Andy Vaz zähle ich zum Produzentenkreis meines Vertrauens, wenn mir nach alten House- und Producer-Traditionen ist, die der Kölner seit 2007 fast ausschliesslich auf seinem eigenen Label, Yore Records, frisch aufleben lässt. Doch halt: Wer bei dem Begriffspaar “alte House- und Producer-Traditionen” aus Angst zusammenzuckt, gewisse vorbekannte Bass-Harmonien, Drum-Pattern und nostalgieschwangere Synth-Melodien zum soundsovielten Mal, als Rezeptionsdokument sozusagen, zu hören, kann ganz beruhigt aufatmen. Tradition im Falle eines Andy Vaz bedeutet: Der Mann greift nicht auf Retortenware zurück, sondern schnitzt seine Beats und drechselt seine Bässe von Hand aus Rohmaterial, weshalb die Basslines sauerstoffreich durchblutet, die Harmonien körperwarm und der Groove lebendig ist.
Zuletzt zeigte Vaz dies auf seinem Label mit dem Album “Straight Vacationing, erschienen im Herbst des letzten Jahres. Auch jetzt wirkt es auf mich noch immer wie der Impulsvortrag eines hochkarätigen Rhetors: Die kurzen, prägnanten Tracks vermitteln dem Hörer die zauberhafte Kraft, die von der Motorcity Detroit ausgeht, und sei es nur als Projektionsfläche für die eigenen musikalischen Sehnsüchte – Sehnsüchte nach dem Wahren und Echten in der House Music. Was anderswo als abgegriffenes Klischeebild bemüht wird, ist bei Vaz das Ergebnis eines jahrelangen Suchens und aufmerksamen Hinhörens.
Zum Anfang des Frühlings legt Andy Vaz nun eine 12″-Vinylschallplatte auf Soirée Records auf. Dies ist ein Label aus Detroit, das mit einigen Unterbrüchen bereits seit 1990 besteht und hauptsächlich Plattform für den Output eines Derrick Thompson ist, den man wohl eher unter seinem Künstler-Alias Drivetrain kennt. Thompson ist es auch, der dem Kölner Produzenten Vaz mit einem Remix zur Seite steht. Seine straight-outta-Detroit Version kommt in einem beflügelten Midtempo daher, angetrieben von einem pumpenden Rhythmus und pulsierenden Bass, unterlegt von warmen Orgeltönen oder einem E-Piano sowie schwebenden, morphenden Synthie-Flächen. Dieses komplexe Groove-Gerüst trägt dazu bei, dass man den Track als “tight” bezeichnen muss. Und an den Synthesizer-Stabs im Breakdown hätten wohl auch ein Juan Atkins oder Derrick May ihre Freude. Das Original hintegen stellt sich als Soul-Ballade heraus. Andy Vaz hat dabei den Schmacht und Schmalz der Sängerin Eva Soul ganz tief eingearbeitet in einen perkussiven House-Groove, der mit seinem beschwörend-repetitiven Rhythmus bis auf den Grund der Seele vordringt. Man möchte sich ihm ganz hingeben und davonschweben. Bleibt noch das letzte Rework. Es stammt aus der Meisterschmiede des Beatdown-Übervaters Norm Talley. Alles weitere dazu wären nur Floskeln.
English (short) version: Andy Vaz, Derrick Thompson a.k.a. Drivetrain and Norm Tally all together – expect some serious deep soulful house music.
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