Zum Auftakt der Podcastreihe 2012 möchte ich mich an dieser Stelle bei allen DJs bedanken, die seit dem Spätsommer 2009 sich die Zeit genommen haben und die Mühe gemacht haben, Platten auszuwählen, ein Set zusammen zu stellen, dieses wieder zu verwerfen, noch einmal neu zusammen zu stellen und von neuem zu beginnen. Jeder einzelne Guest Mix, jedes einzelne Feature, bedeutet mir auf eine ganz persönliche Weise sehr viel, denn es ist nicht selbstverständlich, sich Zeit dafür zu nehmen, auch wenn die Musik und das Auflegen mit grosser Leidenschaft betrieben werden. Deswegen noch einmal: Vielen, vielen Dank dafür!
Wie die Reihe 2012 weitergeführt wird, zeigt sich im Verlauf der nächsten Wochen. Bis dahin viel Vergnügen mit einem nahezu zwei Stunden langen Trip durch auf durch subsonisch tiefen House und punktgaren, reduzierten Techno und darüber hinaus. Zusammengestellt hat ihn David aus Münster, der unter anderem auch die Perpetuum Mobile Podcast-Reihe betreibt. Mehr über ihn erfahrt ihr nach dem Wochenende.
INTERVIEW
2012 ist gerade einmal drei Wochen jung, lass uns daher noch kurz auf das abgelaufene Jahr blicken: Was war Dein musikalischer Höhepunkt 2011?
2011 war musikalisch vor allem durch Veranstaltungen geprägt, in die ich selbst eingebunden war. Ist schwer, da eine Sache herauszugreifen. Besonders am Herzen lagen mir die drei „Wolkenkuckucksheim“ Partys, die wir hier in Münster veranstaltet haben. Außerdem ist das „Heimathafen Festival“ zu nennen, an dem „Wirso“ beteiligt war und unter anderem von Ed Davenport als Gast-DJ bespielt wurde. Des Weiteren war die Zusammenstellung des Mixes, der hier nun als Guest-Mix zu hören ist, ein außerordentliches Vergnügen.
Warum hast Du Dich gerade dafür entschieden? Was verbindest Du damit?
Es ist natürlich die persönliche Beteiligung, die Bedeutsamkeit erhöht, aber auch objektiv glaube ich, dass die Wolkenkuckucksheim Partys drei gelungene und besondere Nächte waren. Für uns lief das unter dem Begriff „audiovisuelle Nachtgestaltung“, d.h. neben der Musik sollte auch visuell etwas Interessantes passieren und die Gäste sollten sich nicht nur als „Partykonsumenten“ erleben. So hatten wir etwa bei der ersten Veranstaltung die Möglichkeit drei Künstlerinnen der Kunstakademie einzuladen, die während der Party einen Teil des Clubs nach ihren Vorstellungen umgestalteten. Für die letzte Party haben wir eine kleine Origami-Schule eingerichtet, in der Gäste die Partydekoration selbst mitgestaltet haben. Musikalisch bedeutet eine eigene Veranstaltung natürlich die größtmögliche Freiheit eine Nacht nach eigenen Vorstellungen zu gestalten.
Das Heimathafen Festival war ein Gemeinschaftsding mit vielen verschiedenen Veranstaltern aus Münster und etwas Besonderes schon dadurch, dass es das zuvor noch nicht gab in der Stadt. Liebevoll gestaltet, sehr bunt, mit Konzerten, Partys und Zirkuszelt, usw. Da steckte einfach sehr viel Energie drinnen.
Der Keep-It-Deep Mix ist für mich bedeutsam, weil er über einen langen Zeitraum entstand, mich lange begleitet und beschäftigt hat und ich sogar mit der Aufnahme zufrieden war und bin. Durch deinen Blog angeregt, habe ich mir oft Gedanken darüber gemacht, was „deep“ eigentlich bedeutet und zwar außerhalb der Kategorie „Deephouse“. Mir ist aufgefallen, dass mir oft Tracks gefallen, die ich mit dem Attribut „deep“ belege, es aber dann auch wieder schwer finde zu sagen, was die Deepness ausmacht. So habe ich angefangen, Platten zur Seite zu stellen, die für mich eben „deep“ sind. Nach Monaten hatte ich da einen Stapel stehen. Tja, was damit anstellen? So kam es, dass ich den Mix aufgenommen habe um zu testen, ob es auch im Ganzen „deep“ daherkommt. Den Mix habe ich dir dann – nomen es omen – zukommen lassen.
Welches sind derzeit Deine größten musikalischen Einflüsse?
Zeitlos begleitet mich die Musik von R. Villalobos, dessen Produktionen mich immer wieder beeindrucken, zwei weitere Lieblingsproduzenten sind Bruno Pronsato und Christian Burkhardt. Aktuell, auch wenn ich Hypes eher misstraue, bin ich recht angetan von vielen Visionquest Veröffentlichungen. Außerdem begeistert mich gerade die Musik eines Bekannten, der unter dem Namen Matthew Adams/Sieren wunderbare Musik produziert. Außerhalb elektronischer Clubmusik habe ich Ende 2011 zwei Entdeckungen gemacht, die ich noch immer viel höre. Zum einen die „Secret Rhythms“ Serie des Can-Drummers Liebezeit und zum anderen Sven Kacireks „Kenya Sessions“, beides percussionslastige Musik, eine Vorliebe, die sich auch in der Musik wiederfindet, die ich auflege.
Lass uns einen kurzen Blick in Deine Vergangenheit werfen: Wann bist Du das erste Mal bewusst mit elektronischer (Club-)Musik in Berührung gekommen?
Relativ spät, wohl so um 2005, habe zwar schon immer viel Musik gehört, aber hatte vorher keinen Bezug zu elektronischer Clubmusik. Dann habe ich aber irgendwie gemerkt, dass es einfach die „bessere“ Nachtmusik ist. Es gab damals eine Partyreihe („Freiraum“), die für mich der monatliche Höhepunkt war. Ich bin da tatsächlich wegen der Musik hin, was ja nicht selbstverständlich ist, und habe mir Leute wie Jens Zimmermann, Mathias Kaden, Onur Özer, usw. angehört. Ende 2006 hatte ich dann das erste Mal die Möglichkeit selbst aufzulegen.
Was hat Dich damals so daran fasziniert, dass Du inzwischen selbst an den Plattentellern stehst?
Besonders fasziniert hat mich wohl der hypnotische Aspekt minimaler/reduzierter Clubmusik. Das Auflegen war für mich die Möglichkeit über das reine konsumieren von Musik hinwegzukommen. Ich spiele leider kein Instrument, habe keine musikalische Schulung genossen und auch wenn ich nicht der Meinung bin, dass ein DJ mit einem Musiker vergleichbar ist, so ist das Auflegen doch eine Möglichkeit musikalisch aktiv zu sein. Das Auflegen hat seit dem immer weiter an Bedeutung für mich gewonnen und die Freude daran will nicht nachlassen.
Du lebst und arbeitest in Münster. Was kannst Du uns über die Musik-/Clubszene dieser Stadt erzählen?
Man kann tatsächlich sagen, dass es eine recht lebendige Szene gibt mit einem relativ großen Angebot für diese kleine Stadt was House und Techno angeht. Es gibt auf der einen Seite professionelle Veranstalter (Monopark, Schaltkreis), die auch mal bekanntere Künstler in die Stadt holen, aber es gibt auch einfach eine Reihe von Leuten, die sich für elektronische Clubmusik interessieren, präsent sind und teilweise auch auflegen. Zu nennen ist da z. B. Flashfonic, der mich vor Jahren auch auf deinen Blog aufmerksam gemacht hat und ein feines Gespür für gute Musik hat. Des Weiteren will ich Tobi Jost nennen, dessen Mixe ich immer wieder unheimlich gut finde.
Ich selbst habe das Glück mit einem Veranstalter zusammenarbeiten zu können, der jedes Wochenende Partys macht (Fieber/Elektrikfieber) und so habe ich die Möglichkeit regelmäßig aufzulegen und nicht nur, wenn eigene „Wirso-Veranstaltungen“ anstehen.
Worum es leider schlecht steht in Münster ist die Clublandschaft selbst, irgendwie scheint es ein ungeschriebenes Gesetz zu geben, dass die Clubbesitzer keine Ahnung von oder Interesse an Clubkultur und Musik haben dürfen oder dass es einen Nachbarn/Anwohner geben muss, der einen Clubbetrieb verhindert.
Du bist sehr aktiv auf dem Gebiet der elektronischen Clubmusik. Was kannst Du über das Projekt “Wirso” erzählen?
Wirso entstand relativ spontan zum 01.01.2010. Jens, Melissa und ich hatten die Idee, dass es doch eigentlich lustig wäre eine Nacht nach Silvester eine Party zu veranstalten. Silvesterpartys selbst sind ja meist eher hektisch, voll und selten gut, warum also nicht alles um 24h verschieben. Tja und dann war es auch eine wunderbare, entspannte und schöne Nacht. Melissa, die in Enschede Kunst studiert, hat sich um die visuellen Aspekte gekümmert, Jens und ich haben aufgelegt. In diesem Sinne haben wir dann noch ein paar weitere Veranstaltungen gemacht und dem Namen entsprechend halten wir das Konzept offen. Jens, der früher schon die oben genannte Freiraum Party veranstaltet hat, ist ein unglaublich umtriebiger Mensch und bringt wirklich die interessantesten Veranstaltungen voran. Er ist wohl der Kern von Wirso und ich bin recht froh dabei zu sein. Die Grundidee des Heimathafen-Festivals (Sommer 2011), das Sima-Winterfestival (Dezember 2011) und auch die Wolkenkuckucksheim Partys gehen zum großen Teil auf sein Konto.
„Wirso“ ist wohl am besten als eine Art Dach zu verstehen, unter dem sich unterschiedliche Aktionen versammeln. Unsere nächsten Veranstaltungen finden in Osnabrück und in Berlin statt, außerdem loten wir gerade aus, ob es bald ein Wirso-Netlabel geben wird.
Und was hat es mit der Podcast-Reihe “Perpetuum Mobile” auf sich?
Perpetuum Mobile war ursprünglich mal eine Partyreihe in einem kleinen Bar-Club in Münster. Als der Laden schließen musste und damit die Party vorbei war, habe ich mir überlegt, dass man die ganze Sache einfach in ein anderes Format überführen könnte. Begleitet von einem kleinen Interview und etwas Hintergrundinfos gibt es so seit Sommer 2010 eine monatliche Ausgabe, für die ich Freunde und Leute mit denen ich aufgelegt habe, um einen Mix bitte. Dem entsprechend bildet der Podcast bisher einen Teil der „Szene“ der Stadt und der Umgebung ab.
Du spielst regelmäßig im “Fyal” in Münster. Was erwartet die Clubgänger, wenn sie zu einer Deiner Veranstaltungen gehen?
Das Fyal selbst ist kein Club, es handelt sich um ein nettes Café in dem am Wochenende DJs auflegen. Da habe ich zwei Termine im Monat und spiele eher reduzierte und deepe(re) Musik, wie sie auch im Keep-It-Deep Mix auftaucht. Regelmäßig spiele ich außerdem bei der Fieberparty und eben bei eigenen Veranstaltungen. Im Clubkontext bewege ich mich irgendwo zwischen House und Techno. In welche Richtung es eher geht, hängt dann von den Umständen ab (Ort, Zeit, Mitspieler, Veranstaltung). Allgemein lege ich gerne mit Spannungsbogen auf, also versuche einen Aufbau hinzubekommen, der die Leute einfängt und mitnimmt und später sachte entlässt. Dabei geht es mir immer auch um eine gute Mischung von Groove, Energie, Soul, Deepness.
Gibt es einen Song / eine Platte, die Du bisher auf jeder Veranstaltung aufgelegt hast?
Hm, es gibt ein paar Stücke, die wirklich oft auftauchen, gerade zum Ende eines Sets hin: Guillaume & the Coutu Dumonts „They Only Come Out At Night”, Nicolas Jaar Remix von Ellen Alliens „Flashy Flashy“ oder Quarion „Pepper Candy“.
Lass uns noch ein wenig in die Zukunft blicken: was nimmst Du Dir in Sachen Musik für 2012 vor?
Oh, ich hoffe, dass ich endlich mal mit eigenen Sachen zu Rande komme, setze mich schon seit einiger Zeit mit Produktion auseinander, aber komme selten zu befriedigenden Ergebnisse. Das versuche ich im Laufe des Jahres zu ändern und ich hoffe, dass dann unter dem Namen „That Horologe Machinery Divine“ etwas hörbar werden wird. Gerade sitze ich an einem Remix und bin selbst gespannt, was dabei herumkommt. Außerdem hoffe ich, dass ich viele Möglichkeiten haben werde, auflegen zu können, denn das macht immer und immer wieder eine unglaubliche Freude.
PODCAST
Aid – Keep It Deep Guest Mix by keep-it-deep
English (short) version: First of all, I want to thank all the DJs that took their time to compile and record a podcast for this blog’s guest mix series so far. Each podcast means a lot to me. Second, I want to share a podcast that is slightly different as it is a bone-dry House and Techno affair. Enjoy!
Mehr im Web: