Spätestens mit dem Erscheinen der Mix-Compilation “Panoramabar 02” dürfte das kleine, in Berlin, im erweiterten Hardwax-Umfeld (“Hardwax affiliated”, “Hardwax associatedt”, you know?!) zu verortende Label Restoration Records ein wenig stärker Aufmerksamkeit gefunden haben. Für ihren beeindruckenden Mix aus Elektro- / Synth-Pop, House zwischen Deep und Acid sowie Techno lizensierte Tama Sumo nämlich einen Track dieses von diesem Imprint, „Good Words“ von Domenico Cipriani alias Lucretio. Raue, sich windende, schrille Synthesizer, schroffe Drumkompositionen – man ist geneigt, den „In The Beginning, there was…“-Vers zu rezitieren, wenn man diesen Track hört.
Genau das ist die (kleine) Besonderheit an Tracks auf Restoration, die ich in sehr kurzer Zeit lieben und schätzen gelernt habe: es ist eine Musik, die einen noch stark improvisatorischen und lebendigen Charakter hat, entsteht sie doch ausschliesslich live und analog, gewissermassen in Jam-Sessions, ohne dabei auf irgendetwas Abgesampletes zurückzugreifen. Das ist es (aller Voraussicht nach) auch, weshalb mir persönlich auf Restoration Records selbst Tracks gefallen, die eine härtere und schnellere Gangart fahren und näher am Techno denn am House dran sind.
Bevor ich auf die „Nyx EP“ etwas näher eingehe, vielleicht noch dies: meine liebsten, auf Restoration Records veröffentlichten Stücke, sind diejenigen, für welche Domenico Cipriani alias Lucretio verantwortlich zeichnet. Produktionen wie „Over Me“, „Where You“ oder „My Girl“ sprechen mein Empfinden, mein Fühlen in Sachen House / Techno am eindringlichsten. Liebhabern eines intensiven, kraftvollen Sounds kann ich diese drei Stücke nur ans Herz legen.
Vor noch nicht allzu langer Zeit hat die inzwischen auch schon zehnte 12“ auf Restoration Records das Licht der Plattenläden erblickt. „Nyx EP“. Von Third Side. Dieser Titel mag für einige sicher etwas fremd und ungewohnt, vielleicht sogar komisch klingen. Er beinhaltet für mich jedoch sehr viel mehr Ausdruckskraft, als die insbesondere um die Mitte der Neunziger Jahre vorherrschenden Endlosnamen (die vermuten liessen, es werde oftmals mehr Zeit und Energie in die Suche und Findung eines Tracktitels gelegt, denn in die Musik selbst), ist doch Nyx das (alt-)griechische Wort für Nacht und zugleich auch die Göttin der Nacht. An dieser Stelle hört mein mythologisches (Grund-)Wissen jedoch auch schon auf, zulange liegt die Auseinandersetzung damit schon in der Vergangenheit. Erwähnenswert vielleicht an dieser Stelle ist, dass Nyx kaum eine kultische Bedeutung beigemessen wurde (Quelle: Nyx @ Wikipedia). Das soll(te) sich mit dieser EP ändern, denn das Dreigespann Lucretio, Marieu und Steffi hat vier Wahnsinnstracks herausgebracht.
Ihre erste EP – zuvor erschien hie und da einmal ein gemeinschaftlich produzierter Track auf einer 12“ – widmen sie ganz der Königin beziehungsweise Göttin der Nacht, die im ersten Stück auf der A-Seite, „Goddess Of The Night“, eine eigene Hymne gewidmet bekommt. Wie muss man sich ein Werk vorstellen, das in musikalische Sprache überträgt, was – beispielsweise – Novalis mit „heilig, unaussprechlich, geheimnisvoll“ (gemeint ist die Nacht) umschrieben hat? Steffi, Lucretio und Marieu lassen ruppige Drums auf Hi Hat-Effekte treffen, welche halb geöffnet beziehungsweise geschlossen sind, hart und metallisch klingen. Dieses Groove-Fundament statten sie aus mit mit dissonanten, gelegentlich klirrenden, Piano-ähnlichen Akkorden, Ein wenig bizarr, hypnotisierend und verschreckend zugleich. „Philotes“, die Tochter der Nyx und Göttin der Freundschaft und Zuneigung, erhält auf A2 ihren eigenen Track. Mit seinem metronomisch pulsierenden Rhythmus, kurzen Synthesizer-Sequenzen, Klicksounds und kratzend-schleifenden Geräuscheffekten verströmt er ein betörendes Flair. Mein absoluter Lieblingstrack auf der „Nyx EP“ ist „A Shadowey Figure“. Ihn prägt ein funkig stampfendes Offbeat-Gewand, das ausgestaltet und verziert wurde mit einer fröhlich vor sich hin klimpernden Xylophonmelodie und einem einem Vocalsample, dessen Inhalt ich – leider – nicht verstehe. Das Euphoriepotential ist hoch. Bleibt noch „Erebus“, in der griechischen Mythologie der Gott der Finsternis. Aus deren Herzen scheint das Third Side-Dreigespann die wabernde Bassline herausgeschnitten zu haben, welche den Track unterlegt. Hochtönige Synthesizer-Sequenzen, Claps und getragene Beats gesellen sich dazu. Ode an die Finsternis? Ode an die Nacht? Ja!
English short version: Third Side is the joint venture moniker of Berlin based Lucretio, Marieu and Steffi. They already teamed up to deliver single tracks on several EPs in the past, but now, it is their first full release as Third Side. They deliver a package of four massive tunes that are wickedly drenched with raw machine rhythms. Great!
Mehr im Web:
Lucretio @ MySpace
Marieu @ MySpace
Steffi @ MySpace
Restoration Records @ MySpace
Lucretio & Marieu in the mix @ Slabs Of The Tabernacle