Interview mit Till und David von Dürerstuben: “Konformität macht uns keinen Spass”

Seit 2009 verzücken David Hofmann und Till Gerloff alias Dürerstuben die Tanzflächen mit sinnlich blumigen Harmonien und balsamischen Beats. Am Samstag, 24. August 2013, spielen sie im Freiburger Club Schmitz Katze. Ich habe sie für das Freiburger Online-Magazin fudder.de gefragt, wie man sich zu ihrem Sound bewegt und wie viel Zucker Tanzmusik verträgt.

David, Till, eure Stücke sind voll schmiegsamer, süßer Harmonieklänge. Wie viel Zucker verträgt Dance Music?

Till: Ich denke, Tanzmusik verträgt eine ganze Menge Zucker. Disco ist auch Tanzmusik und voller Zucker.

David: Disco ist purer Zucker. Die Harmonien sind cheesy. Die Vocals sind meist nichtssagend und nur auf das Disco-Feeling ausgelegt. Im Falle von Disco gefallen uns bestimmte Harmonieverläufe und Momente, die Stimmung übertragen. Wir haben Spaß daran, diese mit anderen Genre in unserer Musik zu vermischen. Wir wollen allerdings ungern Disco-Musik kopieren.

Till: Unsere Stücke sollen auch stets ein Element enthalten, das beim ersten Hören nicht so recht reinpassen will. Konformität ermüdet uns.


Auf „Gscheids Planet“, das ihr gerade erst veröffentlicht habt…

David: …hört man das meiner Meinung nach gut raus. Sounds kratzen, schleifen, klackern. Das sind alles Field Recordings, also Umgebungsgeräusche, die wir aufgenommen und in den Track eingearbeitet haben. Neue Elemente wie diese mit bekannten Motiven zu mischen, machen die Produktionen für uns interessanter.


Welchen Stellenwert haben Field Recordings allgemein für eure Musik?

Till: Oft nehmen wir spontan etwas auf, speichern die Sounds ab und verarbeiten sie erst zu einem späteren Zeitpunkt. Diese Aufnahmen bilden unseren Alltag klanglich ab und machen unsere Tracks daher sehr persönlich…

David: …und damit bekommen die Stücke eine Ästhetik, die man nur sehr schwer reproduzieren kann.


Wie gestaltet ihr eure Produktionsarbeit?

David: Wir probieren verschiedene Sachen gleichzeitig aus. Wir arbeiten an Instrumentals. Wir basteln Drum Loops. Wir versuchen, Samples in die einzelnen Skizzen einzubauen. Wir geben Percussions dazu, spielen mit Effekten und Filtern. Zum Schluss kommt das Arrangement der Stücke.


Welchen musikalischen Hintergrund bringt ihr mit?

Till: Ich habe früh angefangen, mit ersten Musikprogrammen rumzuspielen. Doch Programme wie Magic Music Maker haben mich sehr schnell gelangweilt. Mit der Zeit kamen Programme wie Fruity Loops, Reason und Ableton dazu. In Sachen elektronischer Musik waren Künstler wie LTJ Bukem oder Kruder & Dorfmeister mein Startpunkt.

David: Ich bin mit klassischer Musik aufgewachsen und habe auch eine klassische Musikerziehung bekommen. Mit 12 oder 13 kamen Hip-Hop und Rock dazu, und dann, wie bei Till, die ersten Musiksoftwares.


Ihr arbeitet auch mit einer bildhaften Sprache. Die Titel eurer Stücke lauten „Sternzeichen Glühwurm“ oder „Toubtrooberhain“. Das erinnert an Loriot, an Dada…

Till: …wir arbeiten sehr assoziativ, was die Titel unserer Tracks betrifft. Wir wollen keinen Inhalt in sie stecken, der offensichtlich ist und sich leicht erschließen lässt. Wir albern mit Worten, spielen mit dem Klang der Worte, denken quer, so dass nur wenige nachvollziehen können, wie wir darauf kommen.

David: Titel wie „Dance With Me“ klingen auch eher flach und kommen bei uns nicht vor.

Till: Wir haben Spaß, assoziativ zu denken und die Bilder, die wir beim Musik machen vor Augen haben, in sprachliche Bilder zu übersetzen.

David: Ab und zu lehnen wir uns bei den Titeln auch an die englische Ausspracheästhetik an. Du hast „Toubtrooberhain“ genannt, aber auch „Sheets Of Rane“ funktioniert so. Je nachdem, wie man diese Worte betont, klingt es wie „schizophren“ oder “taub trüber Hain”. Schizophrenie drängt sich bei uns auch als Thema auf, da wir immer in verschiedenen Stimmungen sind und musikalisch so viele Elemente und Genre gut finden.

Es fällt auf, dass eure Stücke in einem entschleunigten Tempo voranschreiten. Wie bewegt man sich dazu?

Till: Das muss jeder selbst wissen. Man kann stehen, sitzen, liegen, kriechen oder ausflippen. Wie man sich eben fühlt beim Hören.

David: Das Tempo der Musik spielt keine Rolle. Wichtig ist, welche Stimmungen man transportiert, was dabei rumkommt.

Wie funktioniert das im Club? Schließlich geht ihr mit eurer Musik in die Clubs, und dort wollen viele nur Bumm Bumm.

David: Um im Club Spannung zu erzeugen und diese aufrecht erhalten zu können, ist Tempo sicherlich das einfachste Rezept. Bei langsameren Stücken ist meiner Meinung nach sehr wichtig, wie man die Lücke zwischen den Bassdrum-Schlägen ausfüllt. In diesem Zeitraum kann, gerade auch bei entschleunigtem Tempo, etwas passieren, was einen mitnimmt. Das ist bei unserem derzeitigen Liveset ganz gut umgesetzt denke ich.

Till: Unser Live-Set kann man allerdings nicht mit den Stücken vergleichen, die wir auf Platte herausbringen. So wie man uns auf Mutual Musik oder URSL hört, hört man uns nicht live. Vielleicht ist unser Set zu einem Zeitpunkt von der einen oder anderen Stimmung beeinflusst, die man auch in unseren Stücken wiederfindet. Aber live spielen wir die Tracks nicht eins zu eins nach.

David: Manchmal ist es ein Drum Loop, manchmal sind es Akkorde oder eine Melodie, mit der wir hin und her spielen. Ein Live-Set ist bei uns mehr wie ein Track, der sich über eine Stunde aufbaut. Wir machen, wonach uns der Sinn steht und was wir im Augenblick fühlen. Wir setzen Assoziationen um.

Soeben habt ihr mit „Sheets Of Rane“ eine Vinylschallplatte auf Pampa Records veröffentlicht. Das Label betreibt DJ Koze, ein Großmeister des unkonventionellen Denkens und der assoziativen Schaffenskraft. Kommt zusammen, was zusammengehört?

David: Vielleicht. Ja. Die Idee, dass die Stücke zu Pampa passen könnten, kam auch eher spontan. Über das Label URSL, auf dem wir vor 2011 eine Platte veröffentlicht haben, haben wir den Kontakt zu Rajko Müller (Anmerkung: das ist der Produzent Isolée) bekommen. Über diesen haben wir dann spontan die gerade fertiggestellten drei Stücke an Pampa Records geschickt. Es dauerte nicht lange, bis wir eine Antwort bekommen haben.

Till: …und das Feedback auf die Stücke hat uns sehr positiv überrascht. Damit haben wir nicht gerechnet. Wir hätten uns schon allein über einen Kommentar wie „Schöne Musik“ gefreut. Dass daraus gleich eine Veröffentlichung wurde hat uns sehr glücklich gemacht.

Wie verändert das Release auf Pampa euer Künstlerdasein?

Till: Wir bekommen jetzt Feedback von Menschen, die uns bisher als Produzenten überhaupt nicht wahrgenommen haben. Aber…

David: …unser musikalisches Schaffen hat sich nicht verändert. Wir sitzen noch immer in unserem Studio und das möchten wir auch weiterhin.

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Mixcloud: URSL Podcast 001 Dürerstuben

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