Podcast: midnattssoula

Mixe von Ramūnas Pranauskas alias midnattssoula sind ein Trip. Im Interview spricht er über seine liebten TV-Serien, seine Wahlheimat Trondheim und den Unterschied zwischen Platten kaufen und Platten diggen.

In welcher TV-Serie würdest du gerne einmal eine Woche leben?

Ramūnas Pranauskas: Ich liebe gute Anime-Serien. Deshalb fände ich spannend, mich in Samurai Champloo oder Cowboy Bebop wieder zu finden. Außerhalb des Genres Anime schaue ich gerade sehr gerne Vikings, The Knick, Stranger Things, und kürzlich habe ich Westworld für mich entdeckt.

Inwieweit widerspiegeln diese deine Persönlichkeit als Discjockey?

Ramūnas Pranauskas: Die Anime-Serien haben einen fantastischen Soundtrack. Vor allem der Soundtrack zu Samurai Champloo ist voller Perlen von seltener Qualität. “Mystline” von Nujabes zum Beispiel. Jeder, der mit instrumentalem HipHop vertraut ist, kommt irgendwann definitiv auf Nujabes, Fat Jon oder Force of Nature. Legendäre Namen und Meister auf ihrem Gebiet. Das liebe ich sehr.

In Cowboy Bebop dreht sich alles um den Jazz, es ist eine Art Space-Western, wie bereits der Name selbst impliziert. In den Soundtrack floss eine Menge Arbeit. Cowboy Bepop spielt in der Zukunft, im Jahr 2071 um genau zu sein. Man reist in bizarren Flugmaschinen, benutzt schlaue Technologien, und der Sound hat einen kosmischen Vibe. Space- oder Cosmic-Disco ist ein Genre der Musik, das ich wirklich sehr liebe.

Auch Stranger Things und The Knick haben großartige Soundtracks. In beiden ist der Sound des Moog-Synthesizers ziemlich dominant, und warscheinlich ist das auch so mein liebster Synthesizer, den es gibt. Stranger Things spielt in den Achtzigerjahren, ich bin selbst ein Kind der Achtziger, und so gibt es eine Menge Dinge, über die ich beim Schauen nachdenke. Die Achtzigerjahre ist auch mein Lieblingsjahrzehnt in der Musik.

The Knick spielt im frühen 20. Jahrhundert in New York. Ich war dort noch nie, aber es besteht kein Zweifel, dass dies eine der besten Städte dieser Welt ist. Viele tolle Dinge kamen von dort und kommen immer noch aus dieser Stadt, zum Beispiel die Beats In Space-Radiosendung. Ganz allgemein mag ich historische Filme und Serien, genauso wie ich auch klassische Musik mag. Ich habe acht Jahre Klavierunterricht bekommen.

Was mich an der Serie Vikings so fasziniert, ist, dass ihre Protagonisten stark, intelligent, abenteuerlustig waren, Eigenschaften, die man auch braucht, um in der Musikwelt bestehen zu können, wenn man seinem Publikum etwas präsentieren möchte, das es wahrscheinlich noch nie zuvor gehört hat. Außerdem lebe ich nun seit rund vier Jahren in Norwegen. Insofern ist es für mich ein Muss, diese Serie auch als Teil einer kulturellen Integration zu schauen.

Wie verhält es sich bei Westworld?

Ramūnas Pranauskas: Der Soundtrack ist ziemlich gut, aber nicht so spektakulär wie der Soundtrack der bereits erwähnten Serien. Ich mag die Klaviermelodie sehr. Die Serie basiert auf einer verrückten Idee, der sogenannten Westworld, einer Parallelwelt, in der die Gäste mit den Gastgebern alles machen können, was sie wollen. Ich bin in keiner Weise so obszön, brutal oder sogar widerwärtig, wie einige der Gäste in dieser Serie. Aber ich glaube, meine Mixe schaffen es auch, Menschen in andere Welten oder Dimensionen zu berbringen. Und sie stellen den Hörern auch eine Art Carte Blanch aus, wenn sie in diesen Dimensionen unterwegs sind. Hoffentlich sind meine Zuhörer alle freundlich und gut erzogen, wenn sie dort unterwegs sind.

Was hat dich denn zum Auflegen gebracht?

Ramūnas Pranauskas: Als ich sechs Jahre alt war, hat mich meine Mutter in die Klavierschule gesteckt, damit ich das Klavierspielen lerne. Meine Mutter ist selbst Geigenlehrerin, so dass ich denke, dass möglicherweise auch ein paar Gene mitbeteiligt sind. Mein älterer Bruder hat alle mögliche Musik gehört, Depeche Mode, The Prodigy, Aphex Twin, Beastie Boys, US3, Vanilla Ice, Run DMC, alle Arten von elektronischer Musik, Hardcore, Techno, Breakbeat, Drum’n’Bass, Ambient, IDM, und so weiter. Was in den frühen Neunzigerjahren eben so erschien. Er hat mich diesbezüglich sehr beeinflusst, da wir uns als Kinder auch ein Zimmer teilten und ich so quasi in diese Musik reingeschoben wurde.

Was hat dein Interesse an Dance Music ausgelöst?

Ramūnas Pranauskas: Zu Deep House, Soulful House und Disco fühlte ich mich sofort hingezogen. Da war ich etwa dreizehn Jahre alt. Ich habe Musik von Ian Pooley, DJ Tonka, Dimitri from Paris, MJ Cole, Crazy P, DJ Rasoul, Mark Farina, Julius Papp, und so weiter gehört. Damals habe ich aber noch nicht verstanden, dass die Philosophie von House und Disco, wohl jeglicher Tanz- oder Rave-Musik, eine positive Einstellung und Liebe beinhaltete und dass es darum geht, diese gute Stimmung, diese guten Gefühle, miteinander zu teilen. Das habe ich erst mit den Jahren verstanden. Und das ist es wahrscheinlich, was mich so angezogen hat und bis zum heutigen Tag anzieht.

Als Künstler nennst du dich mitnattsoula. Welche verborgene Bedeutung hat dieser Name?

Ramūnas Pranauskas: Midnattssol ist norwegisch und bedeutet übersetzt Mitternachtssonne. Bis ich nach Norwegen kam, habe ich dieses Naturphänomen noch nie erlebt. Ich habe das Wort um den Buchstaben U ergänzt, um ihn noch komplizierter zu machen für alle, die kein Norwegisch sprechen. Und dadurch bekommt er eine weitere Dimension. Die verborgene Bedeutung? Selbst in den dunkelsten Stunden der Mitternacht sind Licht, Wärme und Positives vorhanden, wenn man weiß, wo man danach suchen muss.

Du lebst und arbeitest in Trondheim. Was würdest du einem Gast zeigen?

Ramūnas Pranauskas: Ich studiere hier, bin also genau genommen kein Einheimischer. Zuallererst nehme ich meine Besucher zum Gråkallen, mit 553 Meter über Meer einer der höchsten Punkte im Trondheimgebiet. Von dort aus kann hat man einen der schönsten Panoramablicke auf die Stadt – wenn man Glück hat und der Himmel klar ist, was im Herbst und Winter sehr selten vorkommt.

Dann gibt es Nidarosdomen, die Nidaros-Kathedrale. Sie ist die zweitgrößte Kathedrale in Nordeuropa. Der Bau begann bereits im Jahr 1070, im Jahr 1300 wurde sie fertig errichtet. In dieser Kathedrale werden die Könige Norwegens geweiht. Die Kathedrale hat eine wirklich beeindruckende Architektur. Bakklandet, das historische Stadtzentrum am Ufer der Nidelva, ist auch wunderschön. Die meisten Gebäude stammen aus dem 17. Jahrhundert. Mit all seinen Anlegeplätzen, Lagern und alten bunte Holzhäusern ist es schön und gemütlich. Hier gibt es viele schöne Boutiquen und Cafés. Die Norweger kennen sich mit Kaffee aus und lieben ihren Kaffee. Ein bisschen erinnert mich dieser Stadtteil an Amsterdam. Trondheim ist auch eine Stadt der Museen. Man kann sehr viel Zeit damit verbringen, nur diese zu besuchen.

Wie ist die Musikszene in Trondheim?

Ramūnas Pranauskas: Norwegen ist ein Rock-, Black- und Death Metal-Land, Trondheim ist eine absolute Rock-Stadt. Es gibt hier selbst ein Museum für Pop- und Rockmusik namens Rockheim. Die Rock-Szene ist wirklich groß hier, die Indie-Szene ist auch gut. Club- und Tanzmusik ist eher unterrepräsentiert. Es gab zwei Orte, wo man ausgehen konnte oder gute elektronische Musik hören konnte. Einer dieser Orte wurde vor kurzem geschlossen. Jetzt haben wir nur noch eine Location, die aber vielmehr Bar als Club ist. Das Programm ist schon abwechslungsreich aber es gibt keine regelmäßige Veranstaltungsreihe. Trotzdem haben die Betreiber schon DJs wie Eddie C, Pete Herbert und Dicky Trisco zum Auflegen eingeladen.

Du bist musikalisch breit aufgestellt. Wonach suchst du beim Diggen?

Ramūnas Pranauskas: Jeder von uns hat seine eigenen Muster und Routinen. Die meiste Zeit verbringe ich online, vor allem auf Discogs. Viele schlaflose Nächte und unzählige Stunden habe ich auf dieser Seite schon verbracht.

Wie unterscheiden sich Platten kaufen und diggen?

Ramūnas Pranauskas: Diggen ist oder sollte die Eigenschaft eines jeden Discjockeys sein. Ein Discjockey sollte meiner Meinung nach zuerst ein Digger sein, dann erst kommt die Leidenschaft, seine Entdeckungen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Wer eine dieser Eigenschaften verliert, kann mit Auflegen eigentlich aufhören. Es macht überhaupt keinen Sinn, in einen Plattenladen zu gehen, wenn man kein Digger ist. So einfach ist das.

Was waren bisher deine liebsten Fundstücke?

Ramūnas Pranauskas: Ich liebe sogenannte Rare Grooves, also funkige, groovige Platten aus den Siebziger- und Achtzigerjahren, die nur in Kleinauflagen oder als Whitelabel gepresst wurden. Wenn man so etwas findet, hat man das sogenannte Schwarze Gold gefunden. Meiner Meinung nach ist das einer der Gründe, warum MCDE so respektiert und geschätzt wird. Er hat diese Qualität eines echten Diggers, Platten zu finden, die längst verschollen geglaubt oder vergessen sind. Und dann stellt er sie wieder auf die unerwartetste Art und Weise der Öffentlichkeit vor. Er ist ein wahrer Meister.

Mit drei Freunden machst du die Radiosendung Borderless. Wie habt ihr zusammengefunden?

Ramūnas Pranauskas: Wir machen das zu viert, jeder von uns hat seine eigene Funktion im Team. Wir alle kommen ursprünglich aus Litauen, leben aber über ganz Europa verbreitet, in Skandinavien, Großbritannien, Spanien. Ursprünglich hat Eugenijus ‘oktenk’diese Show gestartet, dann aber hat er uns dazu eingeladen, mitzumachen. Inzwischen haben wir 23 Sendungen ausgestrahlt und es fühlt sich für uns so an, als ob die Zukunft hell scheint.

Wie hilft dir diese Show, deinen Geschmack und Stil zu stärken?

Ramūnas Pranauskas: Bisher habe ich keinen großen Unterschied in meinem Geschmack oder Stil bemerkt. Das Projekt heißt nicht nur Borderless, es bedeutet auch, dass wir uns nicht auf einen bestimmten Stil oder ein bestimmtes Genre beschränken. Was immer wir oder unsere Gäste fühlen, was für Gefühle sie mit dem Publikum teilen wollen, legen sie auf. Auch die Sender, mit denen wir zusammenarbeiten, geben uns nichts vor. Da alle vier von uns völlig unterschiedliche Geschmäcker haben, macht die Show noch interessanter und abwechslungsreicher.


PODCAST

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midnattssoula & Borderless

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