Wohl wissend, dass nahezu alle Vergleiche eine Schwachstelle aufweisen, möchte ich für das erste Release auf dem kleinen, in diesem Frühjahr neu gegründeten Label Foul & Sunk folgende Parallele ziehen:
Klassischer House ist wie (Zart-)Bitterschokolade. Denn gerade hier kommt es darauf an, dass Herkunft, Auswahl und Verarbeitung des Ausgangsmaterials, der Rohstoffe, von höchster Art und Güte sind. [Schokolade minderer Qualität wird ja gerne mit Margarine oder Zucker gestreckt. Und House? Käsige Melodien, schwachbrüstige Beats, und, und, und…!]
Zudem ist der herbe Geschmack gewiss nicht breitentauglich. Schliesslich springen Hipster nur darauf an, wenn Aufmerksamkeit heischende Effekte im Vordergrund stehen, die Schokolade beispielsweise mit karamellisierten Chili-Brombeeren oder einer Mischung aus Frischkäse, Ananas und Speck gefüllt wird und das eigentliche Bouquet der Schokolade dadurch verdrängt wird. Sieht man ja auch in der House Musik in letzter Zeit sehr oft. Zwei, drei Releases, Gründung einer Laptop-Band, und schon sind x und y die Superstars zwischen Sommerfestival und Kellerclub. Und auf einmal hält auch der ganze Modelabel-Wahn Einzug in die Szene.
Der wahre Connaisseur jedoch liebt das Produkt möglichst natürlich unbelassen. Denn nur so können die Ausgangsmaterialien ihren vollen (Eigen-)Geschmack entfalten.
Es trifft sich daher gut, dass Foul & Sunk seine Homebase in der Schweiz, in Zürich hat. Denn von Schokolade – und von House Musik – haben die Schweizer seit jeher viel verstanden. Das Klischee kommt also nicht von ungefähr. Eine kleine Korrektur ist an dieser Stelle trotzdem angebracht. Die Labelgründer und -betreiber, Mark Burow und Sebastian “Shaddy” Stang, stammen ursprünglich aus meiner derzeitigen (Wahl-)Heimat Freiburg. Dort haben sie seit den frühen Neunziger Jahren aktiv die Veranstaltungs- und DJ-Szene aufgemischt und mitbestimmt, machten sich in den letzten Jahren allerdings ein wenig rarer. An der Liebe zur Musik haben beide jedoch stets festgehalten. DJ Shaddy sammelt immer noch hingebungsvoll Platten, bestreitet zudem noch die eine oder andere Clubnacht, und Mark Burow zog und zieht es vermehrt ins Studio. Denn er ist ein enthusiastischer Soundtüftler, Beatbastler und Arrangeur. Beider Begeisterung für Clubmusik und -kultur fliesst nun also in das kleine Baby Foul & Sunk, dessen erste 12″ zu Beginn dieser Woche das Licht der Welt erblickt hat.
Die Tracks auf dem ersten Release, “When I Think About“, stammen aus der Feder zweier Produzenten, die mit ihren bisherigen Veröffentlichungen für grosse Begeisterung bei DJs und auf dem Dancefloor sorgen konnten. Es sind einmal der italienische DJ und Produzent Nicholas sowie Hauke Freer aus Berlin, der zudem gemeinsam mit Matthias Reiling für die wunderbare Musik verantwortlich zeichnet, die unter dem Namen “Session Victim” in den Plattenläden zu finden ist. Beide Produzenten haben den Rhythmus des Funk, die Melodien des Soul, das Ekstatische und Lebensbejahende von Disco und den Groove von House verinnerlicht – nachzuhören auf Nicholas’ zahlreichen Veröffentlichungen auf 4Lux, On The Prowl, No More Hits oder Dikso oder bei Hauke Freers Stücken auf Real Soon, Morris Audio City Sport, Retreat (als Session Victim) und Delusions Of Grandeur (als Session Victim).
“When I Think About” groovt mit mächtigem, druckvollem Bassdrum-Sound – unablässig vorwärts stampfend – und warmen, dickwandigen Bassläufen. Sie erzeugen Dynamik und Spannung, und Nicholas gelingt es, den Spannungsbogen den ganzen Track hindurch aufrecht zu erhalten. Entsteht bei Schokolade der zarte Schmelz durch das Conchieren, entsteht die harmonische Struktur bei “When I Think About” durch die kaschmirweichen, organischen Synth Chords und Pads, die Nicholas mit Feingefühl in sein Werk einarbeitet. Vocals on top. Und gut ist.
Nicholas – When I Think About (Original Mix) by Foul & Sunk
Hauke Freer hat es – gerade auch in Anbetracht des im Hintergrund stehenden Vorbildes sehr schwer, um noch etwas obendrauf zu packen. Er hat deswegen gut daran getan, nicht in dieselbe House-Kerbe zu schlagen. Er verarbeitet das Ausgangsmaterial zu einem von Jazz- und Funk-inspirierten Stück, das mit House und downbeatiger Elektronika gleichermassen überzogen ist. Diese beiden Schichten harmonieren allerdings perfekt mit der Trägerschicht, welche aus einem subtil arrangierten Drumprogramming besteht. Thumbs up. Alleine schon dafür.
Nicholas -When I think about (Hauke Freer Remix) by Foul & Sunk
English (short) version: this week saw the rise of Foul & Sunk, a new label delivering “quality music for your dancefloor”. It was founded earlier this year by former Freiburg / Germany local DJ Shaddy and Mark Burow, a passionate audio enthusiast and collector of all electronic equipment, vintage or brand new. Their first release features two deeply house rooted tracks by Nicholas – one of which is an instrumental version -, and a stunning funk-centered remix by Session Victim member Hauke Freer.
Mehr im Web:
Nicholas @ Facebook
Nicholas @ Soundcloud
Hauke Freer @ MySpace
Hauke Freer – Mix for Souldiction Blog
Hauke Freer – Mix for House Is A Feeling
Foul & Sunk @ Facebook
Foul & Sunk @ Soundcloud
Foul & Sunk
Beats’n’Bytes – Mark Burows Blog on electronic music and gear
DJ Shaddy @ Facebook