Musik, die man gerne mal als Dream House labelt, dafür stehen Kennedy und Space Ghost. Auf Pacific Rhythm treten die beiden Produzenten erstmals gemeinsam auf.
Alle Menschen träumen. Nicht alle Menschen können sich jedoch an das Geträumte erinnern. Die Bilder und Szenen sind flüchtig. Kaum erwacht, sind sie weg, eingehüllt in einen Nebel des Vergessens. In der Schlaf- beziehungsweise Traumforschung spüren Wissenschaftler den nächtlichen Träumen nach. Dazu zeichnen sie Hirnwellen von Probanden auf, scannen deren Hirnareale, und so weiter.
Vielleicht, und jetzt wird es etwas weniger wissenschaftlich, bräuchten sie dafür nur die Dream Machine von Kennedy, einem Produzenten aus Amsterdam in den Niederlanden. Sofern es sie überhaupt gibt, muss sie ein utopisch-phantastischer Apparat sein. Ein Indiz für ihre Existenz ist Kennedys gleichnamiges Plattenlabel. Mit Hilfe dieser Dream Machine vertont Kennedy “Gedanken, Empfindungen und Geräusche, die im Kopf einer Person entstehen”, er lässt sie von Maschinen übersetzen. So kann man es auf der Bandcamp-Seite des Labels nachlesen.
Diese Gedanken und Empfindungen klingen nach House, der einer klassischen Schule folgt. Begründet unter anderem von Larry Heard oder Ron Trent. Ein wenig High Tech Jazz und Italo House mischen sich dazu, wie er auf Plattenlabel wie Irma Records, DFC (Dance Floor Corporation) oder UMM erschienen ist – und den man gerne mal als Dream House labelt.
Musikalisch in dieselbe Kerbe schlägt Kennedy, der zum künstlerischen Umfeld von Music From Memory und Red Light Records gehört, nun für das kanadische Plattenlabel Pacific Rhythm mit Sitz in Vancouver. Sie heißt “Other Phases Of Sleep”, bleibt allerdings dem Traumhaften der House-Musik verhaftet. Synthesizer-Pads schweben auf dem Opener “Asleep” über einem sonor brummenden Bass. Dieser kreist stoisch um sich selbst und um krispe, scharfe Snare Drums. Ein Sound wie geschaffen für einen Roadtrip der ligurischen Küste entlang. So wie aufsteigender, maritimer Nebel die felsigen Küsten umspielt, umspielen die Synthesizer-Flächen die Drums. Ein Traumbild, das realistischer wird, je mehr man diesen und die zwei weiteren Stücke “To Paradise” und “Signal A5” hört. Ein innerer Film.
Diese LoFi-Spielereien geht auch Sudi Wachspress alias Space Ghost mit. Ihm wurde die Aufgabe zuteil, “Asleep” zu remixen. Der Produzent aus dem kalifornischen Oakland sorgt mit seinem Ansatz für eine gewisse Lockerheit. Er bricht den Beat synkopisch auf. Die maritimen Nebel, die Synthesizer-Flächen, reißen ein wenig auf. Sonnenlicht dringt hindurch, akustisch dargestellt durch das melodische Motiv im Breakdown. Space Ghost, der Mann hinter den wunderbaren Alben “Dance Planet” (2022) und “Endless Light” (2018) , weiß einfach, wie man die Blütezeit des Italo House mit der Seele sucht – und festhält.
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