Das Londoner Plattenlabel Night Slugs steht an der Spitze innovativer Clubmusik. Sogar der altehrwürdige Guardian widmet ihm regelmässig seine Aufmerksamkeit. Am Samstag kommt mit Philip Gamble alias Girl Unit eine Stammgrösse des Labels nach Freiburg.
„The Innovator“: Übersetzt bedeutet der würdigende Beiname des Detroiter Techno-Musikers Derrick May „Wegbereiter“ und „Erneuerer“. Er haftet ihm seit bald dreißig Jahren an, gilt er doch bis heute als weltweit wichtiger Motor der Szene.
Wenn man den Begriff der Innovation genau nimmt, sollte Mays Ehrenname eigentlich auf Philip Gamble übergehen. Der Londoner Disc Jockey und Produzent spielt am Samstag im Drifter’s Club in Freiburg. Seit 2010 gehört der 28-Jährige, der sich mal Girl Unit, dann wieder Hysterics nennt, zum festen Künstlerstamm des Plattenlabels Night Slugs. Dessen Gründer, Alex Sushon alias Bok Bok und James Conolly, genannt L-Vis 1990, kümmern sich darum, fest gefahrene musikalische Formen und Strukturen im Studio und auf der Tanzfläche aufzubrechen.
UK Garage oder Dubstep, House oder Techno: Night Slugs-Künstler weichen mit ihrer Musik das zweiwertige Korsett des Entweder-Oder auf. Ihren DJ-Sets und Produktionen liegt die Mehrwertigkeit des Sowohl-als-Auch zugrunde. Aus analogen Rhythmusmaschinen wie der Roland TR-808 arbeitet Gamble harsche Stotterbeats heraus. Sie erinnern an Detroiter Ghetto Tech oder Footwork aus Chicago. Er unterlegt sie mit Harmonien und Melodien, die er aus Pop- und Rhythm and Blues-Songs herausschält. Der düsteren Atmosphäre Londoner Grime-Stücke stellt er flockig-flotten 2Step gegenüber. Zusammengefasst finden sich diese Stimmungen auf seinen Platten „Wut“ (2010), „I.R.L.“ (2011) und „Club Rez“ (2012), die er in bester Do-it-yourself-Manier im eigenen Schlafzimmer produziert hat. Ein Sound zwischen Euphorie und Raserei.
Dieser ist – neben Szenemagazinen wie Pitchfork und Fact – auch dem altehrwürdigen Guardian anerkennende Worte wert. So schreibt der Autor Paul Lester bereits im November 2010: “that Girl Unit, and not Joy Orbison or Jakwob or Joker, might be the one to push through in 2011 and become the dubstep act to make it in the mainstream Mercury prize world”. Und in Anbetracht Gambles wilder, grenzgängerischer Stilmischerei kommt Lester zu dem Schluss: “you’ll only love the aptly titled, colossal, clattering culmination that is Showstoppa if you can face an enormous avalanche of all these elements at once. We can – but then, we had an early night.” (Quelle: Guardian).
Im Drifter’s Club stehen außerdem an den Plattenspielern: Kollektiv B und das Duo Subjkts. Letzteres hat 2011 und 2012 die „Chez“-Partys organisiert und Künstler wie Leon Vynehall, J.Phlip und The Phantom nach Freiburg geholt. Der Engländer Vynehall hat erst in diesem Frühjahr sein viel gefeiertes Debütalbum “Music For The Uninvited” veröffentlicht. Bartosz Kruczynski, so The Phantom mit bürgerlichem Namen, hat seinen ersten Longplayer “LP 1” gerade dieser Tage im Selbstverlag auf seinem Label Silverback Recordings herausgebracht. Die Chez-Jungs das Potenzial dieser Elektronikmusiker schon Jahre zuvor erkannt und können deshalb getrost als Wegbereiter der Freiburger Bassmusik-Szene bezeichnet werden.
Weiterführende Informationen:
Chez & Fetepetete present: Girl Unit, Samstag, 24. Mai 2014, 23 Uhr; Drifter’s Club, Schnewlinstraße 7-9, 79098 Freiburg.
Weiterführende Links:
Facebook: Girl Unit
Soundcloud: Girl Unit
XLR8R: Podcast 156 – Girl Unit (2010)
Nmbrs: Podcast – Girl Unit (2010)
Soundcloud: Night Slugs Mix NSMix 003 – Girl Unit (2013)
Soundcloud: Hysterics (Girl Unit) – Live at Boiler Room (2014)
[Dieser Text erscheint als gekürzte Fassung in der Badischen Zeitung // Foto: Girl Unit – Braiden Shot]
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