Heute bin ich in Rückblicklaune und habe mir dafür einige Label vorgenommen, deren Veröffentlichungen das Jahr 2011 in Sachen (Deep) House aus meiner Sicht wesentlich mitgeprägt haben. Die Rückschau eröffne ich mit Kann Records, das 2008 von Sevensol, Bender und Map.Ache gegründet wurde. Nicht nur was den rein numerischen Output betrifft, war 2011 das bisher stärkste Jahr der Leipziger Plattform für den leidenschaftlichen House-Connaisseur mit höchstem Anspruch. Auch in Sachen Musik haben die Labelbetreiber sowie die einzelnen Produzenten für einen anspruchsvollen Jahrgang für Geniesser gesorgt, die etwas übrig haben für dichte, raffiniert komponierte und tiefgründige Musik. Die Messlatte liegt entsprechend hoch für das bevorstehende Jahr 2012. Doch das Label wird der Herausforderung, das Niveau halten zu können und in der Spitze noch feiner zu werden, ganz bestimmt gewachsen sein. Davon bin ich überzeugt!
Das Jahr 2011 begann für Kann Records mit einer Doppel-12″, einer kleinen Labelcompilation namens “Family Horror. Sie vereinte insgesamt acht Künstler, darunter Sevensol & Bender, Map.ache und Johannes Beck aus dem engen Familienkreis, sowie Even Tuell vom Workshop-Camp, den unvergleichlichen Efdemin sowie Schwedens unbestrittene Nummer eins für House mit perlenden Melodieläufen und dezent angetrancter Atmosphäre, Dorisburg. Des Weiteren stellte die Compilation ein ganz neues Mitglied der Familie vor, und zwar Falk Golz alias Falke. Die Compilation startet mit “Emotion” von Dorisburg, einem Track, der mit leichtem Dubrauschen und komplexen Rhythmusmustern einen tiefen, nicht fassbaren Raum auftut, gleichsam einer Oase der Ruhe und Gelassenheit. Körper, Seele und Geist erfahren hier eine Tiefenentspannung par excellence. Falke führt daraus hervor mit “Taunus”. Darauf glänzt der Produzent, der mir bis zu diesem Zeitpunkt noch völlig unbekannt war, mit einem dichten Rhythmusgeflecht und virtuosem Synthesizerspiel. Sevensol und Bender, Efdemin sowie Map.ache beschreiten demgegenüber einen direkteren Weg auf die Tanzfläche. Ein markanter Bass-Synthesizer-Charakter prägt “Molly” (Sevensol & Bender), “Enola” (Map.ache) zeichnet sich aus durch einen mitreissenden Swing und Efdemin verbindet auf “Plenum” die in seinen Tracks immer wieder durchscheinende, Dial’sche Coolness und Präzision mit der vielzitierten Kantigkeit Chicagoer Schule. Und während Even Tuell das Thema House seiner eigenwilligen, verschroben-kauzigen Behandlungsmethode unterzieht, beeindruckt Johannes Beck mit einer unter die Haut gehenden, intimen Ballade Nocturne für Piano und Streicher. Auf dieser Doppel-12″ zeigen die Jungs von Kann Records, dass House zwar ihr Grundthema ist, dieses Genre aber ein für verschiedene Einflüsse offenes sein kann, und dass die Beats nicht immer so gerade und geschliffen sein müssen, um ihre Wirkung zu erzielen.
Der Sommer 2011 stand im Zeichen von Daniel Stefanik. Zum Jahresende begibt der Leipziger DJ und Produzent sich unter die Fittiche der Cocoon-Booking Agentur, was ihm in den kommenden Jahren sicher ein gewisses Mehr an Gigs und damit auch Erfahrungen bringen wird. Diese wird er im heimischen Studio hoffentlich weiterhin zu so wunderschönen Kleinoden verarbeiten, wie er sie auf “In Days Of Old Pt.2 abgeliefert hat. Stefanik erweist sich auch im zweiten Teil seiner In Days Of Old-Reihe als Meister einer dunklen House-Ästhetik, die sowohl mit bassschwangeren Grooves und schwergewichtigen Kickdrums (“Four”) daherkommen kann als auch mit sphärischen Synthesizer-Elementen ein Traumreich für die Feen, Elfen und Elben der Nacht errichten kann (“Five”). Verlangt nach Teil drei!
Das Jahr 2011 endet auf Kann Records mit “Undermyarms von Falk Golz alias Falke. “Undermyarms”, “Latenight” und “Flying” erzeugen, alle eingebettet in kosmische Harmonie, kontraststarke Stimmungsbilder wie ein Schwarzweissfilm und eröffnen Erlebnisräume voller Emotionalität, die ihre Anziehungskraft nie verlieren werden. Was für ein Einstand, und was für ein Ausklang für das Jahr 2011!
English (short) version: Kann Records, founded by Map.ache, Sevensol and Bender, was one of this year’s winners on behalf of my personal label favourites. It convinced with strong releases covering a wide range of individual artists and individual styles and sound colours, all based on a solid house groove.
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