and rhythms ranging from straight forward four-to-the-floor to broken beats on Clone Royal Oka and keep on surprising us. Thumbs up!
Mehr im Web:
Nils Krogh / Genius Of Time @ Soundcloud
Nils Krogh / Genius Of Time @ MySpace
Alexander Berg / Genius Of Time @ Soundcloud
Alexander Berg / Genius Of Time @ MySpace
Clone Records
Clone Records @ Facebook
Clone Records @ MySpace
Clone Records – Youtube Channel