Gerry Read – Yeh Come Dance

Veröffentlichungen junger Produzenten werden gerne mit einem gewissen Hype begleitet. Kaum steht ihre erste EP in den Regalen der noch verbliebenen Plattenläden, kaum lassen sich die Stücke auf Online-Portalen wie Beatport, Junodownload oder Whatpeopleplay erwerben, setzt sich die Medienmaschinerie in Bewegung. Hin und wieder auch schon davor.

Moment. Habe ich tatsächlich “Hype” geschrieben? Kann man wirklich schon von einem solchen Phänomen sprechen, nur weil sich Szene- und Musik-affine Blogs und renommierte Print- und Online-Magazine mit dem Künstler auseinandersetzen, sein Schaffenswerk von allen erdenklichen Seiten beleuchten und ihm in Interviews und mit Portraits eine Plattform bieten?

Ich denke nicht. Nur weil sich ein – überschaubarer – Kreis von Menschen – auf einmal – für einen neuen Namen und möglicherweise aufgehenden Stern am Produzentenfirmament interessiert, bedeutet das noch lange nicht, dass eine Information mit einem gewissen nachrichtlichen Wert übertrieben aufgebläht wird. Zudem: Wer sich eingehend mit Musik beschäftigt, wird doch beständig getrieben von der Neugier und dem Interesse an bis dahin weitgehend unbekannten Künstlern, vielleicht auch ein wenig von der Sehnsucht und Hoffnung, dass dieser neue Name House, Techno und dergleichen revolutionieren werde, und ist dementsprechend froh, von ihm und seiner Musik zu erfahren.

Solch messianisch revolutionären Charakter muss ein Produzent meines Erachtens nicht mitbringen, und ich denke, dass dieser auch bei einem Gerry Read nicht auszumachen ist. Obschon: dieser junge Produzent hat über das Jahr 2011 hinweg bis jetzt so verdammt gute Tracks veröffentlicht, Tracks, deren Wow-Effekt sich auch nach dem x-ten Abspielen nicht abgeschwächt hat, so dass man ihm gerne schon jetzt eine gewisse Heilsbringerrolle zudenken möchte. Aber Gerry Read ist trotz vielgelobter EPs auf Fourthwave oder 2nd Drop Recordings kein pastoraler Schwafler, der seine Person und seine Musik mit ausladenden Wortgirlanden behängt. Mir scheint vielmehr, dass er sich umso stärker zurückzieht in seine Klangschmiede. Dort lodert das heisse Feuer und sprühen die Funken, wenn er sich an seinen Tracks zu schaffen macht. Diese bestehen aus kantig harten, immer ein wenig metallisch klingenden Beat Pattern. Kickdrums stampfen, Hi Hats zischen, die Rim Shots und Snares peitschen – so muss es in einem Fabrikraum zu Beginn der Industrialisierung geklungen haben. Dazu gesellen sich verrauchte, staubige Synthesizer-Elemente, Melodie- und Sprachsamples. Verstörend. Euphorisierend. Man könnte aber auch schreiben: Detroiter Roughness trifft auf schweisstreibenden Manchester Rave und sinnlich-glamouröse Sexiness von Garage und House.

English (short) version: sex appeal and ravey roughness – this is Gerry Read!

Mehr im Web:

Gerry Read @ Soundcloud
Delsin Records @ Soundcloud
Delsin Records @ Facebook
Delsin Records

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