Christopher Rau |
Techno- und Clubkultur der frühen Neunziger Jahre, Lust am (Musik-)Rausch, DJ-Dasein: Das sind einige der Themen, die der Journalist und Autor Jürgen Teipel in seinem neuen Buch “Mehr als laut” behandelt. Zwanzig Disc Jockeys, Produzenten, Labelinhaber, Szeneaktivisten und Clubbetreiber kommen in dieser “Oral Techno History” zu Wort, die Teipel bereits ab 2002 befragt hat.
Unter ihnen sind die Hamburger Lawrence und DJ Koze und eine ganze Reihe Protagonisten, die in irgendeiner Weise einen Anknüpfungspunkt zum Südwesten Deutschlands haben. Sei es Kompakt-Mitbetreiber Michael Mayer, Kristian Beyer, eine Hälfte des Duos Âme oder Rainer Trüby, der in Freiburg seit nunmehr 18 Jahren seine Veranstaltungsreihe Root Down kuratiert.
So kommt schon auf den ersten Seiten des Buches auch meine Wahlheimat Freiburg zur Sprache. Unter anderem blickt Helena Lingor, die an der Universität Freiburg studiert und unter dem Künstlernamen Stella Stellaire aufgelegt hat, zurück auf ihre Anfänge an den Plattenspielern. Der Leser erfährt, wer bei diesem Prozess eine Katalysatorfunktion übernommen hat: “…bin ne Zeitlang viel zusammen mit einem der hiesigen DJs abgehanden: Shaddy. Er war derjenige, der gesagt hat: “Wieso legst du eigentlich nicht auf? Ich weiß, du kannst das.” Er hat mir zwei Plattenspieler geliehen und kurz erklärt, wie das rein technisch funktioniert…”
Wenige Seiten später artikuliert sie leise, aber dennoch sehr deutlich Kritik an der damaligen (Gross)Veranstalter- und DJ-Szene. “Du kannst halt nicht hingehen und ihm ins Gesicht sagen, wie blöd du ihn eigentlich findest und dass du das, was er als Lob empfindet – dass du nämlich für ne Frau voll gut auflegen kannst -, ziemlich beleidigend findest”, sagt sie. Damit spricht sie ein Thema an, das erst im vergangenen September beim “Perspectives Festival” im Berliner Club ://about blank behandelt wurde: männliche Arroganz und Sexismus in der Clubkultur. Da gibt es auch heute noch viel Gesprächs- und Änderungsbedarf.
Ausserdem attestiert sie den damaligen (Gross)Veranstaltern Szeneferne und Kenntnisarmut. “Ihr macht das alle aus komischen Motivationen heraus – eigentlich nur, um euch an etwas zu bereichern, was ihr gar nicht versteht. Ihr wisst ja gar nicht, was Musik ist.” Das lässt sich eins zu eins auf das Jahr 2013 übertragen.
Umso schöner ist es, dass in den vergangenen Jahren Disc Jockeys wie die Jungs von LA Rokoko oder vom Strange Life Club zusammen gefunden haben, Kowski und Ricordo ihre Deep Station weiterhin ausrichten und Disc Jockeys wie Shaddy, aber auch der Agent Schwiech, immer noch in Freiburg aktiv sind.
I Brooklyn – Basel Special w/ Seranthony, Shsha, Jer I Corpedd, Donnerstag, 21. November 2013, Lady Bar, Basel.
II KitJen w/ Christopher Rau (Smallville, Hamburg), Tipura, Donnerstag, 21. November 2013, Bar Romantica, Stuttgart.
III HNNY (Local Talk, Stockholm), Neevo, Freitag, 22. November 2013, Lady Bar, Basel.
IV Common Sense People w/ Move D, Common Sense People, Freitag, 22. November 2013, Rocker33, Stuttgart.
V Strange Life Club w/ Orson Wells (Live At Robert Johnson, Frankfurt), Gerait, Syrtaki, Samstag, 23. November 2013, White Rabbit, Freiburg.