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Anders und besser sollte der Kartenorverkauf für das Nachtdigital-Festival werden, das wie in den vergangenen Jahren zuvor auch 2012 wieder am ersten Augustwochenende auf dem Gelände des kleinen Bungalowdorfes bei Olganitz stattfinden wird.
Erstes Augustwochenende – das war auch eine der fünf gesuchten Antworten auf die Fragen des Quiz, das dem Ticketvorverkauf als kleine Hürde vorgeschaltet war. Eine meines Erachtens originelle Idee, zumal auch Festival-, in diesem Fall Nachtdigital-Unerfahrene, aber musikaffine, am Festival Interessierte, sich das notwendige Rüstwissen sehr schnell erwerben konnten. Es genügte, im Vorfeld des Verkaufsbeginns einmal die kleinen Texte auf der Veranstaltungswebsite im Überflug zu lesen. Ich denke, man kann ruhig auch ein wenig Eigeninitiative und Engagement zeigen, wenn man etwas erreichen und haben möchte, und Informationsbereitschaft hat noch nie geschadet.
Das kleine Quiz, eine Aufstockung der Serverkapazitäten sowie die Verlegung der Startzeit für den Vorverkauf von 12 Uhr mittags auf 20:15 Uhr, Prime Time nach der Tagesschau, sollten aus Sicht der Veranstalter einen kleinen Beitrag dazu leisten, dass der Vorverkauf deutlich geordneter und reibungsloser von statten gehen kann, als insbesondere im vergangenen Jahr. Damals hatten gerade auch in Lohn und Brot stehende, deren Dienstherren ein nur untergeordnetes Interesse daran haben, dass ihre Angestellten Arbeitszeit aufwenden für stundenlangen Seiten-Reload und dabei Flüche, Verwünschungen und Hasstiraden gegen alles und jeden ausstossen.
Wie auch immer. Auf Grund der Erfahrung aus dem Jahr 2010 war ich innerlich vorbereitet auf einen starken Ansturm; zwar voller Hoffnung, ein Festivalticket zu bekommen, ohne dabei zu vergessen, dass ein nur begrenztes Kontingent an Karten vorhanden ist und daher denklogisch nicht jeder Nachfragewunsch befriedigt werden kann. Auf die Sekunde pünktlich klickte ich den Link zur Vorverkaufsseite auf – wie wahrscheinlich zehntausende andere potenzielle Festivalbesucher ebenfalls. Keine drei Sekunden später erschienen die Fragen des Quiz auf dem Bildschirm, keine halbe Minute später hatte ich diese beantwortet. Die Uhr zeigte 20:17 an, als ich den nächsten Mausklick tätigte. Doch von da an schien alles verloren. Die Uhr zeigte 20:19 an, und der Server meldete Überlastung: “Safari kann die Seite … nicht öffnen, da der Server die Verbindung unerwartet beendet hat. Das tritt manchmal auf, wenn ein Server überlastet ist. Warten Sie einige Minuten erneut und versuchen Sie es dann erneut.“
Nichts ging mehr. Lediglich ein Freund von mir kam durch, bei allen anderen dasselbe Trauerspiel. Schleichend langsamer Seitenaufbau, ein sich aufhängender Server, immer wieder Nachrichten wie “Öffnen der Seite fehlgeschlagen.” oder “Der Server hat die Verbindung geschlossen. Es wurden keine Daten gesendet.” Ein weiterer Bekannter kam durch, hatte sich zwei Tickets im Einkaufskorb gesichert, doch dann brach bei ihm alles zusammen, der Server antwortete nicht, Zeitablauf, tot. Sollte es das gewesen sein? 20:29 und sämtliche Tickets bereits verkauft?
So unwahrscheinlich wäre dies noch nicht einmal. Denn das Interesse, Karten für das Nachtdigital-Festival zu erwerben, kann man nicht mehr lediglich als gesteigert bezeichnen. Wann immer von Nachtdigital die Rede ist, setzt eine Nachfrage ein, die ihresgleichen sucht. Gründe dafür lassen sich zahlreiche ausmachen, angefangen mit A für Atmosphäre, B für Booking, und endend mit O für Organisation. Dazwischen haben zahlreiche Makro- und Mikrogründe Platz, die herauszuarbeiten und aufzubereiten vielleicht sogar würdig sind, im Rahmen einer Masterarbeit behandelt zu werden.
Anyway. Nach etwas mehr als zwei Stunden F5 drücken, Webbrowser neu starten, fluchen, noch mehr fluchen, den Tag des Erstkontaktes mit elektronischer Musik verwünschen, habe ich das Projekt Nachtdigital 2012 für beendet erklärt. Ich kochte Kaffee, holte eine Tafel Schokolade, hörte das Set von Prosumer, das er dieses Jahr auf dem Nachtdigital-Festival gespielt hatte (Prosumer – Live At Nachtdigital 2011 // RBMA Main Stage), und dann packten mich für kurze Zeit die Gefühle. Ich war nicht wütend, auch nicht enttäuscht, ich wusste ja, dass die Ansprüche, die Nachfrage, grösser waren als die vorhandene Menge Festivaltickets. Ging aber in diesem Augenblick nicht anders.
Irgendwann, kurz nach Mitternacht, wollte ich mich auf der Veranstaltungswebsite davon überzeugen, dass sämtliche Tickets in weniger als vier Stunden ausverkauft waren. Doch es fehlten die Worte “Sold Out”. Was war los? Sollte dies bedeuten, dass noch Tickets vorhanden waren? Da ich schon so traurig war, dass diese Stimmung durch nichts mehr vertieft werden konnte, machte ich das Spielchen noch einmal mit – in dem sicheren Wissen, keine Karte mehr zu bekommen. Doch keine zwei Minuten war ich im Besitz von Tickets. Unfassbar gross war die Freude, nachdem ich die Bestätigungsmail bekommen hatte. Diese wurde nur noch dadurch gesteigert, dass Freunde von mir – ebenfalls zu so später Stunde – genauso erfolgreich waren.
Ich hielt inne, atmete auf, dachte über die vergangenen vier Stunden nach. Selten lagen die grossen, starken Gefühle so nahe beieinander. Ich hatte mich schon damit abgefunden, ein weiteres Mal leer auszugehen – was zwar schade, für sich genommen aber kein Weltuntergang ist, es gibt ja noch zahlreiche weitere gute Festivals, siehe beispielsweise das Ø Festival in Dänemark. Aber trotzdem. Nachtdigital. Ihr wisst schon.
Es wurde und wird in diesem Zusammenhang oft die Forderung laut, das Kartenkontingent aufzustocken. Doch wem kommt dies zu Gute? Nicht jede rein zahlenmässige Erweiterung bringt auch Verbesserungen hinsichtlich des Leistungsangebots und der Qualität mit sich. Und jede Vergrösserung, die letztendlich nur wirtschaftliche Grenzen ausweitet, bläht einen Veranstaltungsapparat nur unnötig auf, lässt ihn schlimmstenfalls seelenlos und nüchtern werden und die Ausrichter verkommen zu reinen Eventdienstleistern. Davor konnte sich meines Erachtens das Nachtdigital und die Veranstalter-Crew stets ein wenig abheben. Und auch wenn 3.000 Gäste durchaus nicht mehr vergleichbar sind mit den Zweihundert in einem intimen Wohnzimmerclub, konnte das Nachtdigital gerade diese Energie und Emotionalität unter den freien Himmel transportieren.
Nun ja. In diesem Jahr habe ich sämtliche Tiefen und Höhen im Vorfeld durchschritten, Erleichterung und Vorfreude stellen sich langsam ein.
Nachtdigital 14 5/8-7/8 2011 from cinemata on Vimeo.
(Fotoquelle: Die Unschuld In Person – Festival ND14)