Happy House , 14. Juni 2008 @ Waldsee – ein Nachruf

Am vergangenen Samstag setzten die Veranstalter der Partyreihen „Garage Traxx“ und „Deep Station“ auf den vielbeschworenen Synergieeffekt: ein Club, vier DJs und eine unüberschaubare Anzahl an Vinyl. (Deep-)House-Soldiers on a mission.

Ungeduldig trete ich von einem Bein auf’s andere. Kämpfe an gegen die Kälte und erste Anzeichen eines unmittelbar bevorstehenden Wadenkrampfes. Wann werde ich endlich eingelassen? Auch das Sicherheitspersonal kämpft: der Ansturm der Massen scheint nicht enden zu wollen. Das Gerücht „Nur noch Gästeliste“ geht um. Szenen wie diese hatte ich erwartet. Doch stattdessen: einsam und friedlich liegt das Waldsee da. Und ich bin weder zu früh noch zu spät gekommen.

Klubhead“ – der Titel einer 12“-Vinyl, die im Verlauf des Abends von Kowski & Ricordo gespielt wird, beschreibt sinnbildlich die sich eingefundene Szene. Heute Abend sucht niemand Schutz in der Anonymität einer Grossveranstaltung. Heute Abend versucht niemand, seinen Marktwert beim anderen Geschlecht durch ein übermotiviertes Balzgehabe zu steigern. Heute Abend ist da, wer den Weg hinaus aus der Stadt zum Waldsee aus leidenschaftlicher Liebe zur Musik und aufrichtiger Verehrung für die DJs antritt. Clubheads.

Längst befinde ich mich auf dem Nachhauseweg, doch höre ich sie noch deutlich in meinem Ohr. Die warme, leicht rauchige Stimme der Detroiter Sängerin Carolyn Ferrari (a.k.a. Diamondancer). „…and this music is our soulmate tonight…you need a love like this…

Bereits kurz nach Mitternacht vollzieht sich, was in anderen Clubs – wenn überhaupt – nicht vor fünf Uhr morgens eintritt. Die Party entwickelt eine kaum in Worte zu fassende Eigendynamik. Mit Verve und Enthusiasmus wechseln sich die DJs Shaddy, Agent Schwiech, Kowski und Ricordo an den Turntables ab und filtern aus den Unmengen schwarzen Goldes den besten Brennstoff heraus.

Ob wummernde Bässe im oberen Drehzahlbereich, stark geloopte Hi-Hats und nervöse Synthie-Elemente – Detroit lässt grüssen; heisse Rhythmen mit hohem Sexappeal zwischen Disko, Funk und House, die sich schwer nach 90er anhören – straight outta New York? -; oder fluffig verdubbtes, wie schweizer Schokolade zartschmelzendes Material – ein Ausflug zur Züricher Drumpoet Community. Stunden, die mir das Gefühl verleihen, durch ein Fenster in eine Zeit blicken zu dürfen, die mir aufgrund meiner späten Geburt nie zu erleben vergönnt ist. Es ist die Zeit der Paradise Garage in New York, des Warehouse in Chicago, als House noch eine Untergrundbewegung war.

Wir, die Crowd, die DJs, geniessen die Musik und werden, zumindest an diesem Abend, zumindest in dieser Nacht, zu „Soulmates“. Uniting Music!

Nach oben scrollen