Auch das Label des belgischen DJs Red D, We Play House Recordings, kann in diesem Herbst auf fünf Veröffentlichungen zurückblicken. Daran merke ich, wie schnell die Zeit (mir zwischen den Fingern) unaufhaltsam zerrinnt. Gedanken an die Flüchtigkeit des Augenblicks versuche ich regelmässig zu verdrängen, und – seien wir mal ehrlich – was gibt es besseres und schöneres, die zeitliche Begrenztheit aufzubrechen mit einer Musik, in die man tief eintauchen, in der man sich verlieren kann?!
Solch eine Musik beinhaltet beispielsweise auch die vorliegende 12″, “The Shelter EP“, das Erstlingswerk des aus Dortmund stammenden Produzenten / DJs Dynamodyse, der noch keine 20 Jahre jung ist (sofern und soweit man den im Internet über ihn mittlerweile herumschwirrenden Angaben Glauben schenken darf). Ausserhalb der Stadtgrenzen der Westfalenstadt wird er noch keiner allzu grossen Öffentlichkeit bekannt sein, was sich jedoch innert kürzester Zeit ändern könnte. Denn die Veröffentlichung seiner “The Shelter EP” trägt wesentlich dazu bei, dass es von nun an aus und vorbei ist mit dem Schutz des Unbeobachteten.
Der Kontext, den der Titel dieser 12″ miteinbezieht, birgt jedoch die Gefahr, dass der Hörer an vorhandenes Wissen sowie bekanntes Klangmaterial anknüpft – Club Shelter, Timmy Regisford, (Un-)Restricted Access seinen lediglich beispielhaft angeführt – und sich somit einen falschen Erwartungshorizont aufbaut. Denn eine cheesy Vocal-Platte aus dem Regisford-Harris-Wozniak-Umfeld (wie ich sie hier auch schon teilweise vorgestellt habe), liegt mit Dynamodyses “The Shelter EP” keineswegs vor. Vielmehr beinhaltet der Viertracker einiges mehr an “raw pure underground old schooled sounds“, wie man sie heute vergeblich bei den oben erwähnten Produzenten sucht.
“Gare du Nord” lebt vom Groove der tief und voll klingenden Kickdrum, den fast schon choralartig gesetzten (im Pedal verschwimmenden) Synth Chords sowie einer weichen, aber dennoch kraftvollen Bassline. Die samtig gehauchten Vocals sowie die (Hammond-)orgelgleiche Akkordmelodie hauchen “Gare du Nord” gerade so viel Seele ein, um als Verbindungsmerkmal zum Club Shelter bestehen zu können und dennoch nicht mit dem Stempel “cheesy” versehen zu werden. Auf “Breathe” lässt Dynamodyse mit seiner Arbeit an den Synthesizern warme Klanggebilde von melancholischer Grundstimmung entstehen. Sie kontrastieren die harten Kickdrums und eine überaus tief gepitchte Bassline, bei der sich auch ein Kerri “Mr. Killerbassline” Chandler warm anziehen muss. Ebenfalls warm und raumgreifend ist “Paname“, der dritte Track auf der EP, der noch einmal in einem entspannten Midtempo daherkommt, bevor Dynamodyse auf “Trocadero” einen Gang zurückschaltet. Besonders hier erweist er sich als ein Klangmaler mit Tiefgang. Den einprägsamen Charakter erhält “Trocadero” allerdings nach dem Breakdown durch eine Akkordspielerei auf dem Piano, die die schwebenden Synthesizernebel förmlich durchbricht. Luv that!
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hammer scheibe!!!