Den ersten Teil von Rick Wilhites (vierteiliger) Compilation habe ich bereits im April an dieser Stelle in aller epischen Länge und Breite, möglicherweise auch mit sehr viel unnützen Wortbeilagen angereichert, besprochen. Daher steige ich beim zweiten Teil direkt in medias res ein.
Hierauf versammelt der „Godson“ zum einen seinen langjährigen 3 Chairs-Mitstreiter und –Weggefährten Theo Parrish sowie den (für mich) Newcomer-Produzenten aus Chicago, Ricardo Miranda, der jüngst mit „Black Acid“ auf Hour House Is Your Rush auf sich aufmerksam gemacht hat.
Theo Parrishs „When I’m Gone“ zementiert noch einmal / ein weiteres Mal / wiederholt – bei Theo Parrish gehen mir langsam aber sicher die Worte aus, um seiner Leistung gerecht zu werden – seine Leuchtturm-gleiche Ausnahmestellung in der (House-)Produzentenwelt. Wie schon so oft zuvor liegt auch bei „When I’m Gone“ sein Hauptaugenmerk nicht auf dem Aspekt der Clubtauglichkeit, dem „floor filling“, sondern dem Erzählen einer Geschichte und damit einhergehend auf der Erzeugung und dem Aufrechterhalten einer ganz bestimmten Stimmung. In welcher Stimmungslage sich Theo Parrish bei der Arbeit an diesem Track befand – ich weiss es nicht. Fest steht, dass er damit ein novellenhaft ergreifendes Stück voll tiefer Gefühle abliefert. Der system- und genreübergreifende Vergleich zum Schaffenswerk eines Anton Teschechow, Stefan Zweig und zu weiteren Grossmeistern der Erzählkunst liegt Nahe. Mit der (ungeschriebenen) Verpflichtung zum 4/4-Takt, die in der House- /Techno-Musik nahezu Verfassungsrang geniesst, geht Theo Parrish auf „When I’m Gone“ sehr unbefangen um. So begegnen dem Hörer holpernde, leicht schleppende Beats, die mit einem tief ausgeloteter Bassraum den (Grund-)Groove bilden. Allein dieses Grundgerüst würde mich in ganz andere Daseinssphären katapultieren, sollte ich je einmal die Möglichkeit haben, diesen Track auf einer raumausfüllenden, diesen Vibe transportierenden Anlage zu hören. Crossover-Anleihen zu Jazz, Blues und Fusion lassen sich ebenfalls heraushören. Dope shit!
Ganz ehrlich: auch wenn Ricardo Miranda mit „Urbanism“ einen wahnsinns Track abliefert, dessen Sound in der Tradition einer von Glenn Underground, Boo Williams und vielen anderen Produzenten aufgebauten Chicagoer Schule steht – hinter Theo Parrishs Teil tritt er ein wenig zurück. Aber es ist ganz bestimmt keine Schande, Zweiter hinter Theo Parrish zu sein.
Zum Abschluss noch dies: Part C befindet sich ebenfalls im Anflug. Man darf sich auf ein joint venture zwischen Rick „The Godson“ Wilhite und Kyle Hall freuen. Dass letzterem derzeit produzentenmässig alles gelingt, ist ja ein offenes Geheimnis.
English (short) version: the second part of Rick “The Godson” Wilhites New & Rare – Compilation comes along with a track by Theo Parrish – the finest of the illest music and beat patterns – and another tune by Ricardo Miranda – soulful house in a Chicago tradition.
Mehr im Web:
Ricardo Miranda @ last.fm
Ricardo Miranda @ MySpace
Ricardo Miranda – Black Acid Review @ Little White Earbuds
Theo Parrish / Sound Signature @ MySpace
Rick “The Godson” Wilhite @ MySpace