Eine beliebte Kreuzworträtselfrage verlangt, den Namen des römischen Gottes mit den zwei Gesichtern zu finden. Sie erscheint wahrscheinlich genauso oft wie die Frage nach dem chemischen Zeichen für Gold oder Silber, fordert also nicht mehr heraus.
Trotzdem sollte man dieser Frage, noch viel mehr aber dieser Gottheit, ein wenig Zeit einräumen. Ianus, so der gesuchte Name, hat zwar auf Grund des Adjektivs “janusköpfig” und seiner gewöhnlichen Verwendung in der deutschen Sprache einen negativen Beigeschmack erhalten – es bedeutet so viel wie “zwiespältig”. Doch in der römischen Mythologie steht Ianus, der Zweiköpfige, für den (Neu-)Anfang, für Aufbruch und den Beginn von etwas Neuem.
So trifft es sich ganz gut, dass die neue EP auf dem Berliner Label WHITE, produziert von Oskar Offermann, dem Labelgründer höchstpersönlich, sowie Kareem, zu Anfang des Jahres 2012 erscheint. Denn für Oskar Offermann das Label WHITE stellt diese 12″ zwar keinen Neuanfang dar, aber eine bisher eingehaltene Marschroute wird einer kleinen Änderung unterzogen: Forschte Offermann bisher an ruhigen, tiefschürfenden House-Grooves, lotet er nun die mit sattem Bass unterfütterte technoide Seite der elektronischen Tanzmusik aus. Sicher wird dies manch einen bisherigen Fan und Liebhaber des Labels verstören. Schliesslich kennt man doch WHITE und Oskar Offermann als Vertreter sommerleicht entspannter Grooves, die sich zu Beginn einer Nacht genauso wohl fühlen wie auf einem gut aufgewärmten House-Floor zur Peaktime. Doch kennt man ihn wirklich? Hat bereits seinen ganzen künstlerischen Kosmos zum Ausdruck gebracht? Ich denke nicht.
Nun zu den beiden Tracks, “Republican Enemy” und “Messiah Hometrainer“. Auf beiden Stücken beschwören Oskar Offermann und Kareem die Dunkelheit. Die beiden Produzenten errichten eine musikalische Welt, die nahezu ohne Restlicht auskommen muss. Sie wird von zwei Seiten beleuchtet. Zum einen nähern sie sich dem Phänomen der Finsternis mit einem introvertierten, vertrackten Ansatz: “Republican Enemy” auf einer durchgehend minimalistischen Rhythmusbasis auf. Sie wird bestimmt von tieffrequenten Bassschwingungen, auf die Oskar Offermann und Kareem düster-rauschende, knisternde Effekte und ein metallisches Schlagen auftragen. Dieses zieht sich durch den ganzen Track, was einerseits beunruhigend und verstörend wirken kann, andererseits aber eine hypnotische Ruhe auslösen kann. Dadurch hebt dieser Track die Grenzen zwischen Wachen und Schlafen auf, die (Selbst-)Steuerungsmöglichkeit verringert sich, und der pulsierende Rhythmus übernimmt das Gehirnkommando.
“Messiah Hometrainer” hat demgegenüber einen stark extrovertierten Charakter. Dynamische Basslines, aufpeitschende Synth-Chords, treibende Percussion – wer könnte sich dieser Wirkungskraft entziehen?!
English (short) version: Oskar Offermann & Kareem deliver mind-bending, hypnotic sounds from the dark on their collaboration on WHITE. Be prepared, you will never escape the shadowy places where the sun never shines.
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Oskar Offermann Blog
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Oskar Offermann – Radio Session w/ Arno Schäfer & Edward
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