Zwei Mal konnte / durfte ich über die vergangenen Jahre hinweg einem DJ-Set des Detroiters Patrice Scott beiwohnen, zuletzt im Oktober 2009 in Basel im Rahmen des Shift Festivals. Seine beiden Auftritte haben bei mir einen bleibenden Eindruck hinterlassen, haben sich nahezu unauslöschlich in meine Erinnerung eingeprägt. Mitausschlaggebend für diesen lange anhaltenden emotionalen und gedanklichen Nachhall war beziehungsweise ist mit Sicherheit die Tatsache, dass der überaus sympathische Detroiter DJ und Produzent eine ganze Menge “unreleased stuff” oder “not yet listed on Discogs”-Material auf die Plattenteller draufpackte.
Unreleased – damit liege ich möglicherweise nicht allzu falsch, denn Patrice Scott gilt als ein Produzent, der mit seinen Werken im Hinblick auf eine Veröffentlichung / Verfügbarkeit für einen grösseren Kreis sehr behutsam umzugehen scheint. Diesen Rückschluss lässt zumindest seine Aussage in einem Interview auf NISH zu, in dem er preisgibt: “I made that track a long time ago but I just wanted to make sure it was right when I put it out. I’ve got a whole load of music but I am my own worst critic and I’m like ‘is this good enough?’. If I got good music that I feel is ready to put out every other month then maybe…“.
So unterliegt auch kaum einem Zweifel, dass “Distance Against Time“, seine neueste 12”, ein Kondensationsprodukt ist, bei dem zwischen Entstehung und Herausgabe ebenfalls ein sehr langer Zeitraum verging. Vielleicht ist auch der Titel als eine dahingehende Anspielung zu verstehen. Das jedoch weiss nur der Urheber selbst.
“Distance Against Time” kann musikalisch nahtlos daran ansetzen, wo er mit der im Frühsommer 2009 veröffentlichten Excursions EP aufgehört hat. Aus den einfachsten Grundzutaten, Beat, Bass sowie Instrumental-Sample, gelingt ihm wiederholt meisterhaft, einen langgedehnten Spannungsbogen zu entwickeln und den hypnotisierenden Charakter repetitiver Drumpatterns einzufangen, sei es auf “Distance Against Time“, sei es auf “Eclipse“. Der Titeltrack bringt die Schläfen zum Pochen mit ostinaten Basstönen und dumpfen Kickdrums, die sich mit einer geschmeidigen, gefühlvollen und fast schon zerbrechlichen Klavier-Akkordmelodie verzahnen. In ihr, so scheint es, schwingt die sehnsüchtige Haltung eines nachdenklichen Produzenten mit, der wie Patrice Scott tief im Jetzt verankert ist und sich dennoch gerne an die (Hoch)Zeit der Motor City jenseits des grossen Teiches erinnert. “Eclipse” hingegen atmet mit seinen Synthesizer-Modulationen, seinem metallisch schmetternden Klang ein wenig den Geist der Detroiter Elektro-Formation Drexciya oder der DMX crew. Grossartig! Und wenn ich nicht Mitte März so viel um die Ohren hätte, würd’ ich mich am 06. März 2010 – wieder einmal – nach Basel begeben, um ihn im Satisfactory erleben zu können.
English (short) version: Patrice Scott, the Detroit based master of deep grooves in between house and techno, is again producing evidence on his latest 12″ “Distance Against Time”, on which he dives deep into raw hypnotic drum patterns sustained by a lush piano melody on the on side and electronica soundscapes in a Drexciyan- or DMX Crew-way on the other side. Great!
Mehr im Web:
Sistrum Recordings
Patrice Scott @ MySpace
Patrice Scott – Deep In Detroit Mix 2009