Zumindest teilweise bin ich ein Kind der Achtziger Jahre. Mit grosser Begeisterung hörte ich die Aerobic-Kassettten meiner Mutter. Schon damals fesselten mich Beatstrukturen und Rhythmen. Ehrfürchtig still verharrte ich vor den Sagenfiguren und Monstergestalten, die mich von Rücken- und Schulteraufnähern der grossen Nachbarskinder herab anstarrten. Und nichts wünschte ich mir sehnlicher als stonewashed Jeans mit weissen Seitenstreifen und neonbunte Armbänder.
Auch in kulinarischer Hinsicht bin ich von dieser Zeit geprägt. Allerdings – Aerobic-Kassetten sei Dank – gingen diese ganzen Mayonnaise getränkten Salate auf Nudel- oder Reisbasis, wahlweise mit oder ohne Hühnerfleisch, mit oder ohne Dosenananas, an mir vorüber genauso wie der Toast Hawaii. Kannte ich nicht. Meine Eltern lebten einfach zu gesund. Dafür gab es – kleine Kinder sind ja für Süsses besonders empfänglich – öfters einmal Nachtisch. Besonders beliebt war der sogenannte Pfirsich Melba. In einer – durch das kalkharte Wasser der Spülmaschine milchig trüb gewordenen Glasschale schwamm in einer gelblichen, klaren Flüssigkeit eine Kugel Vanilleeis. Sie wurde bedeckt von zwei Dosenpfirsichhälften, die von einem, ja, Wintermantel aus Sprühsahne eingehüllt wurden. Eine dieser magentafarbenen, klebrigen Kirschen schwamm auch noch herum. Wird heutzutage kaum noch serviert. Oder?
Erst Jahre später machte ich die Feststellung, dass der “Pfirsich Melba” eine geschichtsträchtige Süssspeise sei. Eine Kreation des französischen Gourmet- und Kochtitanen Auguste Escoffier. Wenn man, wie der Franzose es vorschreibt, Eis und Himbeercoulis hingegen selbst zubereitet, wenn die Vanille frisch ist und der Pfirsich baumgereift, schmeckt das wirklich göttlich.
Genug als Vorspann. Unter dem Pseudonym Peach Melba wird von nun an John Maclean wohl des öfteren anzutreffen sein. Damit grenzt er sich, der zusammen mit Nancy Whang und einigen anderen Musikern die Formation The Juan MacLean bildet, von seinen Electro-Pop- und Disco-House-Schöpfungen ab, die er in den letzten Jahren vorwiegend auf dem New Yorker Label DFA Records veröffentlicht hat. In nahezu zehn Jahren Produzententätigkeit sind dabei einige landmark records entstanden, die den Sound von DFA Records massgeblich mitgeprägt haben. Meine persönlichen Highlights, “Feels So Good” und “Happy House“, stammen allerdings nicht aus der Anfangszeit seines musikalischen Schaffens. Mit dem Amalgam aus Elektro, Synth Pop und Disco, charakteristisch für die ersten Platten, freunde ich mich so langsam erst an.
Anyway. Als Peach Melba lässt er mich mit zweigeteilter Meinung zurück. Denn die Originalversion von “Can’t Let Go” – man darf sie durchaus in der House-Schublade ablegen – schreitet mir ein wenig zu schnell voran – und erweist sich für dieses Tempo auf Dauer ein wenig muskelschwach. Auch die Synthstabs, eines der dramaturgischen Momente dieses Tracks, lassen für meinen Geschmack die Spannung vermissen und sind – genauso wie die Sprachschnipsel – nicht stimmig inszeniert.
Anders hingegen der “Dub” sowie der “Dub Of Dub“. Hier hat John Maclean eine solide Grundmasse an Muskeln aufgebaut, die gleichermassen auf Kraftausdauer und Maximalkraft trainiert sind. Bassschwere Beats treffen auf rhythmisierende, scharf akzentuierte Synthstabs. Es öffnen sich Hallräume, aus denen Flächennebel und abgehackte Vocal-Fetzen aufsteigen. Der metallische Groove drückt und zeichnet verantwortlich für die Muskelexplosion – und zeigt den Aerobic-Fetischisten ihre Grenzen auf. Zwei Super-Pump-Einheiten!
English (short) version: Peach Melba is a side project – or soon-to-be main project? – launched by dj and producer John Maclean (The Juan Maclean) together with vocalist Amy Douglas. Their first 12″ “Can’t Let Go” appears with three takes on the same track. The original lacks tension and power, in my very own opinion. But the “Dub” and “Dub Of Dub” come with an inner tension and high voltage power to provide a super-pump workout!
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