Bjørn Schaeffner ist ein Botschafter. Seit vielen Jahren gibt er seiner Leidenschaft – die elektronische Musik – die richtigen Worte und verpackt sie in liebevolle Geschichten. Diese erscheinen regelmässig auf Fachblogs und in Fachmagazinen wie Resident Advisor und de:bug, aber auch in den Feuilletons von Schweizer Zeitungen wie der Neuen Züricher Zeitung und dem Tagesanzeiger. Dort spielt Schaeffner eine seiner Stärken aus: unterhaltsam Wissen vermitteln und das Interesse nach weiteren Informationen und Hintergründen wecken. Und wo die Worte aufhören, fängt bei Bjørn Schaeffner stets Musik an, und zwar bei seiner Podcastreihe roof.fm, die mit Mixen von – unter anderem – Big Strick, Roman Flügel und Efdemin erfreut.
Love. Love. Love. [Der musikalische Höhepunkt 2012: Lieblingsalbum, Lieblings-EP, bestes DJ-Set, beste Clubnacht 2012]
Lieblingsalbum und Lieblings-EP: Anfang Jahr war ich sehr vom Lauer-Album angetan – und im Bann des kongenial dekonstruierten Holger Wüst-Videos zu “20’000 BC” mit Gudrun Landgrebe. “Boring Tone” – der als Hidden Track auf die CD gepackt war! Und dann, es läuft fast jedes Jahr gleich ab. Wenn der Winter so richtig unausstehlich wird, Anfang März, dann kriege ich den Blues. Bis mich ein warmes Frühlingslüftchen aus meiner Winterstarre befreit. Dieses Jahr war das “New For U” von Andrés. Lustigerweise konnte ich den Track aber im Sommer schon nicht mehr hören. Er ist mir verleidet, jedenfalls für den Moment.
Im Juli eroberte dann die schwebende Schönheit von “Retina Dreams” auf der Workshop 15, ja, klingt pathetisch, mein Herz. Fast zeitgleich zum DJ-Set, das selbiger Thomas Hammann (alias 808 Mate) für Roof.fm aufgenommen hatte. Der Höhepunkt meines Podcast-Jahrs. Weitere Lieblinge im 2012: Immer wieder Running Back und Sex Tags Mania. Cómeme. Golf Channel. CCO auf Lux Rec. DJ Fett Burger mit seinem tollen Trush Mix. Die EP von Mark Fell & DJ Sprinkles. Das Album von Actress. Und natürlich das Album von Daphni, wenn für auch für mich 2011 das eigentliche Daphni-Jahr war, als “Ye Ye” und “Yes, I know/Ne Noya” auf Vinyl erschienen.
Bestes DJ-Set und beste Clubnacht 2012: Ich muss dieses Jahr unglaublich viele gute DJ Sets verpasst haben. War es Pech, gekoppelt mit dem Umstand, dass ich nicht so viel aus war? Beim Kerri Chandler-Set auf dem Murtensee war ich absent: der versenkte gemäss Handyvideos fast ein Partyboot, so heftig wurde an Bord herumgehüpft. Das Juan Atkins-Set mit meinen Freunden Emilie Nana und Crowdpleaser? Fehlanzeige. Nicky Siano und DJ Sprinkles, gehostet von Ly Sander? Ich war krank. Mit Andrés in Carouge zu Abendessen war wiederum ein Erlebnis (fein war’s, grazie Bob!). Für Dez war übrigens schon damals klar, dass “New For U” der Track des Jahres ist. Er trug an diesem Abend übrigens verschiedene Verlautbarungsoutfits: “Detroit Hustles Better.” Oder noch besser: “You Ain’t from Detroit.”.
Ein DJ, der sich mir wiederum als formidabler Könner bestätigte, war Kristian Raedle von Âme. Und ich durfte im Februar erleben, mit welch unglaublicher Poise Ata Macias auflegt. Und wie im Sommer Matthew Herbert plötzlich “Deep Inside” von Masters at Work brachte, was ich ihm da nicht zugetraut hätte, aber irgendwie doch vollkommen logisch war. Und wie Gerd Janson an der spontanen After Hours tief unten in meinem Musikkeller in meinem Expedit-Gestell wühlte und dann “I’m Losing Control” von Dan Bell spielte. Hehe. Also doch, es gab schon einige gute Momente.
Hate. Hate. Hate. [Der musikalische Tiefpunkt 2012: Schlechtestes Album, schlechteste EP, schlechtestes DJ-Set, schlechteste Clubnacht 2012]
DJ Koze an der Street Parade war eine Begegnung der Sich-verschlingernden-Art, enttäuschend, zumal er ja der einzige DJ ist, der mich tatsächlich je zu Tränen bewegt hat. Viele enttäuscht hat auch Djaimin, unser Schweizer Mann bei Strictly Rhythm, der trotz grosser Vorfreude der alten Dancefloor Syndroma-Garde nicht zu seinem Gig im Cabaret erschienen ist. Wobei Facebook-Posts à la “I’m looking really forward, my assistant has already packed so and so many crates of records together.” schon das Schlimmste erahnen liessen.
Aber Hate.Hate.Hate? Das war die unsägliche Musik, die mir in meinem Fitnesszentrum in die Fresse plärrte, dann, wenn ich meine Kopfhörer nicht dabei hatte. RnB-Eurotrance der unterirdischsten Art. Ja, das war zuweilen etwas masochistisch. Vorsatz für 2013: Ich drücke denen ein paar Mixe in die Hand.
Check. Check. Check. [Welches Album, welche EP, welchen DJ muss man 2012 unbedingt noch anhören?]
Dass der Zürcher Lexx ein Digger extraordinnaire ist, ist sonnenklar. Drum muss ich ihn ständig fragen, was er denn jetzt wieder gespielt hat. Seit ein paar Tagen steht seine “Originals” auf dem formidablen Claremont 56-Labels in den Regalen. Da sind Perlen wie “Do it Again” auf Far East Recordings drauf, der Larry Heard-Remix von Deja Vu, Percussion Sundance, The Bayara Citizens, Rexy und viele mehr. Japanische Weirdness, kosmischer Dub, und so richtig deeper House. Grossartig. Definitiv das Schweizer Around-the-House-Album des Jahres, wenn das natürlich auch etwas geschummelt ist.
Forget. Forget. Forget. [Welches Album, welche EP, welchen DJ kann man getrost vergessen?]
Ehm, natürlich ganz viele. Also Alben, EPs und DJs.
Old is gold.
Skatebårds 2005er House-Stück “Conga”.
So wird 2013?
Erstmal feiere ich am 22ten Dezember meinen Geburtstag, also direkt nach dem Weltuntergang. San Proper & Kalabrese spielen den Sound an dieser letzten Roof.fm-Party im 2012. Dann wird zum Jahresbeginn ein Podcast von Pépé Bradock erscheinen. Stevie Wonder meets Ryuchi Sakamoto meets John Coltrane, nuff said. Viel weiter sehe ich nicht. Und hoffentlich bleibt House 2013 so rough und abstrakt, aber bitteschön den Funk nicht vergessen!
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Soundcloud: roof.fm
Resident Advisor: Texte von Bjørn Schaeffner