2011 hat dich der Tagesspiegel zitiert, dass ihr ein Kochbuch veröffentlichen wollt. Wann erscheint das?
Szary: Das kommt bestimmt irgendwann. Wir brauchen auch Ziele außerhalb der Musik, die wir noch erreichen wollen. Da wir keine eigenen Rezepte entwickeln, wird das Buch aber kein klassisches Kochbuch. Wir würden da vielmehr unsere Erinnerungen zusammentragen. Dinge, die uns auf unseren Reisen begegnet sind. Gutes Essen, gesammelte Rezepte, schöne Bilder, und alles mit Modeselektor-Lyrik versehen.
Was ist denn das Exotischste, das du bisher gegessen hast?
Heute gibt es ja alles immer und überall. Da gibt es vielleicht gar nichts mehr, was wirklich exotisch ist. Völlig aus den Schuhen gehauen hat mich aber ein japanisches Restaurant in Bukarest. Das war deshalb so besonders, weil wir ein paar Wochen zuvor noch als Moderat durch Japan getourt sind und uns dabei quer durch die japanische Küche gefuttert haben. Und dann kommste nach Bukarest – und der Sushi-Meister macht uns sprachlos.
Japanische Küche ist wirklich next level.
Sushi, Wagyu-Rind, Gemüse, Fisch, Barbecues. Die ist total breitbandig. Was mich aber auch immer flasht, sind die Märkte in Singapur, Indien. Sowieso in Asien. Diese Farben und Gerüche. Dass wir uns inzwischen auch mit dem Essen beschäftigen, liegt vielleicht daran, dass wir älter werden. Wir müssen versuchen, uns gesund zu ernähren. Oder zumindest bewusster. Aber wenn wir an einem geilen Burgerladen vorbeikommen, können wir auch nicht widerstehen. Wenn das Fleisch schön saftig ist, ist das ein Erlebnis. Kannste nicht widerstehen. Reden wir jetzt nur über’s Essen?
Elektronische Musik wirkt oft schlicht und monoton. Wie schwer ist es eigentlich, etwas Einfaches zu machen?
Das ist verdammt schwer. Im Studio neige ich immer wieder dazu, viele klangliche und rhythmische Elemente in ein Stück packen zu wollen. Einen Effekt und noch einen Effekt draufklatschen. Hier noch was frickeln, da noch was schrauben. Da kommt man dann in einen Rausch und will zeigen, was man kann. Doch elektronische Musik lebt ja gerade durch ihre Reduziertheit und Robustheit.
Weniger ist also doch mehr?
Auf jeden Fall. Heute habe ich als Produzent technisch mehr Möglichkeiten, ein Stück zu bearbeiten. Ich kann jedes Entwicklungsstadium abspeichern und immer wieder daran arbeiten. Das aber birgt die Gefahr, dass man verkopft. Da muss ich dann gegensteuern.
Was bedeutet das konkret?
Die Session beenden und liegen lassen. Gar nicht mehr daran arbeiten. Irgendwann mal wieder hervorkramen. Deshalb liebe ich auch One-Shot-Sessions. Ich gehe morgens ins Studio, starte meine analogen Synthesizer und Drumcomputer, jamme rum, und was ich am Ende des Tages nicht aufgezeichnet habe, ist verloren, weil diese Geräte keine Speichermöglichkeiten haben. Das Flüchtige der Musik hat ja einen besonderen Reiz. Strom aus, alles weg. Unter solchen Bedingungen zu arbeiten, finde ich geil.
Das Modeselektor-Projekt macht ihr seit bald zwanzig Jahren. Was kann Dich noch überraschen?
Jeder Tag hält Überraschungen bereit. Manchmal gehe ich ins Studio und habe gar keine Ideen im Kopf. Da muss ich mich regelrecht zur Arbeit zwingen und Gernot (die anderere Hälfte des Duos, die Red.) muss mich kräftig motivieren. Eigentlich ist das absurd, denn Inspiration kann man nicht erzwingen. Kunst passiert. Dann aber werkle ich an meinen Maschinen, und auf einmal ist der Magic Loop da. Das sind drei, vier Takte, die mich völlig umhauen. Diese bilden dann die Basis für ein neues Stück.
Gab es auch schon Phasen, in denen alles schief ging?
Die gibt es immer während eines Schaffensprozesses. Das wird auch nicht besser mit den Jahren. Aber man braucht auch Fehler, um aus ihnen zu lernen. Dieser Lernprozess bringt einen weiter. Außerdem hinterfragen wir unsere Arbeit. Wir klopfen unsere Stücke gezielt nach Schwachstellen ab. Was unseren Qualitätsstandards nicht standhält, wird nicht veröffentlicht.
Hattest Du schon einmal Angst vor dem Scheitern?
Angst nicht, aber Respekt. Der Respekt vor dem Scheitern hat über die Jahre auch zugenommen. Mit zunehmender Erfahrung sollte das eigentlich anders sein. Aber ich denke, das hat etwas mit dem Älterwerden zu tun. Auch wenn Vierzig das neue Dreißig ist, gehe ich die Dinge nicht mehr so unbekümmert an. Bevor ich mich in ein neues Abenteuer stürze, mache ich mir ganz viele Gedanken. Gernot und ich legen auch ganz strenge Kontrollmaßstäbe an unsere Tracks.
Die Rave-Generation wird nachdenklich?
Allerdings. Auch wenn das nicht so recht ins Bild der hedonistischen Clubkultur passt. Aber mittlerweile bin ich zweifacher Vater. Die Prioritäten haben sich verschoben. Ich muss morgens fit sein, Frühstück machen und die Schulbrote schmieren. Kinder merken sofort, wenn ich mal etwas neben der Spur bin. Ich muss da genauso abliefern wie auf der Bühne.
Über die Jahre habt ihr zwei weitere Projekte gestartet, Moderat und Siriusmodeselektor…
…wir sind musikalisch in die Breite gewachsen. Wir haben aber unsere Auftritte reduziert. Wir spielen nicht mehr 120 Shows pro Jahr, wie wir das noch vor fünf Jahren gemacht haben. Wir brauchen einfach mehr Zeit, um uns zu erholen. Deshalb freue ich mich auch über Gigs, wo wir entspannt in den Abend reinspielen können. Wobei so’n Peaktime-Clubset ja geil ist. Das liegt uns einfach im Blut.
Wie hoch ist eigentlich noch der Spaßfaktor bei euren Auftritten?
Gernot und ich haben eigentlich immer riesig Spaß. Wir sind zwar über die Jahre ganz schön mäkelig geworden. Die technische Infrastruktur muss perfekt, die Promoter müssen nett zu uns sein. Ist das der Fall, geht dann das Publikum auch noch mit, gibt es bei uns kein Halten mehr. Dann liefern wir Show.