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Wie wird das neue Jahr? Was sind die grossen Sommer-, vielleicht sogar Jahrestrends? Welche Künstler bestimmen das Geschehen, welche haben ihren Zenit überschritten? Diese und viele andere Fragen behandeln ausgewählte Gastautoren auf Keep-it-Deep in den kommenden Tagen in teils ernster, teils humoriger Weise. Den Anfang macht der Gründer dieses Blogs. Groove-Redakteur Sascha Uhlig und Gunther, Gründer des Connaisseur-Blogs Monday Edition, folgen in den nächsten beiden Ausgaben.
Keep-it-Deep: 2013 wird das Jahr des Trance. Weit ausladende Flächen, sehnsüchtige und durchaus verkitschte Klangmuster kehren zurück in die Tracks. Epische Breaks geben diesen Zeit und Raum, um sich aufzubauen. Die Dramaturgie, schon immer wichtig, wirkt dennoch etwas langatmig und dämpft die Freude über den erlösenden Drop.
Dieser gehört der Vergangenheit an. Genauso auch stakkatoschnell an- und abschwellende Synthesizer-Riffs. So etwas gibt es 2013 nur noch bei Deadmou5 und der Swedish House Mafia. Skrillex dagegen zieht sich zurück. Er flieht, findet Zuflucht auf dem europäischen Festland und der britischen Insel. Er bezieht zwei Wohnungen, eine in Bristol, die andere in Leipzig. Fortan produziert er Dubstep, den guten, und House. Mit Vintage Drum Machines und Synthesizern. Adieu Ableton, war schön mit Dir. Bonjour Waldorf, Doepfer, und Oberheim. Seine Stücke gibt es nur noch auf Vinyl. Das ist durchsichtig, bunt, marmoriert. Ein Zugeständnis an seine ehemaligen Fans, die den plötzlichen Sinneswandel nicht verschmerzen können.
Warum jedoch Trance? Vielleicht empfiehlt sich ein kurzer Blick zurück auf den Sommer 2012. “Lost In A Moment” von Lee Burridge und Matthew Dekay, erschienen auf Innervisions, war allgegenwärtig. In Clubs, auf Festivals, in Radiosendungen und Podcasts. Weit aufgespannte Harmoniebögen, seidig weiche, anschmiegsame Synth Pads gab es dort reichlich. Innervisions sei kein Indikator für Trends, höre ich kritische Stimmen sagen. Gegenargument? Die Innervisions-DJs spielen ihre Label-Hits zum Zeitpunkt X, veröffentlichen sie zum Zeitpunkt X+1, und spätestens ab dem Zeitpunkt X+2 versuchen alle anderen Labelinhaber, einen ebensolchen Hit zu landen. Ist nicht erst seit “Rej” so. Ein weiteres Indiz: Auf einmal fragen Magazine wie beispielsweise Dummy bekannte Musiker nach ihren liebsten Trance-Platten. Im Januar durfte James Holden aus dem Nähkästchen plaudern. Mit dabei: “In C” von Terry Riley und “Cor Ten” von Richie Hawtin als Plastikman.
Und was machen die richtig Großen dieser Zunft? Tiesto spielt sein “Adagio for Strings” neu ein, live, zusammen mit mehreren philharmonischen Orchestern. Die Berliner und Wiener nehmen eine Einspielung auf. Genauso auch das SWR-Orchester Baden-Baden und Freiburg. Das Album erscheint bei Deutsche Grammophon, Remixe gibt’s von Ricardo Villalobos, Robag Wruhme, Max Richter, Atom TM, ASC, TVO/The Village Orchestra und Richard Dorfmeister als Tosca. Und was machen die ganzen van Buurens, und van Dyks? Sie spielen alte Hits neu ein, ein “Summer 2013 Anthemic Remix” tut’s ja auch, um ein paar Tonträger abzusetzen und Stadien zu füllen.
Szenenwechsel. Britische Insel. Sie wird noch viel mehr vierzehn-, fünfzehnjährige Kids hervorbringen, die unzählige Tracks auf ihren Festplatten – oder gar in der Cloud – liegen haben. Wunder- oder gleich genredefinierende Künstler. Alle. Disclosure stolpern kurz über ihre eigenen Beats, ziehen sich, kaum dass sie in grossen Clubs auflegen dürfen, aus dem operativen Geschäft zurück. Aufhören, wenn es am schönsten ist. Quatsch. 2013 geht es für die beiden Jungs erst richtig los. Kooperationen, Feature-Produktionen, Remixe, und so weiter. Watch them coming! Und aufgepasst: Wo Disclosure herkommen, gibt es noch ganz viele andere. Aber das hatten wir ja bereits zu Beginn dieses Absatzes.
Und was passiert in der Region Freiburg? Im Südwesten hält endlich Deep House Einzug. Die Label Stil vor Talent, Katermukke und Kallias, um nur einige zu nennen, verlegen ihren Sitz an die Dreisam. Kallias ziehen in den Stühlinger, weil’s dort ja so “berlinig” ist. Katermukke und Stil vor Talent, deren Disc Jocks etwas länger im Business sind, brauchen’s ruhiger. Für sie kommen nur die Stadtteile Herdern oder Wiehre mit ihren ehrwürdigen Stadthäusern in Frage. Neben Labelarbeit und wochenendlichem Auflegen – der EuroAirport Basel ist ja nicht weit – betreiben die Jungs eine Bar. Keinen Club. Denn Clubs wird es in Freiburg ab Sommer 2013 keine mehr geben. Erstens interessiert die Musik sowieso kaum einen Gast. Die stehen oder sitzen lieber rum und unterhalten sich. Zweitens haben wir in Freiburg ein halbes Dutzend Bar-DJs, die mit Laptop und Mini-Lautsprecher bestens zurecht kommen. Drittens reicht für die auch eine Kleinstinvestition für Infrastruktur. Monitorboxen, Systeme, Erdung, Subs, Tops, Gedöns, braucht es alles nicht. Und für die Bar Jocks kommt auch noch was bei rum: niemand fragt sie, ob sie nicht Track A oder B spielen können. Warum? Siehe “erstens”. Idealzustand. Oder?
Keep-it-Deep: So wird 2013 – Alle Texte im Überblick