Freebase Records Tour 2012 in Schmitz Katze – ein kleiner Nachtrag

Heiko M/S/O at Schmitz Katze

Zwei Dinge braucht eine Clubnacht: einen guten DJ und eine intakte Musikanlage. Die Freebase Records Tour 2012 hatte auf ihrem Zwischenhalt in Freiburgs neuem Club Schmitz Katze von einer Zutat reichlich im Überfluss. Die andere war dagegen unauffindbar. (Aus)Verkauft? Nein! Denn damit etwas (aus)verkauft sein kann, muss es ja zuvor irgendwann einmal vorhanden gewesen sein.

Zunächst zum Vorhandenen: gute DJs. Zu Gast waren: Carsten Schuchmann alias Meat, der Mitgründer des Frankfurter Plattenladens Freebase Records, der das sogenannte Auditorium in Schmitz Katze in einen brodelnden Tanzkessel verwandeln und damit vorbereiten sollte für Onur Özer. Dieser hat ja mit Veröffentlichungen auf unter anderem Vakant ganz schön von sich reden gemacht, war und ist aber musikalisch seit jeher nicht unbedingt meine Baustelle.

Der kleine Floor auf der Empore im Barbereich war dagegen ganz nach meinem Geschmack. Dort sollten Einzelkind und Playhouse-Stalwart Heiko Schäfer alias Heiko M/S/O auflegen. Schäfer ist ein ausgezeichneter DJ. Mehr kann man nicht schreiben. Ich hatte ich zuvor bereits im Robert Johnson sowie im Rahmen einer Famous When Dead Tour gehört, die das Label Playhouse vor einigen Jahren in regelmässiger Wiederkehr durchführte. Das alles ist aber leider schon eine Weile her. Jede Menge Vinyl hatte er am gestrigen Samstagabend dabei. Neuere Detroiter Schule, Patrice Scotts “Far Away” im Mike Edge Remix; House aus der Prescription-Ära, so zum Beispiel “The Choice” von Ron Trent und Chez Damier; das eine oder andere Stück aus den Händen eines DJ Pierre, Wild Pitch-Style; sowie Gewächse aus heimischeren Gefilden, unter anderem “Faith” unseres Freiburgers Borrowed Identity. Seine Auswahl betreffend, war dies eines der stärksten Sets, das ich in diesem Jahr gehört habe. Beeindruckend auch, wie er diese Platten eingespielt hat. Diese Leichtigkeit kann nur jemand an den Tag legen beziehungsweise an die Decks bringen, der jeden einzelnen Takt verinnerlicht hat und lebt. Irgendwann habe ich gar nicht mehr auf ihn, auf die Menschen in meiner Umgebung und das ganze Drumherum geachtet. Lost in music?

Nicht ganz. Denn nun kommen wir zum Nichtvorhandenen, der intakten Musikanlage. Das Equipment machte Heiko M/S/O ein ums andere Mal einen Strich durch die Rechnung. Kaum fingen die ersten Gäste an zu tanzen, kaum erhöhte er die Lautstärke, begannen die Plattennadeln zu springen wie Graubündner Steinböcke. Grund dafür? Die Turntables standen unmittelbar auf einer Holzfläche. Die Vibrationen, ausgelöst durch die Tanzenden und die PA, haben sich sofort auf das DJ-Pult übertragen. Doch nicht nur dies. Die Tonabnehmersysteme waren abgenutzt. Auch ein Austausch schaffte keine Abhilfe. Dann und wann schickte die Monitorbox ein tieffrequentes Brodeln und Brummen in den Raum, eine Top-Box fiel aus, und irgendwann warf Heiko M/S/O das Handtuch. Es ging einfach nicht mehr, unter diesen Umständen Vinyl aufzulegen. Verständlich.

Funktionierende Tonabnehmersysteme, Dämpfungsmaterial für Plattenspieler, haben mit Konzessionsfragen, Lautstärkenregelungen und Anwohnerschwierigkeiten jedoch nichts zu tun. Ist auch keine Frage des Geldes. Wenn zwanzig Leute an der Bar einen Gin Tonic bestellen, hat man das Geld doch für halbwegs funktionstaugliche Systeme beisammen. Dann wird einfach einmal kein Häkeldeckchen auf etsy.com bestellt, sondern in das Herzstück eines jeden Clubs investiert. Ich persönlich nehme auch gerne in Kauf, 8,- Euro für einen Drink statt 7,- Euro auszugeben, wenn ich weiss, dass dieser eine Euro in die technische Ausstattung der Location fliesst. So ganz kommunenmässig. Jedem gehört der Club dann ein bisschen.

Das jedoch nur als Ultima Ratio-Vorschlag. Denn eigentlich sollte es im Interesse des Betreibers liegen, denjenigen einen angemessenen Arbeitsplatz einzurichten, die ihm den Laden und damit auch seine Kasse Wochenende für Wochenende füllen. Den DJs. Alleine wegen eines Drinks gehen ich und viele andere nicht aus, zumindest nicht in einen Club, denn Drinks gibt es – in Freiburg – in der Hemingway Bar und an anderen Orten viel bessere. Es ist die Liebe zur Musik, dem bunten, wilden Treiben, das durch sie angefacht und beflügelt wird, weshalb ich meine eigenen vier Wände verlasse. Die fünf-, sechsstündige Reise in andere Welten, die mir Abstand zu meinem Alltag und gleichermassen Kraft für diesen verschafft. Eine nicht intakte Musikanlage ist dann in etwa so angenehm wie zu Teenagerzeiten das plötzliche Erscheinen der Eltern im Jugendzimmer, während man gerade mit der Freundin sexuell aktiv war. Müsste beides nicht sein. Könnte man beides so einfach vermeiden.

Jedenfalls kann man es Einzelkind gar nicht hoch genug anrechnen, dass er so schnell wieder eine Spannungskurve aufgebaut und Heiko M/S/O gegen später wieder mit ins Set eingestiegen ist. Allerdings an den CDJs. Da konnten wenigstens keine Nadeln mehr springen.

ENGLISH SHORT VERSION

Big, big up to Heiko M/S/O for his all-killer-selection yesterday! His powerful, rhythmic yet melodic and soulful set was one of the best I heard this year. I would have loved to have him playing all the vinyl records (!) he brought to us, but I can understand that it is totally useless playing vinyl records when the needles constantly jump, when those needles are wrecked, when a top box is never not working, when the monitor speaker makes a brooding, growling avantgarde noise, and so on, and so forth.

I feel deeply sorry that a few of our local club owners and even the technicians have no fucking clue on behalf of a sound equipment. Or, and this is maybe worse, they don’t seem to care about. The centerpiece of a club is a good sound system and equipment that has undergone and undergoes a regular maintenance work. Nobody needs fancy home décor stuff. Period! This is how you can ruin a scene! And, big up to Einzelkind making the best of a bad situation!

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