Aufgrund des ganzen Introvertiertheits-Hypes und der kaum aufhören wollenden Seelensuche nach dem musikalischen Urgrund von (Deep) House und (Detroit) Techno, frage ich mich, ob – und falls ja – wo und bei welchem Produzenten, bei welchem Label noch gute aber einfache, schlicht gehaltene Club-/Floor-taugliche House-Sounds veröffentlicht werden.
Manchmal scheint die Suche danach genauso wie das Tagesgeschäft eines Gastro-Kritikers. Täglich muss er die immergleichen Grüsse aus der Küche entgegen nehmen. Irgendein Quark- oder Pestobatzen, dazu ein einzelner Fleischwürfel in Aspik, ein Hühnerspiesschen im Erdnussmantel oder eine fritierte und längst wieder erkaltete Garnele. Aufgewertet wird das ganze mit einem fritierten Basilikumblatt. Es empfiehlt sich, einen Tag vor dem Restaurantbesuch die Speisekarte zu studieren. Denn daraus lässt sich oftmals ableiten, woraus der Gruss aus der Küche bestehen wird und in welcher Form er erscheint. So bleibt einem genug Zeit, eine erfreut-erstaunte Miene einzuüben.
Eine Zeitlang wurde alles zu Zentimeter hohen Türmchen aufgeschichtet. Gartengemüse, Fleischcheiben, und so weiter. Das Konstrukt wurde serviert auf – in der Regel – rotem Linsensalat und als Verzierung streuten die Köche eine Handvoll Blätter – essbarer! – Frühlingsblumen darüber. Dazu gesellten sich Tupfer eines eingedickten Balsamico-Essigs. Wurde Risotto gereicht, lag einsam auf dem blassen Reishaufen ein einzelner Safranfaden. Dieser stammte dafür aus dem Schweizer Safrandorf Mund, was im Endergebnis nur zu einer Preis-, nicht aber zu einer Geschmackssteigerung führte.
Die Nachspeisen bestanden aus irgendwelchen Espumas, einem aufgeschäumten Hauch von Garnichts. Dieser schmeckte auch nur nach Himbeere, Schokolade oder Mango, weil der Chef de Patisserie vor Verzehr der Löffelsüssigkeit eigens an den Tisch kam, und wortgewandt Anleitungen zum Genuss mitlieferte. Der Geschmack war also nur kraft gedanklicher Vorstellung vorhanden.
Verkünstelungen dieser Art hat heutzutage beinahe schon jeder Systemgastronomie-Anrichter drauf. Doch nach – wirklich – gut schmeckendem (schwäbischen) Kartoffelsalat oder (badischen) Brägele muss man verdammt lange suchen.
Genauso ist es auch mit der Suche nach dem einfachen, schnörkellosen und ehrlichen Clubtrack, der nicht (fälschlicherweise) den Anspruch erhebt, Chicago oder Detroit oder New York oder sonst irgendetwas zu sein. Ein Clubtrack, der aber auch nicht flach, platt und charakterlos ist und nach musikalischer Systemgastronomie oder Fast Food-Kette “schmeckt”. Jeder DJ / Hörer hat da selbstredend seine persönlichen Vorstellungen und Vorlieben. Diese stellen auch eine -(un-)bestreitbare – Geschmacksfrage dar.
Wer für mich in seiner Einfachheit überzeugt, ist der aus Neapel / Italien stammende DJ und Produzent Rio Padice. Wie sein Discogs-Profil zeigt, kann er bereits auf eine ganze Menge Releases zurückblicken. Aufmerksam geworden auf ihn bin ich jedoch erst mit der 12″ Rio Padice presents The Luchador“.
Wie auf dieser 12″, im letzten Jahr auf Tsuba Records erschienen, leisten die pumpenden Kickdrums auf auf Morris Audio Schwerstarbeit und tragen die Hauptlast der Verantwortung für die Tracks. Ausgekleidet wird das stabile Rhythmus-Gerüst mit nur wenigen Aromastoffen. Mal sind es watteweiche Pad-Sounds, die sich wie ein leichter Mantel um die Produktion legen, mal ist es ein Klaviermelodiefragment, mehr Fingerübung, mehr repetitives Moment, als tatsächlich Melodie. Sicher nichts, was einen absoluten Ewigkeitsanspruch begründet. Doch den stellt hier auch niemand.
English (short) version: bone-dry, raw and honest house music, coming from the heart, aiming to motivate and engage you to dance. Good job, Rio Padice!
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