Es war der Sommer 2008. Meine Frustrationshaltung gegenüber House, der zwar stark im Clubkontext verwurzelt aber dennoch nicht allzu sehr abgeschliffen und glatt poliert ist, nahm wieder einmal überhand. In dieser Stimmungslage schlug ein Album mit dem Titel “City Look” auf. Erschienen war es auf dem Schweizer Label Sthlmaudio Recordings, als Urheber und Produzenten wurde ein einzelner Name erwähnt. Azuni. Es enthielt (und enthält auch heute noch) zehn Tracks. Schon der erste, “Miss Brown“, löste eine mächtige Begeisterung in mir aus, die in einer quasireligiösen Erneuerung in Sachen House und Club gipfelte. Wieviele solche Erneuerungen ich bis zu jenem Tag, und seit diesem Tag bis heute durchgemacht habe, vermag ich nicht zu benennen. Fest steht jedoch, dass “City Look” in seiner durchschlagenden Kraft über die letzten zwei, drei Jahre hinweg, nichts eingebüsst hat.
Wozu diese Einleitung? Nun, der Guest Mix des heutigen Tages stammt aus dem Hause Azuni, und zwar von Gianni Siravo, einem Teil dieses Produzenten-Duos (w/ Sven Lacoste). Er war schon davor unter dem Alias Sequel auf Label wie Straight Ahead und Sonar Kollektiv unterwegs (gemeinsam mit Roberto Ceschi). Mehr über Gianni Siravo und das Projekt Azuni hier:#
1. Hallo Gianni, Du bist DJ, Produzent, spielst gemeinsam mit Sven Lacoste unter dem Künstler-Alias Azuni. Wie kannst Du Dich künstlerisch am besten ausdrücken? Im Studio, an den Decks,…?
Definitiv im Studio beim musizieren. Im Studio kann ich all meine Emotionen und Stimmungen ausleben und in die Tracks reinfliessen lassen.
2. Lass uns zunächst auf das Projekt Azuni zu sprechen kommen. Gemeinsam mit Sven Lacoste hast Du 2008 euer Debütalbum „City Look“ auf Sthlmaudio veröffentlicht. Wie habt ihr zueinander gefunden?
Wir hatten uns bereits als Teenagers mal flüchtig kennengelernt, das war ca. 1991. Dann haben wir uns viele Jahre aus den Augen verloren bis sich unsere Wege im Jahr 2001 wieder kreuzten. Sven war auch als DJ unterwegs und wir hatten die gleichen Interessen und den ähnlichen Musikgeschmack.
Im 2008 kam Sven dann mit 2 angefangenen House-Tracks auf mich zu und fragte mich ob ich diese Tracks für ihn fertig produzieren könnte. Wir sassen dann 2-3 Monate ins Studio, hatten gerade viel Freude an Housemusik und produzierten noch mehr Tracks zusammen. So ist eigentlich dann das Projekt „Azuni“ entstanden.
3. Euer Album, eure Musik insgesamt, wird gerne in die Schublade „Deep House“ gepackt. Wie würdest Du den Sound von Azuni einem gehörlosen Menschen beschreiben?
Hhmm.. schwierig.. Es ist heutzutage schon schwierig einem normalhörendem Menschen seine eigene Musik zu beschreiben… 🙂 Spontan würde ich der Person vielleicht eine Sonne (für Wärme) ein grosses rotes Herz (für Musik von Herzen) sowie ein paar tanzende Menschen (für Tanzmusik) aufzeichnen.
4. Wer beziehunsweise was sind eure gemeinsamen Vorbilder für Azuni? Sofern es welche gibt: habt ihr zu Beginn eures Projektes versucht, ähnlich (wie die Vorbilder) zu spielen?
Unser gemeinsames Vorbild denke ich ist der Klang einer Housemusik so wie wir ihn kennen, mögen und damit aufgewachsen sind: tiefgründig, roh und ehrlich.
Auf der einen Seite haben wir gewollt und versucht, dieses Vorbild/Aesthetik von Housemusik zu spielen. Auf der anderen Seite ist dieses Vorbild auch Teil von uns und kommt beim kreativen Prozess eines Housetracks automatisch zum zuge.
5. Dem Künstleralbum folgten Veröffentlichungen auf Label wie Drumpoet Community oder Morris Audio nach. Wie wird es weitergehen? Wird es ein weiteres Album von euch geben?
Musik zu planen ist in meinen Augen schwierig, zumindest für uns, die das nicht mehr so ganz ambitioniert angehen wie auch schon. Wir sind einfache Menschen, haben Freude an Housemusik und wenn wiedermal ein paar gute Tracks entstehen, die jemand releasen möchte, dann machen wir das auch gerne. Eigentlich sind wir selber gespannt wie’s weitergehen wird. Ich persönlich würde Azuni als „Wundertüten-Projekt“ bezeichen :).
Es kann gut sein dass wir nochmals ein Album oder 1-2 Maxis machen aber es kann auch sein dass gar nichts mehr von Azuni kommt. Vielleicht kommt etwas unter einem anderen Namen raus, vielleicht auch nicht. Das einzige was ich Dir sagen kann ist das von Azuni noch eine Maxi auf Quintessentials geplant ist die im Frühjahr 2011 erscheinen sollte.
6. Nun zu Dir, Gianni. Du bist schon sehr lange als Produzent unterwegs. So erschienen Stücke, die Du zusammen mit Roberto Ceschi produziert hast, als „Sequel“ auf Sonar Kollektiv und Straight Ahead. Wie bist Du zur Musik gekommen? Was war Deine musikalische Initialzündung?
Ja richtig, Sequel zusammen mit Rob waren meine ersten Produktionen, die auch den Weg zu 12“ Releases und einem Album Release fanden. Mit dem Sequel Projekt bin ich zum erstenmal vom damals „ewigen“ House und Techno weggekommen um einmal in ganz andere Gefilde zu wechseln. Neue Musiklandschaften, Rhythmiken und Stile ausprobieren, das war ne tolle Zeit! Mit Azuni bin ich wieder zurück bei meinen Wurzeln angekommen und kann auch mit ein bisschen Nostalgik diese so geliebte Housemusik ausleben.
Meine Initialzündung war 1988 als ich in der Lokaldisco im DJ-Raum täglich einem älteren DJ zusehen durfte wie er Acid-House auflegte. Das hatte mich fasziniert, ich wollte genau dies auch tun. Bald durfte ich auch sein Vinyl benutzen und üben. Ich meine schon nur das Mischpult damals ein brandneues LEM DM82 (das war heilig), niemand konnte sich damals so ein Mischpult leisten, das gabs nur dort. 🙂 Nur schon an diesen Reglern drehen zu dürfen, das Vinyl dazu, hatten mich, als technikbegeisterten Teenager, mächtig beeindruckt. Und dann noch diese Hammer Musik, flash! Das war für mich dass grösste. Seither konnte ich nicht aufhören.. 3 Jahre später konnte ich mir auch ein Atari mit Cubase, Drummachine und Synthesizer leisten und loslegen. Bin sozusagen ein klassischer Elektronik-Musik-Junge und bin auf diesem Wege zur Musik gekommen.
7. Wer waren beziehungsweise sind Deine persönlichen wichtigsten Vorbilder?
Das Wort Vorbild gefällt mir einfach nicht. Ich bin z.B. riesen Fan von vielen Produzenten und Musikern. Die Liste wäre ewig… In allen Bereichen der Musik! Musik sind Emotionen, Musik sind Inspirationen und ich höre jegliche Musikstile. Das kann einem nur bereichern. Es gibt DJs, die spielen nur einen Stil, das wäre mir viel zu langweilig und eintönig. Ich denke Musik, die mir gefällt und die ich auch sehr gerne privat höre, inspiriert mich automatisch und verankert sich automatisch in meinem Unterbewusstsein.
Bei den eigenen Produktionen kommt dies dann wieder hervor. Ich sehe in all den Musikmenschen von derer Musik ich ein Fan bin nicht wirklich ein Vorbild. Vielmehr schätze, geniesse und respektiere ich Ihre Arbeit lass mich davon inspirieren und versuche immer meinen eigenen Touch in meine Produktionen reinzubringen.
8. Als DJ geht es nicht zuletzt auch um die Auswahl der „richtigen“ Stücke für ein Clubset. Wie unterscheidest Du für Dich eine gute von einer schlechten Platte? Wie bereitest Du Dich auf einen Clubgig vor?
Jede Platte die ich habe finde ich selber gut. Die Frage ist finden die Menschen die Platten in diesem speziellen Club wo ich auflegen werde auch gut? Schwierige Frage.. Grundsätzlich muss für mich eine gute Scheibe/Track Clubfunkionalität aufweisen, sprich das Arrangement muss einfach gehalten sein, nicht zuviele Breaks und nicht zuviel gespielte Instrumente, nicht zu kompliziert und auch nicht zu kopflastig. Das ganze muss dann von einem „fetten“ Beat & Bass gehalten werden. Eigentlich sind die einfachsten, auf den Punkt gebrachten Tracks, die trotz ihrer Einfachheit und Minimalistik eine spezielle Stimmung erzeugen für mich die „guten“ Platten.
Meine Clubsets sind meistens Improvisationen. Also ich bereite mich z.B. technisch nie auf ein DJ Set vor und verlasse mich auf meine 20-jährige Erfahrung. Die einzige Vorbereitung/Anpassung, die ich treffe, ist, dass ich vor dem Gig eine Stil-Selektion der Platten mache, die ich mitnehmen möchte (je nach Club / Event) und packe diese in den Case. Diese Auswahl teile ich mir dann in 3 Sektionen ein (soft/mittel/hard). Somit muss ich nicht zwischen verschiedenen Stilen wechseln und kann im eigenen Stil einfach die Stimmung ändern, wenn ich merke die Leute mögen das nicht so.
Alles andere kann ich gar nicht planen und lasse mich von der momentanen Situation im Club überraschen. Das Set hört sich dann auch nicht so berechnend an und es kommt öfters vor dass es ein „Auf und Ab“ Set wird, manchmal auch ohne grosse Linie, ich mag „Freestyle-Sets“ aber auch „treue-Linie-Sets“.
9. Gibt es Platten, die Du zwar regelmässig mit in den Club nimmst, aber dennoch nicht spielst? Wenn ja: welche sind das?
Ja, meine eigenen Releases. Finde sie im Club immerwieder ungenügend und spiele sie nie.
10. Pläne für Deine (persönliche) musikalische Zukunft?
Keine wirklichen Pläne, schön wäre es noch ein paar Solo-Projekt 12“ und weitere Alben zu releasen. Neben House und Dance Musik auch mal etwas völlig anderes, ruhigeres produzieren. Ansonsten plane ich meine musikalische Zukunft nicht gross. Musik mache ich sowieso. Wenn etwas daraus entsteht gut wenn nicht auch gut. 🙂
Hier nun der Mix:
Gianni Siravo (Azuni) – Keep It Deep Guest Mix by keep-it-deep
English (short) version: today’s guest mix was compiled and recorded by Zurich / Switzerland DJ and producer Gianni Siravo. You may know him under his moniker Azuni, an electronic music project he started a couple of years ago with Roberto Ceschi. Their pursuit of musical excellence resulted in an artist album on Sthlmaudio Recordings (“City Look”) and several EPs on Drumpoet Community and Morris Audio.
Mehr im Web:
Azuni @ MySpace
Azuni – DJ Page @ Resident Advisor
Interview w/ Gianni Siravo & Sven Lacoste @ Tea And Techno Blog